DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2017 - page 52

MARKT UND MANAGEMENT
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2|2017
Finanzierung
Immobilienwirtschaftliche Deckungsbeitragsrechnung
versus Finanzierungsüberlegungen
In der Nutzungsphase von Wohnimmobilien werden Instrumente benötigt, die langfristig
orientiert sind und auf eine Kostendeckung abzielen. Gerade der Abgleich mit Finanzierungsüberlegungen
zeigt, dass es ein Nebeneinander von Deckungsbeitragsrechnung, GuV, Bilanz und Cashflow-
Betrachtungen geben kann und muss.
Cashflow-basierte Verfahren sind infolge signi-
fikant hoher, volatiler Ein-/Auszahlungen i. d. R.
nicht geeignet, eine sinnvolle Unterstützung bei
der retrograden Mietkalkulation zu leisten. Ob
eine Deckung auch der Eigenkapitalverzinsung
erfolgt, kann anhand von absoluten Cashflows
während der Nutzung nicht sicher prognostiziert
werden. Im Rahmen einer aktuellen Promotion
wurde eine immobilienwirtschaftliche Deckungs-
beitragsrechnung (Immo-DBR, siehe Abbildung 1)
nach Haupt- und Detailpositionen hergeleitet und
zur Deckungsbeitragsflussrechnung ausgebaut.
1
Lücke-Theorem und Kosten- und
Leistungsrechnung (KLR)
Das Lücke-Theorem
2
stellt die Verbindung zwi-
schen einer kapitalwertbasierten und einer kos-
tenrechnerischen Sichtweise her. Einzelne Aus-
gaben werden nicht zu den Zahlungszeitpunkten
erfasst, sondern auf Perioden verteilt. Dadurch
resultieren Unterschiede. Der Barwert der künf-
tigen Periodengewinne vor Zinsen würde höher
sein als der Barwert der Cashflows. Dieser Effekt
kann behoben werden, wenn für die als Vermö-
gensgegenstand aktivierte Investitionsauszahlung
außer Abschreibungen auch zusätzlich Zinsen auf
die „Kapitalbindung“ abgezogen werden. Ein Pe-
riodengewinn, der um solche Zinsen vermindert
wurde, wird als „Residualgewinn“ bezeichnet. Der
Barwert der Residualgewinne entspricht demKa-
THEMA DES MONATS
Dr. Henri Lüdeke
Geschäftsführer
BBT Treuhandstelle des Verbandes
Berliner und Brandenburgischer
Wohnungsunternehmen GmbH
Bewertungssystem zur
retrograden Mietenermittlung
Aktuelle Mieten werden vom Markt bestimmt und sind das
Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Um beurteilen zu
können, ob die Kostensituation des Wohnungsunterneh-
mens mit den marktüblichen Entgelten und Absatzquoten
auskömmlich ist, muss eine retrograde Mietkalkulation für
die Zukunft erfolgen. Cashflow-basierte Rechenschemata
sind infolge volatiler Auszahlungsverläufe und der Berück-
sichtigung von aperiodischen, signifikant hohen investi-
ven Zahlungen für dafür nicht geeignet. Deshalb werden
die in der Industrie etablierten Systeme der Deckungs-
beitragsrechnung für die Wohnungswirtschaft adaptiert. Im Ergebnis wird eine
immobilienwirtschaftliche Deckungsbeitragsrechnung nach Haupt- und Detailposi-
tionen hergeleitet und deren Verwendung für die retrograde Zielmietenermittlung
dargelegt. Zuletzt erfolgt die Herleitung einer Deckungsbeitragsflussrechnung.
LITERATURTIPP
Immobilienwirtschaftliche Deckungsbeitrags- und Deckungsbeitragsfluss-
rechnung. Eine Konzeption für die unternehmerische Wohnungswirtschaft
Dr. Henri Lüdecke, verlag.tu-berlin.de, 2017, 376 Seiten, 19,50 €,
ISBN 978-3-7983-2881-5
pitalwert des Investitionsprojektes.
3
Damit wird
eine Beurteilung nach demResidualgewinn immun
gegen bilanzpolitische Maßnahmen der Manager.
KLR und immobilienwirtschaftliche
Deckungsbeitragsrechnung
Ziel der Immo-DBR ist die Beantwortung der Fra-
ge, wie hoch die kostendeckenden Mieten sein
müssen. Mieten entstehen im Wechselspiel von
Angebot und Nachfrage. Wichtig ist, die eigene
Kostensituation zu kennen und sofort Aussagen
zu deren Deckung zu erzielen. Die in der Indus-
trie seit Jahrzehnten angewandten Kosten- und
Leistungsrechnungs-Methoden wurden auf die
Besonderheiten des Gutes Wohnimmobilie adap-
tiert. Im Ergebnis entstand ein Vorschlag einer
Immo-DBR sowie der Gliederung von Sparten/
Subsparten.
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