DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 48

Wenn ich auf den Anfang meiner Zeit als
GdW-Präsident vor sechs Jahren zurückbli-
cke, dann hatten wir ständig um Fördermit-
tel zu kämpfen, und schon das Verhindern
von Streichungen feierten wir als Erfolg. In
dieser Legislaturperiode war die Richtung
eine völlig andere. Unterm Strich kann man
festhalten, dass es am Geld nicht gefehlt
hat. Das lässt sich gut an der Wohnraum-
förderung festmachen, die von jährlich gut
500 Mio. € auf 1,5 bis 2 Mrd. € erhöht worden ist.
An Geld hat es also zuletzt nicht gemangelt, dafür aber an einem ange-
messenen Umgang mit gesetzlichen Vorgaben. Um das am Beispiel des
Mietrechts aufzuzeigen: Ich hätte mir gewünscht, dass die Politik den
Schwerpunkt viel stärker auf die Ursache der steigenden Mieten gelegt und
Impulse für den Wohnungsbau gegeben hätte, statt den Mangel zu ver-
walten. Mit am meisten Kraft gekostet hat die Energieeinsparverordnung
(EnEV). Wenn man die Entwicklung der EnEV in dieser Legislaturperiode
betrachtet, so stellt man fest, dass sich unterm Strich so gut wie nichts
bewegt hat. Damit verbunden war aber ein gewaltiger Aufwand. Hätte man
diese Zeit so genutzt, wie es die Verbände und fast alle Bundesländer für
richtig gehalten haben, so wären wir heute um Meilen weiter und hätten
vielleicht auch manches Problem vermieden, das wir heute im Mietrecht
ausfechten müssen.
Was kann in dieser Legislaturperiode noch geschehen? Beim Mieterstrom
gibt es Bewegung. Die Städtebauförderung ist ein anderes Thema, bei dem
es große Einigkeit gibt. Viele Elemente, die sich beim Stadtumbau Ost
bewährt haben – insbesondere der Stadtrückbau –, sollten auch im Westen
übernommen werden. In diesem Punkt müssen wir allerdings voraussicht-
lich auf die nächste Legislaturperiode warten.
Besonders wichtig ist aus meiner Sicht das Bündnis für bezahlbares Woh-
nen und Bauen, das zu wirklich guten Ergebnissen geführt hat. Diese
Ergebnisse müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden. Dabei geht
es nicht um Parteipolitik, sondern um das Kernthema, wie wir es schaffen,
bezahlbar zu bauen und auch den Bestand zu pflegen. Besonders dringend
ist es, mit den Bundesländern eine Musterbauordnung abzustimmen.
Welche drei Wünsche habe ich an die Politik? Erstens: Wir brauchen eine
Stärkung der Kompetenzen des Bauens in einem einzigen Ministerium. In
der jetzigen Konstruktion des Umwelt- und Bauministeriums haben wir
erlebt – und das möchte ich nicht Frau Dr. Hendricks persönlich ankreiden
–, dass das Ministerium förmlich zerrissen wird von den unterschiedli-
chen Aufgaben, mit denen es sich zu befassen hat. Hinzu kommt, dass die
Zuständigkeiten des Ministeriums richtiggehend zerfleddert wurden. Die
Raumordnung wurde dem Verkehrsministerium zugesprochen, während
die Energieeffizienz in der Kompetenz des Wirtschaftsministeriums liegt.
Wenn wir unsere Themen effektiv vertreten sehen wollen, dann müssen die
Zuständigkeiten in einem Ministerium zusammengeführt werden.
Mein zweiter Wunsch bezieht sich darauf, dass momentan vieles aus-
schließlich unter dem sozialen Gesichtspunkt gesehen wird. Was wir brau-
chen, ist aber der Dreiklang der Nachhaltigkeit, zu dem der ökonomische,
der ökologische und der soziale Aspekt gehören. Wenn einer dieser drei
Aspekte vernachlässigt wird – und das passiert im Moment leider laufend
–, dann kriegen wir Probleme. Drittens: Der Lackmustest, der uns noch
bevorsteht, ist die Integration der zu uns geflüchteten Menschen. Das wird
nicht einfach, und es wird eine gewaltige Aufgabe auf Bundesebene sein,
diese Integration zu erreichen.
Axel Gedaschko, Präsident, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Berlin
Wir brauchen wieder ein starkes Bauministerium
In der laufenden Legislaturperiode gibt es
Licht und Schatten. Hervorhebenmöchte ich,
dass es gelungen ist, die Kompensationsmit-
tel für die soziale Wohnungsbauförderung
von 519 Mio. € pro Jahr auf 1,5 Mrd. € zu
erhöhen. Natürlich hätten wir uns als Mie-
terbund noch viel mehr gewünscht, aber hier
hat man sich in die richtige Richtung auf den
Weg gemacht.
Bei anderen Beschlüssen dieser Legislatur-
periode habe ich Zweifel, ob sie umsetzbar sind. Ich halte es z.B. für fast
unmöglich, bei der Musterbauordnung 16 Bundesländer unter einen Hut zu
bringen. Auch bei der Baukostensenkungskommission habe ich ein wenig
Skepsis. Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei den staatlichen Vorschrif-
ten, die ja für einen nicht unerheblichen Teil der Baukosten verantwortlich
sind, Abstriche gemacht werden. Kein politisch Verantwortlicher wird es
wagen, im umweltrelevanten Bereich oder beim Brandschutz Vorschriften
zu reduzieren. Richtig ist allerdings, dass wir in der Wohnungspolitik einen
Paradigmenwechsel erleben. Als ich vor acht Jahren Bundesdirektor beim
Mieterbund wurde, fehlte das Bewusstsein völlig, dass in den Ballungsräu-
men Wohnungen gebaut werden müssen. Das hat sich zum Glück vollkom-
men geändert.
Beim Mietrecht sind wir ausgesprochen froh darüber, dass das Besteller-
prinzip beim Makler eingeführt worden ist und auch recht gut funktioniert.
Weniger zufrieden sind wir mit der Mietpreisbremse. Bei ihr gibt es zu
viele Ausnahmen, und es ist problematisch, dass der Mieter nicht ermes-
sen kann, ob die von ihm verlangte Miete zu hoch ist oder nicht. Dabei
werde ich nicht müde zu betonen: Niemand von uns hat jemals behauptet,
die Mietpreisbremse schaffe Wohnraum. Die Mietreisbremse ist ein Dämp-
fungsinstrument, das nur dann Sinn ergibt, wenn gleichzeitig eine Woh-
nungsbauoffensive gestartet wird.
Damit komme ich zur Zukunft. Wir wünschen uns in erster Linie, dass die Mit-
finanzierung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund auf keinen Fall mit
dem Auslaufen der Kompensationsmittel im Jahr 2019 abbricht und dass sie
anschließend über einen Zeitraumvonmindestens fünf Jahren kontinuierlich
auf gleicher Höhe bleibt. Das würde Investitionen in diesem Bereich einen
Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor, DMB Deutscher Mieterbund e. V., Berlin
Die Mietspiegel müssen schussfest gemacht werden
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MARKT UND MANAGEMENT
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