DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 10/2018 - page 20

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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10|2018
Baukultur – Altes erhalten, Neues schaffen
Die Zukunft aus dem Bestand heraus gestalten
Die Zukunft wird häufig mit neuen Gebäuden und Infrastrukturen assoziiert – und möglichst vielen
Neubauwohnungen. Tatsächlich sind in Deutschland aber bereits mehr als 90% der Stadt der Zukunft
gebaut. Wie wir also heute mit dem Bestand umgehen, wird wesentlich das zukünftige Gesicht
der Städte und Orte im Jahr 2030 bestimmen. Und viele wissen, dass auch das brisante Thema des
bezahlbaren Wohnens am besten aus dem Bestand heraus anzugehen ist.
Mit dem neuen Baukulturbericht „Erbe – Bestand
– Zukunft“, der am7. November 2018 auf demKon-
vent der Baukultur in Potsdam vorgestellt werden
wird, rückt die Bundesstiftung das Thema des ge-
bautenBestands in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Reiner Nagel
Vorstandsvorsitzender
Bundesstiftung Baukultur
Potsdam
Bestand prägt Orts- und Landschaftsbilder, Bestand
hilft neuen sog. Flächenverbrauch zu verhindern
und Bestand vermeidet Ressourcenverbrauch.
Im Europäischen Kulturerbejahr 2018 lenken
Deutschland und Europa unter der Überschrift
„Sharing Heritage“ den Blick u. a. auf ihr bauliches
Erbe als sichtbaren Ausdruck der gemeinsamen
europäischen Bau- und Kulturgeschichte. Dieses
Erbe liegt in unseren Städten, Dörfern und Kul-
turlandschaften, schafft Verbindung, regionale
Vielfalt, Wiedererkennung und Gemeinschaft.
Ortsbildprägende und denkmalgeschützte Bau-
werke halten einen wichtigen Schlüssel für Iden-
tität und das Gefühl von „Heimat“ bereit. Aber
das Erbe bringt auch spezielle Herausforderungen
bei der Instandhaltung, Nutzung und im Betrieb
mit sich. Neben den denkmalgeschützten Bauten
gehört eine Vielzahl an heterogenen Bauwerken
zu einemerweiterten Begriff des gebauten Erbes.
Dazu zählen insbesondere die Bauten in der nut-
zungsgemischten und vielfältigen europäischen
Stadt und diejenigen der Nachkriegsmoderne.
Der Bestand von heute
ist das Erbe von morgen
Das Erbe vonmorgen bildet sich aus demBestand
von heute. Diese Dimension ist in baulichen Ent-
scheidungen mitzudenken. Zur Weiterentwick-
lung unserer Dörfer, Städte und Infrastrukturen
müssen wir daher die Gesamtheit des baulichen
Bestands zum jetzigen Zeitpunkt untersuchen, um
den baukulturell relevanten, ortsbildprägenden
und erhaltenswerten Bestand zu identifizieren.
Welche Möglichkeiten bietet der Bestand in der
Weiterentwicklung unserer Städte und Dörfer,
der Infrastrukturen? Bei der Frage nach Abriss
oder Erhalt gilt es, den ökonomischen, den öko-
logischen und den immateriellen Wert der he-
terogenen Bestandsbauwerke zu erkennen und
einzuschätzen.
Während der komplexe Umgang mit dem vor-
handenen Bestand in großen Städten scheinbar
schwieriger ist als Abriss und Ersatzneubau, wird
in kleineren Städten deutlich, welche Chancen für
eine positive Entwicklung in der aktivierendenNut-
zung des Bestands liegen. Hier treffen wir häufig
auf den Donut-Effekt, die Ausdünnung der zentra-
len Nutzungen imOrtskern bis hin zu Leerständen,
bei gleichzeitigem Wachstum in Einfamilienhaus-
gebieten.
Quelle:Bundesstiftung
Baukultur,Foto:TillBudde
PROJEKTSTUFEN „PHASE NULL“ UND „PHASE ZEHN“
Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
Quelle aller Abbildungen: Bundesstiftung Baukultur, Gestaltung: Heimann und Schwantes Berlin
„Phase Zehn“
Bestand, Betrieb,
Bewirtschaftung
Leistungs-
phasen 6-9
Umsetzung
Leistungs-
phasen 1-5
Planung
„Phase Null“
Voruntersuchungen,
Vordenken, Projektdefinition,
Beteiligung, Verhandeln
Um Immobilien mit hoher Qualität und Nachhaltigkeit bauen und betreiben zu können,
ist es sinnvoll, zwei weitere Projektstufen von Beginn an mitzudenken
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