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2|2017
einer Zahl, ab wann sich eine Gründung lohnt.
Hierzumüssenmehrere Voraussetzungen geschaf-
fen sein. Als Erstes muss der Bedarf identifiziert
werden. Wir haben eine umfassende Marktstudie
mit Potenzial- und Wettbewerbsanalysen und
betriebswirtschaftlichen Berechnungen erstellt.
Demnach erwarten wir ab dem dritten Jahr posi-
tive Jahresergebnisse. Außerdem braucht es eine
professionelle Organisation, die die neuen Ge-
schäftsprozesse optimal abbildet. An dieser Stelle
ist es mir auch noch einmal wichtig, klarzustellen,
dass für diese Art der Leistungen fachlich quali-
fizierte Mitarbeiter notwendig sind. Der Erfolg
hängt wesentlich von diesem Faktor ab.
Glauben Sie daran, dass der demografische
Trend sich wieder ändern wird?
Jebsen:
Die von uns genutzten Prognoseinstru-
mente und Studien gehen nicht davon aus. Und
darauf stellen wir uns auch ein. Allerdings, wer
weiß schon, was die Zukunft in 20 oder 30 Jahren
bringen wird? Einige Studien, die in der Vergan-
genheit präsentiert wurden, erwiesen sich als nur
bedingt richtig. Eventuell wird die zunehmende
Digitalisierung der Arbeitswelt das Wohnen auf
dem Land auch wieder attraktiver machen.
Gansewig:
Aus verschiedenen Gründen ist auch
aus meiner Sicht eine Trendwende höchst un-
wahrscheinlich: Erstens liegen gerade in ländli-
chen Gebieten heutzutage die durchschnittlichen
Kinderzahlen je Frau unter dem Niveau, das für
eine stabile Bevölkerung nötig wäre. Zweitens
müssten in der Peripheriemehr neue Arbeitsplät-
ze entstehen als in den urbanen Räumen. Dies ist
aber in modernen Wissensgesellschaften kaum
vorstellbar. Und drittens zieht es Zuwanderer aus
anderen Ländern dorthin, wo es Arbeitsplätze gibt
undwo bereits Netzwerke vonMigrantengruppen
existieren.
Sehen Sie neben dem Thema „Lebenslanges
Wohnen“ noch andere erfolgsversprechende
Konzepte?
Gansewig:
Die meisten Senioren sind laut Um-
fragen mit ihrer materiellen Situation, ihrer
Wohnsituation und ihremLeben zufrieden. In den
kommenden Jahrenwird sich die Gruppe der über
65-Jährigen weiter aufspalten: In „junge Senio-
ren“, „rüstig Gebliebene“ und „Hochbetagte“ –mit
ganz unterschiedlichen Lebensstilen und -um-
ständen. Die Alterung der Gesellschaft wird nicht
nur zu einem raschwachsenden Bedarf an sozialen
Einrichtungen und Diensten für ältere und hoch-
betagteMenschen führen, sondern auch zu einem
wachsenden Bedarf an Begegnungs-, Freizeit-,
Kultur-, Service- und Beratungseinrichtungen.
Jebsen:
Immer mehr Wohnungsunternehmen
treten als Energieerzeuger auf. Das kann im Ein-
zelfall auch Mehrwerte für die Mieter liefern. In
jedem Fall aber werden Wohnungsunternehmen
individuell definieren müssen, wie groß ihre kri-
tische Masse ist, und gegebenenfalls fusionieren
oder schrumpfen. Im speziellen Fall gilt es, bei
strukturell leerstehenden Objekten auch Abriss-
strategien aus eigener Kraft zu forcieren. Das sind
aus unserer Sicht notwendige Anpassungsprozes-
se, die Unternehmen soweit wie möglich selbst
gestalten sollten.
Wie schätzen Sie die Entwicklung in anderen
Regionen Deutschlands ein? Kann der Wes-
ten vielleicht auch von ländlichen Regionen
im Osten lernen?
Jebsen:
Selbstverständlich ist das Thema Demo-
grafie nicht auf den Osten beschränkt sondern
betrifft auch Regionen imWesten, Norden, selbst
im Süden. Hier kann ein Vergleich mit dem Osten
einiges über den Umgangmit demWandel lehren.
Dazu gehört beispielsweise, wie sich ein geziel-
ter Rückbau so umsetzen lässt, dass die Region
schließlich profitiert.
Gansewig:
Wenn akzeptiert würde, dass nicht
alle Regionen Deutschlands unter den gleichen
Standards leben können, würde das nicht weniger,
sondern mehr Vielfalt bedeuten. Wenn sich auf
diesemWeg des geordneten Rückzugs auch noch
das eine oder andere Ziel der deutschen Nachhal-
tigkeitsstrategie besser erfüllen ließe, wäre noch
mehr gewonnen. Deshalb gilt es, Mittel undWege
zu finden, wie sich die Regionen an den Bevöl-
kerungsschwund anpassen können, ohne dabei
auch noch ökonomische und ökologische Kosten
zu verursachen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Martin Liebig.
Mitarbeiter:
174 Mitarbeiter
Standorte:
7
Wohn- und Gewerbeeinheiten:
9.158
Genossenschaftsmitglieder:
9.359
Leerstandsquote:
2,63%
Durchschnittsmiete:
4,45 €/m
2
Eigenkapitalquote:
40,4% (2014)
Cashflow:
7,8 Mio. € (2014)
Verschuldungsgrad:
237 €/m
2
(2014)
Stand: 2015
NEUWOBA
Quelle: DKB