DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 10/2018 - page 15

und Telemedizin besonders wichtig. Die Digitali-
sierung birgt enorme Potenziale, die wir für un-
sere Mieter auf intelligente und bezahlbare Weise
heben müssen. Allerdings ist es auch in diesem
Bereich entscheidend, ein wachsendes Stadt-
Land-Gefälle zu vermeiden. Denn besonders die
ländlichen Regionen können von den neuen digi-
talen Angeboten profitieren, wenn für die nötige
Breitbandinfrastruktur und auch die passenden
E-Governmentangebote gesorgt ist.
Für die zumeist kleinen Unternehmen der Woh-
nungswirtschaft stellen sich aber zentrale Fra-
gen nach einem umfassenden Marktüberblick,
der Gesamtstrategie und den Möglichkeiten des
eigenen Personals. Hier bedarf es sicherlich ge-
rade der Unterstützung durch die Verbände, aber
auch Kooperationen zwischen den Unternehmen.
Die Attraktivität als Vermieter und schlicht die
Möglichkeit für die Mieter, so lange wie möglich
in den eigenen vier Wänden zu bleiben, werden
auch hierdurch bestimmt. Und neben Servicefra-
gen geht es hierbei insbesondere um die völlige
Neuformung von Wertschöpfungsketten, die am
Vermieter vorbeilaufen und für die eigenenMieter
häufig nur auf den ersten Blick vorteilhaft sind. Im
Ganzen geht es letztendlich auch umdie Frage, wo
die Arbeitsplätze von morgen sind: bei uns oder
irgendwo ganz woanders. Auch hier trägt dieWoh-
nungswirtschaft einen Teil der Verantwortung für
den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Eine aktuelle Umfrage zeigt die Handlungsnot-
wendigkeit in den Unternehmen auf. Die Digi-
talisierung muss in den Unternehmen stärker
organisiert werden (siehe Grafik S. 10).
Zu häufig fehlt eine strategische und strukturelle
Ausrichtung, aber auch das entsprechende Fach-
personal. Das sind zwei Hauptgründe, weshalb die
Digitalisierung in der Branche bisher eher langsam
voranschreitet. Für eine erfolgreiche Umsetzung
muss die Digitalisierung als Führungsaufgabe
verstanden und als Querschnittsaufgabe ins Un-
ternehmen hineingetragen werden.
Bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle
steht die Wohnungswirtschaft in den Startlö-
chern. Für die nächsten fünf Jahre plant rund die
Hälfte unserer befragten Unternehmen, alle ihre
Serviceangebote und weiteren Leistungen digi-
tal zu vernetzen. Zudem wird sich aus Sicht der
Unternehmen in den nächsten Jahren auch die
lokale Vernetzung zwischen Energieproduzenten
und -verbrauchern im Quartier verstärken, was
einen entscheidenden Schritt für die Energie-
wende bedeuten würde.
Energiewende ganzheitlich denken
Die Energiewende im Gebäudesektor kann nur
durch die größtmögliche gesellschaftliche Be-
reitschaft und technologische Offenheit erfolg-
reich sein. Alle Beteiligten müssen mit ihrer
Leistungsfähigkeit und ihrem Interesse an der
Umgestaltung des Energiesystems einbezogen
werden.
Sie ist auch die Voraussetzung für einen bezahl-
baren Klimaschutz. Organisierenwir Klimaschutz
vor allemüber Effizienz, ist er derzeit für dieMen-
schen infolge der damit verbundenen hohen Kos-
ten eher ein Schreckgespenst.
Nur bei einemundogmatischen Herangehen kann
sich daher zeigen, welches die effizientesten und
kostengünstigsten Wege zur Reduzierung von
CO
2
-Emissionen sind.
Die energetischen Anforderungen dürfen auf gar
keinen Fall noch weiter verschärft werden. Und
dass die Bundesrepublik den derzeitigen gesetz-
lichen Status als Niedrigstenergiestatus definiert
und an die EU gemeldet hat, ist ein sehr positives
Zeichen. Die Zeiten, in denen suggeriert wurde,
viel Dämmung hilft viel, scheinen erst einmal
gebannt. Für eine erfolgreiche Klimaschutzpo-
litik und die Energiewende brauchen wir andere
Instrumente. Das Energieeinsparrecht und die
Förderung müssen unter Berücksichtigung des
Endenergieverbrauchs konsequent auf das CO
2
-
Minderungsziel ausgerichtet werden. Der Blick
muss weg vom Einzelgebäude hin zu einem quar-
tiersumfassenden Ansatz.
DieWohnungswirtschaft steht bereit, die Energie-
wende in den Städten voranzubringen. Mieter-
stromprojekte sind dafür ein elementarer Bau-
stein. Wohnungsbauunternehmen drohen jedoch
noch immer gravierende Steuernachteile bei
der Vermietung von Wohnraum, wenn sie ihren
Mietern Solarstrom anbieten. Das vor einem Jahr
vomDeutschen Bundestag verabschiedeteMieter-
stromgesetz hat kaum Abhilfe geschaffen und
muss dringend nachgebessert werden.
Fest steht, die Herausforderungen für die Woh-
nungswirtschaft in den kommenden Jahren – vor
allem in Hinblick auf die Bereitstellung von be-
zahlbarem Wohnraum – sind zahlreich und ihre
Bewältigung für den gesellschaftlichen Zusam-
menhalt essenziell.
Und über die Fragen, wie das Miteinander der
Menschen, die gelebten Ideen von Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit und Men-
schenwürde in den Quartieren besser als bislang
klappt, über die Verantwortung von Staat, aber
auch unseren Unternehmen, haben wir an dieser
Stelle noch gar nicht gesprochen. Sie sind aber
mindestens sowichtigwie das Wohnen selbst. Und
sie verdienen unser aller Achtsamkeit.
Als Fachmediumder Branche wird die DWmit ihrer
umfangreichen Berichterstattung dabei einwich-
tiger Begleiter sein.
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