DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 34

ENERGIE UND TECHNIK
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6|2017
Forschungswohnungen in Braunschweig
Die Partytaste für Vollgas
Die Nibelungen-Wohnbau-GmbH Braunschweig will wissen, wie Mietern intelligent Komfort
und Sicherheit ermöglicht werden können. In den Forschungswohnungen sind Studenten Laboranten
und Versuchskaninchen zugleich.
Smart-Home-Systeme gelten häufig als kompli-
ziert, wartungsintensiv und weisen kurze Innova-
tionszyklen auf. Das macht sie teuer und dadurch
nicht immer beliebt. Gesucht wird ein einfach zu
bedienendes, pflegeleichtes System, dass sich
amortisieren kann und das möglichst alle Lebensbe-
reiche abdeckt: vomEnergiesparen über E-Health-
Anwendungen und Sicherheit bis zur bauphysikali-
schen Überwachung der Immobilie. Wissenschaftler
und Studenten der Technischen Universität Braun-
schweig probieren so etwas schon in Wohnungen
der städtischen Nibelungen-Wohnbau-GmbH in
Braunschweig aus.
Ein Netz aus Sensoren,
Chips und Platinen
Das Gehirn des Hauses ist hinter Schaltern und
Steckdosen versteckt, verbraucht nicht mehr als
45 Watt und soll mindestens 30 Jahre halten. Es
lässt seine Intelligenz immer dann aufblitzen, wenn
es ungemütlich wird. Dann entscheidet es, ob das
Fenster geschlossen, dieHeizungstemperatur hoch-
gefahren oder nur der Rollladen gelüpft wird, um
mehr Sonnenwärme einzufangen. Die Bewohner des
Hauses hätten es nicht effizienter machen können.
Siemerken kaumetwas davon, denn ihrWohlbefin-
den gerät zu keiner Zeit aus der Balance.
Bei dem Gehirn handelt es sich um Sensoren und
600mit Chips bestückte Platinen, jede - zwei Finger
breit und nicht einmal einen hoch - mit der Kapazität
des legendären Commodore 64. Die kleinen Compu-
ter sind über rund 500mTelefonkabel miteinander
verbunden und bilden ein Netz, das es in sich hat. Es
erstreckt sich vomKeller bis zumDach eines Mehr-
Jürgen Sperber
Pressesprecher
Konzern Stadt Braunschweig
Quelle: Uwe Jungherr
Kaum mehr als zwei Finger breit sind die Platinen,
die zuverlässige Steuerungen ermöglichen.
Dr. Harald Schrom und seine Mitarbeiter haben
davon rund 600 in Steckdosen, Lichtschaltern,
Lampen und Sensoren versteckt. In Serie gefertigt
wären sie erschwinglich
Wenn die Partytaste gedrückt wird, weichen
Computer und Steuerungen von der Alltagsroutine
ab: Licht und Heizung bleiben auch nach dem
üblichen Gute-Nacht-Termin an. Das System könnte
aber auch melden, wenn die Musik zu laut ist
familienhauses mit sechs Wohnungen im Braun-
schweiger Stadtteil Querum, das die städtische
Wohnungsbaugesellschaft Nibelungen-Wohnbau-
GmbH der Technischen Universität Braunschweig
zu Forschungszwecken überlassen hat.
„Hier geht es nicht wie bei konventionellen Smart-
Home-Lösungen darum, die Heizung über Handy
und Internet zu steuern. In unseren Forschungs-
wohnungenwerden Rahmenbedingungen gesetzt
und die Computer entscheiden ganz allein, mit
welchen Instrumenten sie erfüllt werden. Verbin-
dungen nach außen sind dabei kaumnötig“, erklärt
Projektleiter Dr. Harald Schrom vom Institut für
Datentechnik und Kommunikationsnetze.
Wird die Partytaste gedrückt, laufen
alle Systeme Volllast
Wird per Knopfdruck der Modus „Arbeit“ gewählt,
senken die Computer beim Verlassen der Woh-
nung die Temperatur ab, empfehlen das Fenster
An den Verbauchsprofilen lässt sich über die
Wasseruhren erkennen, ob jemand Kaffee kocht,
duscht oder der Waschmaschinenschlauch vom
Hahn gerutscht ist – dann wird das Wasser
automatisch abgestellt
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