Immobilienwirtschaft 6/2015 - page 38

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Vermarktung & Bewertung
i
Unternehmensphilosophie
gewonnen werden, wohin die Reise hin zu
einem werteorientierten Unternehmens-
profil gehen könnte.
Nehmen wir den Spitzenwert Kun-
den zugewandtes Handeln. Nicht die In-
teressen des Unternehmens wie schneller
Vertragsabschluss, großer Gewinn oder
Adressenakquisition hat Vorrang, sondern
das Wohlbefinden des Kunden. Dieser
emotionale Wert als Speerspitze der Un-
ternehmenskultur hat unmittelbare Fol-
gen auf das tägliche Geschäftsgebaren. Die
Grundhaltung, der Kunde soll sich wohl-
fühlen, egal ob er Interesse zeigt, welcher
Herkunft er ist oder wie sein Vermögen
zu bewerten ist, muss von der Unterneh-
mensleitung vorgelebt, mit konkreten
Handlungsanweisungen an die Mitarbei-
ter kommuniziert und auch durchgesetzt
werden. Alle müssen an einem Strang zie-
hen, damit dieWerteorientierung des Un-
ternehmens auch glaubwürdig ist – nach
außen wie nach innen.
Mitarbeiter, die ihre Schwierigkeiten
mit der Umsetzung haben, brauchen un-
terstützende Begleitung – auch am besten
durch einen externen Coach. Ein gutes
Marketing dieser expliziten Werteoffen-
sive eines Unternehmens bedarf auch
einer eindeutigen Außenwerbung – zum
Beispiel mit einem überzeugenden Logo,
das in allen Kommunikationstools einen
Platz hat, sowohl im Internetauftritt wie
auf dem Firmenpapier.
Mit einem durchdachten, von Über-
zeugung getragenen Werteprofil gewin-
nen gerade kleinere Maklerunternehmen
ein nachhaltiges, krisenfestes Profil. Übri-
gens, der Werteindex 2014 hat Folgendes
ergeben: Gesundheit, Freiheit, Erfolg und
Natur stehen ganz oben imaktuellenWer-
te-Ranking der Deutschen. Jetzt kommt
es darauf an, einen Wert für das Unter-
nehmen zu entwickeln, der zukunftsfähig
ist – auch über aktuelle Trends hinaus.
G
erade heute, wo dieWirtschaft (noch)
boomt, gebe ich zu bedenken, dass
die nächste Krise kommen wird –
und dann brauchen gerade kleinere, vom
Besitzer geführte Maklerunternehmen
mehr als nur Umsatzzahlen, um auf dem
Markt Profil zu zeigen. Wer sich jetzt die
Frage stellt, welcher immaterielle Wert als
Grundpfeiler der Unternehmensidentität
dienlich sein kann, hat die Zukunft schon
gewonnen.
Es gehört heute zum guten Ton eines
Unternehmens, eine werteorientierte
Philosophie zu präsentieren. Auf den In-
ternetauftritten vieler Wirtschaftsakteure
ist nachzulesen, worauf ein Unternehmen
Wert legt. Große Akteure wie Konzerne
setzen für die Entwicklung einer Unter-
nehmensethik gerne Arbeitskreise ein,
lassen Workshops durchführen und ver-
suchen in mehreren Schritten unter Be-
teiligung von Mitarbeitern wie Experten
ein werteorientiertes Profil des Unter-
nehmens zu entwickeln. Doch am Ende
dieser Prozesse kommt häufig ein sehr
allgemeines Statement ohne klare Hand-
lungsanweisung oder Schärfung des Un-
ternehmensprofils heraus. Weichgespült
auf den kleinsten gemeinsamen Nenner,
könnte man auch sagen.
Wofür stehen wir?
Plädoyer für ein Werteprofil
Der Wettbewerb ist hart,
aber die Geschäfte laufen.
Die Umsätze am Ende des
Jahres machen Laune und
entschädigen für alle Über-
stunden. Hurra, was wollen
wir mehr? Nichts?
«
Detlev Schmidt
ist Unternehmensbera-
ter, Trainer und Media-
tor sowie Vizepräsident
des Bundesverbands
ausgebildeter Trainer
und Berater
Autor
Detlev Schmidt, Odisheim
So einunscharfes Profil kann sich kein vom
Eigentümer geführtes Unternehmen auf
Dauer leisten. „Wofür stehe ich?“ – Diese
Frage sollte der Unternehmer offensiv für
sich klären. Es ist sicher keine einfache
Frage, wenn sie eindeutig beantwortet
werden und daraus ein für alle Mitarbeiter
bindender Wertekodex entstehen soll.
Ein Unternehmenswert könnte
schnelle, kundenorientierte Kommuni-
kation sein. Das bedeutet, dass das Un-
ternehmen auf alle Kundenfragen sofort
reagiert mit der Zusage, in einem zügigen
wie auch realistischen Zeitrahmen das
Anliegen des Kunden zu bearbeiten. Auch
Werte wie Teamgeist, Ehrlichkeit, Pünkt-
lichkeit oder Respekt werden ein Unter-
nehmen nach innen konzentrierenwie die
Außenwirkung positiv beeinflussen.
Befragung neuer mitarbeiter
Wie tat-
sächlich die aktuelle Außenwahrnehmung
des Betriebs aussieht, können häufig Mit-
arbeiter ambesten beurteilen, die erst kur-
ze Zeit in Lohn und Arbeit sind.
Die Befragung dieser Mitarbeiter
sollte externen Consultern oder Unter-
nehmenscoaches in die Hände gelegt
werden, damit die Vertraulichkeit der
Antworten gesichert ist. Es kann sehr gut
sein, dass die Ergebnisse dieser Frageak-
tion ernüchternd sind, weil das Ergebnis
darauf hinausläuft, dass keine Werteori-
entierung existiert, nur die Fixierung auf
den Umsatz. Sicher aber können aus einer
solchen Befragung auch gute Erkenntnisse
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