DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 58

MARKT UND MANAGEMENT
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6|2017
Die Gründe für die Umstellung auf ein neues
ERP-System sind vielfältig. Oftmals erfüllt die
alte Software nicht mehr die notwendigen un-
ternehmensinternen Anforderungen. Daneben
spielen der technische Fortschritt, eine bessere
Performance und Kostengesichtspunkte eine we-
sentliche Rolle im Auswahlprozess. Da das ERP-
System i. d. R. über einen sehr langen Zeitraum
(zehn Jahre und mehr) genutzt wird, sollte der
Auswahlprozess
1
gut vorbereitet sein. Eine weite-
re Entscheidung, die das Wohnungsunternehmen
im Vorfeld der Umstellung treffen muss, ist die
Frage, ob die künftige Software auf den Rechnern
des Unternehmens (Kauf von Lizenzen) oder in
einer Cloud-Lösung (Service-Vertrag) betrieben
werden soll.
In der Praxis können zwei Vertragstypen unter-
schieden werden:
a) Wohnungsunternehmen erwirbt Lizenzen mit
zeitlich unbestimmter Nutzung, verbunden
mit einemzeitlich befristetenWartungsvertrag
oder
b) das Wohnungsunternehmen erwirbt imRahmen
eines Software as a Service Vertrags (SaaS) ein
zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an der Soft-
ware.
In Abhängigkeit davon, für welches Modell es sich
entscheidet, ergeben sich unterschiedliche Fra-
gestellungen für die bilanzielle Behandlung der
Kosten für die neue Software und den Kosten der
Umstellung.
Definition und Klassifizierung
von Software
Bei der Klassifizierung von Software für bilanziel-
le Zwecke ist grundsätzlich zwischen Firmware,
Systemsoftware und Anwendungssoftware zu
unterscheiden
2
:
• Firmware sind fest mit dem Computer verbun-
dene Programmbausteine, die die Hardwaremit
der Software verbinden und Elementarfunktio-
nen des Computers steuern.
• Systemsoftware umfasst die Gesamtheit der im
Betriebssystemzusammengefassten Program-
me, die die Ressourcen des Computers verwal-
ten, Programmabläufe steuern und Befehle der
Benutzer ausführen, aber unmittelbar keiner
konkreten praktischen Anwendung dienen.
• Anwendungssoftware ist der Oberbegriff für
alle Programme, die die Datenverarbeitungs-
aufgaben des Anwenders lösen. Bei der An-
wendungssoftware lassen sich Individual- und
Standardsoftware unterscheiden. Während
Individualsoftware ausschließlich für die Be-
dürfnisse eines bestimmten Anwenders indivi-
duell entwickelt wird, ist Standardsoftware für
den Einsatz bei einer Vielzahl von Anwendern
konzipiert.
Wird die Software als System- oder Anwendungs-
software klassifiziert, ist diese aufgrund ihrer
selbstständigen Verwertbarkeit grundsätzlich
losgelöst von der Hardware als immaterielle Ver-
mögensgegenstände zu bilanzieren. Durch das
Installieren der Software verliert diese nicht ihre
Eigenschaft als selbstständiger Vermögensge-
genstand, da sie jederzeit modifiziert und ausge-
tauscht werden könnte. Dagegen ist Firmware als
unselbstständiger Teil der Hardware zusammen
mit dieser imSachanlagevermögen zu aktivieren.
Bilanzierung von Individualsoftware
Ein Herstellungsvorgang mit der Folge der Mög-
lichkeit zur Ausübung des Aktivierungswahlrechts
(vgl. Abb. 1) liegt vor, wenn Individualsoftware
vom Softwareanwender unter Einsatz seiner ei-
genen materiellen und personellen Ressourcen
selbst geschaffenwird (Eigenherstellung). Erfolgt
die Herstellung der Software im Rahmen eines
vom Softwareanwender mit einem Softwarean-
bieter geschlossenen Dienstvertrags, liegt gleich-
WP/RA/StB Claudia
Brünnler-Grötsch
Vorstand beim VdW südwest
Frankfurt am Main
WP Christian Gebhardt
Referent Betriebswirtschaft,
Rechnungslegung und Förderung,
GdW
Vorstand GdW Revision AG
Berlin
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Bilanzielle Behandlung von ERP-Software im Rahmen
der Umstellung – Aktivierung oder Aufwand?
Die Umstellung auf eine neue Rechnungslegungssoftware (ERP-System) stellt für viele Wohnungs-
unternehmen eine große Herausforderung dar, zumal mit der Entscheidung meistens auch weitreichende
Veränderungen in den Prozessabläufen verbunden sind. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der
handelsbilanziellen Behandlung der Kosten für die ERP-Systemumstellung.
Definition Cloud Computing:
Unter Cloud Computing wird allgemein eine Form der Bereitstellung
von gemeinsam nutzbaren IT-Leistungen durch nicht fest zugeordnete
IT-Ressourcen über Netze verstanden.
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