DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT6/2017 - page 33

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te dies aber in aller Regel der Fall sein (siehe auch
Kasten zur Förderung).
Energetisch sinnvoll und Stand der Technik ist die
Dreifachverglasung. Doch viele der alten Rahmen
können diese nicht aufnehmen, so Jürgen Benitz-
Wildenburg vom Institut für Fenstertechnik (IFT),
da sie mindestens 36 mm Gesamtglasdicke auf-
nehmen müssten und die Dreifachgläser deut-
lich schwerer sind. Unter Umständen kann man
für Dreifachgläser Platz durch neue Glasleisten
schaffen, die dann weiter in den Innenraum hi-
neinragen.
„Es ist generell ratsam, sich das Rahmenmaterial
anzuschauen“, so der Fensterexperte Benitz-Wil-
denburg. „20 Jahre und ältere Aluminiumrahmen
haben meistens keine thermische Trennung und
sind durch die häufige Tauwasserbildung auf dem
Fensterrahmen erkennbar. Deswegen ist hier ein
Komplettaustausch des Fensters anstatt demGlas-
austausch sinnvoller.“
Hohes Einsparpotenzial
Das Einsparpotenzial sowohl von Glas- als auch
Komplettfenstertausch ist enorm. Je m2 ge-
wechseltem Isolierglas mit einer Senkung des
Ug-Wertes von 2,7 auf 1,1 W/m
2
K lässt sich rund
1 l Heizöläquivalent jährlich einsparen. Bei einem
Wohngebäude mit rund 300 m
2
Fensterfläche wä-
ren das 3.000 l Heizöläquivalent, die aktuell rund
1.800 € kosten. Je nach Kosten für die Fenster-
gläser könnten sich diese bereits nach zehn Jahren
amortisiert haben. Müsste man das ganze Fenster
tauschen, streckt sich die Amortisation um etwa
weitere vier bis fünf Jahre.
„Ein Glas- oder Fenstertausch ist meistens loh-
nender als die Wanddämmung“, gibt Benitz-Wil-
denburg zu bedenken. Durch die verschärfte EnEV
2016 wurden die Anforderungen an Fenster zwar
nicht direkt geändert, aber die Gesamtenergieauf-
wendungen müssen um 25% geringer ausfallen.
Moderne Wärmeschutz- oder Passivhausfenster
bzw. -verglasungen haben gegenüber einer Wand-
dämmung den Vorteil, dass nicht nur gedämmt
wird, sondern gleichzeitig auch erhebliche Ener-
giegewinne durch die Sonneneinstrahlung er-
reichbar sind.
Der wichtige Kennwert ist hier der Gesamtenergie-
durchlassgrad (g-Wert) als einMaß für die Durch-
lässigkeit von transparenten Bauteilen für Energie,
der bei guten Isoliergläsern zwischen 60 und 65%
liegen sollte. Außerdemwird die sog. thermische
Behaglichkeit deutlich verbessert und der unan-
genehme kalte „Luftzug“ in der Nähe alter Vergla-
sungenmit schlechtemUg-Wert entfällt. Dadurch
kann die Lufttemperatur in den Wohnräumen um
2-3 °C erhöht und damit der Energieverbrauch um
etwa 6% pro °C Lufttemperatur gesenkt werden.
Neue Fenster bei Einbruchssicherung
Dennoch sieht Benitz-Wildenburg im alleinigen
Glastausch kein Allheilmittel gegen steigende
Sanierungskosten: „Neue Fenster bekommt man
für einen unwesentlich höheren Preis.“
Und neben demGlas seien dann auch die Beschlä-
ge neu und leichter bedienen ließen sie sich auch.
Ein weiterer Aspekt spricht seiner Meinung nach
ebenso für einen kompletten Fenstertausch: die
Einbruchsicherung. Würde die mit implementiert,
sei ein alleiniger Fensterglastausch nicht mehr
sinnvoll. Im Zweifelsfall empfiehlt er aber, sich
Angebote machen zu lassen, umdie Kosten besser
abschätzen zu können. Seinen Kenntnissen nach
bleibt der reine Glastausch eine Nischenanwen-
dung.
Zur Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten oder U-Werts (nicht zu verwechseln
mit dem Ug-Wert, der nur das Glas betrifft) werden Fensterrahmen, Fensterkonstruktion und
Verglasung – hier Ein- oder Zweischeibenverglasung, Dichtungsart – Baujahr, ermittelt.
• U-Wert alte Fenster: 2,0 bis 3,0 W/m
2
K
• U-Wert neue zweifach verglaste Fenster: rund 1,1 W/m
2
K
• U-Wert neue dreifach verglaste Fenster: 0,4 bis 0,7 W/m
2
K
Energieeinsparpotenziale
• Reduktion Kunststoffrahmen: von 1,6W/m
2
K auf bis zu 0,9W/m
2
K
• Reduktion Glasscheibe: von 3,0 W/m
2
K auf bis zu 0,4W/m
2
K
U-WERT ENTSCHEIDEND
Die KfW Privatkundenbank fördert Vermieter bei der energetischen Sanierung im Programm
Energieeffizient Sanieren (151/152). Speziell für einzelne Sanierungsmaßnahmen wie Fens-
ter- oder Glastausch werden zinsgünstige Kredite (aktuell 0,75% effektiver Jahreszins) bis zu
50.000 € vergeben. Förderfähig ist ebenfalls die Baubegleitung durch einen unabhängigen
Energieberater mit bis zu 2.000 €. Außerdem gibt es direkte Zuschüsse für die Verbesserung
der Einbruchhemmung.
FENSTERTAUSCH-FÖRDERUNG DURCH DIE KFW-BANK
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Das Institut für Fenstertechnik
(IFT) hat einen einfachen Test
mittels Feuerzeugflamme ent-
wickelt, mit dem der Ug-Wert
einer vorhandenen Verglasung
abgeschätzt werden kann. Das
kann nötig sein, wenn etwa kei-
ne Lieferunterlagen, Produktna-
men oder eine Stempelung auf
dem Abstandhalter im Scheiben-
zwischenraum vorhanden sind.
Beim Flammentest kann man
die Beschichtungsart durch die Reflexion auf der Innenscheibe erkennen. Verfärbt sich diese
blau, hat man es mit einer IR- oder Sonnenschutzbeschichtung zu tun, die einen sehr niedrigen
U-Wert aufweisen. Sind die Farben der reflektierten Flammen gleich, sind die Gläser nicht
beschichtet. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist jedoch nicht möglich.
Vorsicht ist dennoch geboten, da bei einigen, etwa pyrolytischen Beschichtungen keine Verfär-
bung der Flamme auftritt.
FEUERZEUG-TEST: WIE GUT ISOLIERT SIND DIE FENSTER
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