DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 54

Wohnung und Politik passen einfach nicht zu-
sammen. In diesem Zusammenhang: Wie stehen
Sie zu der von Axel Gedaschko erhobenen Forde-
rung, wieder ein eigenständiges Bauministerium
zu schaffen?
Franz-Bernd Große-Wilde:
Ich bin definitiv
dafür, dass es wieder ein Bundesbauministerium
gibt. Vielleicht würde man es am besten Woh-
nungsbau- und Stadtentwicklungsministerium
nennen. Dann wären sowohl der Neubau als auch
die Bestandsbewirtschaftung und die Infrastruk-
turentwicklung abgedeckt.
Lukas Siebenkotten:
Ich gebe zu, dass ich dafür
war, das Bauen aus demVerkehrsministerium he-
rauszulösen, und das Zusammengehen mit dem
Umweltressort gar nicht so schlimm fand. Meine
Hoffnung war, dass man dann die Widersprüche
gleich in einem Ministerium hätte und so eine
gute Lösung finden würde. Das hat leider nicht
so richtig funktioniert, weil die Beschlüsse nicht
von Kompromissen geprägt waren, sondern der
Umweltaspekt überwog. Auf jeden Fall ergibt es
keinen Sinn, wenn die Belange, die das Wohnen
und Bauen betreffen, auf drei verschiedene Mi-
nisterien verteilt sind, die dann auch noch unter-
schiedliche Parteifarben haben.
Maren Kern:
Wenn es denn wieder ein solches
Bundesbauministerium gäbe, würde ich mir von
ihm wünschen, dass es besser mit der Gleichzei-
tigkeit vonWachstumund Schrumpfung umgehen
würde.
Herr Viehweger und Herr Ernst haben zu recht da-
rauf hingewiesen, dass die Diskussion sich immer
um die Wachstumsräume dreht. Dass wir auch
schrumpfende Regionen haben, wird völlig ver-
nachlässigt. Wichtig ist es zudem, eine verlässliche
Infrastruktur aufzubauen. Es reicht nicht, Woh-
nungen zu errichten; es braucht auch eine gute
Verkehrsanbindung und eine ausgebaute soziale
und Bildungsinfrastruktur, also Kitas und Schulen.
Lutz Freitag:
Herr Siebenkotten, wird die Diskus-
sion um die neue Wohnungsgemeinnützigkeit im
Bundestagswahlkampf eine große Rolle spielen?
Lukas Siebenkotten:
Ich kann momentan nicht
beurteilen, wie intensiv sich die Parteien dieses
Themas annehmenwerden. Ich persönlich verste-
he ohnehin die zum Teil sehr heftige Abwehrhal-
tung gegen die neue Wohnungsgemeinnützigkeit
nicht. Keine politisch relevante Kraft will die neue
Gemeinnützigkeit verpflichtend einführen. Wenn
man sich überlegt, obman Elemente der früheren
Wohnungsgemeinnützigkeit wieder aufgreift, so
ist das nicht mehr als eine Möglichkeit, von der
die Unternehmen Gebrauchmachen können, aber
keineswegs müssen. Aus Sicht des DeutschenMie-
terbundes ist das ein richtiger Ansatz. Deshalb
betrachte ich dieses Thema viel entspannter, als
das der GdW tut, und sage: Lasst uns doch einmal
gucken, ob man nicht positive Elemente dessen,
was es früher gegeben hat, aufgreifen und dar-
aus eine neue Gemeinwohlorientierung schaffen
kann. Und das wohlgemerkt ohne Zwang. Wäre es
nicht klüger, wenn die Wohnungswirtschaft und
insbesondere der GdW sich an die Spitze der Bewe-
gung setzen und sich mit der Frage beschäftigen
würden, wie sich das vernünftig gestalten lässt,
anstatt immer nur die Abwehrtafel hochzuhalten?
Lutz Freitag:
Der Deutsche Mieterbund scheint
das Thema also nicht anheizen zu wollen?
Lukas Siebenkotten:
Wir werden es nicht zu
einem Hauptwahlkampfthema machen, aber wir
bestimmen nicht denWahlkampf. Für sehr sinnvoll
würden wir es allerdings halten, wenn die Frage,
wie sich genügend bezahlbarer Wohnraum schaf-
fen und erhalten lässt, im Wahlkampf eine sehr
prominente Rolle spielen würde.
Maren Kern:
Lieber Herr Siebenkotten, ich wür-
de die neue Wohnungsgemeinnützigkeit ja gerne
entspannt betrachten. Aber in Berlin sind wir nun
mal so etwas wie das Experimentierfeld der Poli-
tik. Und Sie wissen doch, wer die beiden Studien
über dieWohnungsgemeinnützigkeit verfasst hat.
Die Studie imAuftrag der Partei Die Linke stammt
von Dr. Andrej Holm, jetzt Berater der Fraktion
Die Linke im Abgeordnetenhaus. Und die Studie
für Bündnis 90/Die Grünen ist von Jan Kuhnert,
Andreas Breitner
Lars Ernst
Maren Kern
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MARKT UND MANAGEMENT
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