DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 44

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6|2017
MARKT UND MANAGEMENT
Software und IT
Der unterschätzte Faktor Wartung
Bei IT-Entscheidungen in der Immobilienwirtschaft gilt der erste
Blick der Software: Wie leistungsfähig ist sie, und was kann sie? Die
Wartung rückt meist erst in den Fokus, wenn sie Zeit beansprucht und
Kosten verursacht. Experten empfehlen, umgekehrt zu gewichten: Das
Verhältnis von Nutzen und Aufwand der Softwarewartung ist heute ein
entscheidender Faktor der langfristigen Amortisierung.
„Viele Unternehmen nehmen Wartung erst lange nach der Entscheidung
für eine Software als störenden Faktor wahr“, sagt Brigitte Schöne,
Direktorin Zentralvertrieb bei Aareon. Sie arbeitet seit mehr als 25
Jahren in der Wohnungswirtschaft, 15 davon für IT-Anbieter. „Je
intensiver ich mich damit beschäftige, desto mehr erkenne ich, dass die
Branche das Thema oftmals unterschätzt.“
Wenn der Wartungsaufwand überhaupt in die Investitionsabwägungen
für eine neue Software einfließt, dann meist als vermeintlich ver-
steckter Kostenfaktor. Das greift zu kurz, meinen viele Experten. Bei
moderner Software prägt erst eine solide Wartung die Produktleistung
– und hilft damit, die Gesamtkosten zu senken. Je leistungsfähiger die
Wartung, desto länger der Lebenszyklus einer Software.
Wer die Implementierung einer Software abwägt, sollte sich deshalb
nicht nur die Hotline anschauen. Entscheidender sind Fragen wie:
Welche Leistungen umfasst die Wartung? Sind ihre Zyklen transparent
und absehbar? Wie ist das Wartungsteam des Anbieters aufgestellt?
Was leistet Wartung?
Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), ein welt-
weit führender Fachverband für IT und Elektronik, definiert Wartung
als „die Veränderung eines Softwareprodukts nach dessen Auslieferung,
um Fehler zu beheben, Performanz oder andere Attribute zu verbessern
oder Anpassungen an die veränderte Umgebung vorzunehmen“.
Dass Wartung Fehler behebt, leuchtet ein. Doch die IEEE-Definition
zeigt: Die Aufgaben sind sehr viel weiter gespannt. Wartung sichert den
Funktionserhalt und ergänzt oft anfangs gar nicht vorgesehene Funkti-
onen. Damit stellt sie dauerhaft die Anwendbarkeit der Software sicher.
Zudem dient Wartung dazu, IT-Lösungen an Änderungen von außen
anzupassen. Das können neue Vorschriften und Gesetze sein, aber auch
Änderungen an Hardware oder Betriebssystemen. Vor allem sollte War-
tung die Software perfektionieren und ihre Performance verbessern.
Fachleute ordnen diese Aufgaben in drei Kategorien: adaptive, perfek-
tionierende und korrigierende oder Notfallwartung. Letztere macht
heute nur noch 18% des Wartungsaufwands aus, hat Ian F. Sommerville
vor einiger Zeit eruiert. Der britische IT-Professor fand heraus, dass
17% des Aufwands in die Anpassung an die Umwelt (adaptive War-
tung), aber 65% in die perfektionierende Wartung fließen. Zwei Drittel
des Wartungsaufwands dient damit dem Ziel, Funktionen zu stabilisie-
ren und zu erweitern.
Software als dynamisches Produkt
Genau dieser Zukunftsaspekt bleibt oft außer Acht. Die verbreitete
Meinung lautet, Wartung sei zweitrangig. Dahinter steht ein überalter-
tes, statisches Verständnis von Software. Anbieter können längst nicht
mehr nach dem Motto „Einmal schreiben, dann munter vertreiben“ ver-
fahren. Wartung und Weiterentwicklung beanspruchen mehr als zwei
Drittel der Budgets, die Anbieter heute in eine Software investieren.
IT-Lösungen sind dynamische Produkte, die gepflegt sein wollen. Ein
Grund dafür ist der rasante technologische und gesellschaftliche Wan-
del. Zudem werden die Lösungen immer ausgefeilter und individueller.
Vor allem aber hat ihr Funktionieren eine ganz andere Tragweite als
früher: IT ist heute ein erfolgskritischer Faktor.
„Software muss rechts- und prüfsicher sein und bleiben“, sagt Brigitte
Schöne. „Darauf muss ich mich als Unternehmen verlassen können.
Umgekehrt muss ich dann aber dem Anbieter über den Wartungsauftrag
die Chance geben, genau das sicherzustellen.“ Wichtig ist, den Leis-
tungsumfang der Wartung im Vertrag mit dem Anbieter klar festzuhal-
ten: Wann und wie wird die Software fortgeschrieben? Welche Updates
sind geplant? Wird zeitgleich die Nutzerdokumentation angepasst? Und
wie ist die Gewährleistungspflicht für die Mängelbeseitigung geregelt?
Ebenso in den Vertrag gehören Vereinbarungen zur Mitwirkungspflicht
des Nutzers. Er muss etwa den Zugriff für die Fernwartung erlauben
oder Key-User als Ansprechpartner benennen.
Dass die notwendigen Dauerleistungen so unterschätzt sind, liegt aber
nicht allein an den Nutzern. Auch die Anbieter sind nicht ganz unschul-
dig: Wartungsleistungen werden oft als variable Pakete angeboten, die
Unterschiede der Service Levels aber vor allem an Support und Erreich-
barkeit festgemacht – obwohl der eigentliche Aufwand woanders liegt.
Kosten und Nutzen
Was eine Wartung konkret abdeckt, bündeln die einzelnen Anbieter
recht unterschiedlich. Im Preis aber ähneln sich ihre Angebote: 15 bis
25% des Lizenzpreises machen Wartungskosten heute aus. Bei den bil-
ligeren Angeboten sind die Wartungszyklen länger und meist gesetzes-
getrieben: Getan wird nur, was getan werden muss. Etablierte Häuser
packen dagegen mehr Qualität und Leistung in die Wartung, um Kunden
langfristig zu unterstützen. Dazu zählen z. B. regelmäßige kostenfreie
Updates, die vor Auslieferung eine intensive Testphase durchlaufen
haben und nicht selten zertifiziert sind.
Unternehmen sollten sich deshalb nicht unbedingt durch vermeintlich
hohe Wartungskosten abschrecken lassen. Was auf den ersten Blick
günstig scheint, kann langfristig teuer werden. Denn das Verhältnis
zwischen Lizenz- und Wartungskosten ist längst auch Ausdruck der
Innovationsphilosophie einer Software.
ZWISCHENRUF
Ina Alexa Tauchnitz
Marketing und Kommunikation
Aareon AG
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