großen Schub geben. Eine Grundgesetzänderung, die die Zuständigkeit für
den sozialen Wohnungsbau wieder dem Bund zuweist, halte ich hingegen
für unrealistisch. Deshalb sollten wir besser darüber nachdenken, welche
anderen Möglichkeiten es gibt, um einen gewissen Einfluss des Bundes zu
erhalten.
Was wir uns ebenfalls wünschen, ist eine weitere Verbesserung des Miet-
rechts. Die Mietpreisbremse sollte dringend repariert werden. Außerdem
brauchen wir endlich eine Regelung im Bereich der energetischen Moderni-
sierung, die die Kosten für die Mieterinnen und Mieter nicht ins Unendliche
steigen lässt und sich nicht ausschließlich an den Investitionskosten orien-
tiert.
Außerdem erhoffe ich mir, dass wir die Mietspiegel stärken. Es liegt weder
im Interesse der Wohnungswirtschaft noch im Interesse des Mieterbundes,
wenn irgendwelche Statistikprofessoren die Mietspiegel zerschießen. Des-
wegen sollten wir uns zusammensetzen und überlegen, wie wir die Mietspie-
gel stärken und schussfest machen können.
Ich möchte von den Erfahrungen in Berlin berichten, wo wir bereits 2016
gewählt haben. Das Ergebnis ist R2G. Die Abkürzung, das dürfte sich mitt-
lerweile herumgesprochen haben, steht für die Regierung aus SPD, Die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Dabei sind die Zuständigkeiten, die
früher in einer einzigen Senatsverwaltung gebündelt waren, nunmehr auf
nicht weniger als vier Senatsverwaltungen verteilt. Zunächst haben wir
die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Das Wort Bauen
kommt im Titel dieser Verwaltung nicht mehr vor, was insofern folgerich-
tig ist, als der Wohnungsbau laut Koalitionsvertrag nicht im Vordergrund
steht. Zweitens haben wir das Umweltressort, das jetzt zur Senatsverwal-
tung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gehört. Für die Energiethemen
ist die Wirtschaftssenatorin zuständig und der Denkmalschutz ist beim
Kultursenator angesiedelt.
Die neue Regierung hat sich im Koalitionsvertrag sehr viel vorgenommen.
Nicht weniger als etwa 20 Entwicklungskonzepte sollen erarbeitet werden.
Erfreulicherweise wird dabei anerkannt, dass Berlin eine wachsende Stadt
ist. Zu erkennen ist aber auch, dass drei für uns relevante Themenkreise
in sich teilweise widersprüchlich sind. So heißt es im Koalitionsvertrag, es
solle schneller gebaut werden, aber es solle auch mehr Bürgerbeteiligung
geben. Ich bin sehr gespannt, wie das strukturiert werden soll. Zweitens
soll mehr gebaut werden, aber mit weniger
Bauland. Auch hier muss man mir erst noch
erklären, wie das funktionieren soll. Konkret
geht es darum, dass der Senat die Planung
für die Elisabeth-Aue – das größte Neubau-
gebiet der Stadt, in dem nach den Vorstel-
lungen des alten Senats 5.000 Wohnungen
entstehen sollten – zurückgestellt hat. Es
heißt dazu im Koalitionsvertrag, dass durch
intelligente Nachverdichtung zusätzlicher
Wohnraum geschaffen werden soll. Wie das konkret geschehen soll, ist
offen. Und drittens will unsere neue Regierung zwar günstiger bauen, aber
gleichzeitig höhere Auflagen vorschreiben – also noch ein Widerspruch.
Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Partizipation durch den Koali-
tionsvertrag. Partizipation ist unbestritten wichtig, löst aber nicht alle
Konflikte, wenn man daran denkt, dass bei Volksabstimmungen 49% dafür
und 51% dagegen sein können. Außerdem weckt sie oft auch die zu hohe
Erwartung, dass dabei über das Ob und nicht nur über das Wie von Projek-
ten entschieden werden kann. Und es ist bei solchen Beteiligungsprozes-
sen auch nicht sichergestellt, dass dabei die Interessen der gesamten
Maren Kern, Vorstand, BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V., Berlin
Partizipation löst nicht alle Konflikte