DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2017 - page 43

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wenigen Stunden. Das zeigt auch den großen Be-
darf bei Anlegern an Investitionsmöglichkeiten in
Immobilien. Haupt-engpass ist es daher vor allem,
passende Projekte für die Plattformen zu akqui-
rieren. Simon Brunke, Gründer und Vorstand bei
Exporo, schätzt das jährliche Marktvolumen von
Mezzanine-Kapital für Projektentwicklungen auf
4 bis 8 Mrd. €. Hier könnte Crowdinvesting ein
großes Stück vomKuchen übernehmen. Derzeit fi-
nanziert die Crowd imSchnitt 9,8%des gesamten
Investitionsvolumens der mitfinanzierten Immo-
bilienprojekte. Üblich seien laut Ifunded-Studie
Anteile zwischen 9 und 15%.
Lösung für die Suche nach Alternativen?
Gerade nach dem Zusammenbruch des Marktes
für geschlossene Beteiligungsmodelle und den
Schwierigkeiten bei offenen Immobilienfonds
scheinen Kleinanleger auf der Suche nach Alter-
nativen zu sein. Sie sind dabei durchaus bereit,
höhere Risiken in Kauf zu nehmen. Gleichzeitig
wird durch Crowdinvesting das Immobilien-
beteiligungssegment einer breiteren Bevölke-
rungsschicht zugänglich gemacht. Diese Klein-
anleger können bereits bei einigen Anbietern mit
Kleinstbeträgen investieren. Laut einer Studie von
Ifunded liegt deutschlandweit der Mittelwert der
getätigten Investments über die Onlineplattfor-
men im Immobiliensegment bei 387 €. Die meis-
ten renommierten Anbieter starten bei 500 €
Mindestbeteiligung.
Ein weiterer Pluspunkt für Crowdinvestments für
den Anleger sind die niedrigen Vertriebskosten.
Während bei geschlossenen Beteiligungen gern
einmal zweitstellige Vertriebskosten auf den An-
leger zukamen, können diese durch den vollstän-
dig digitalisierten Investmentprozess eingespart
werden.
Doch nicht nur für Anleger kann Crowdinvesting
eine Möglichkeit zur Diversifizierung des Invest-
mentportfolios bieten. „Crowdinvesting wird aus
unserer Sicht in Zukunft ein ernstzunehmender
Baustein im Rahmen der Strukturierung einer
Immobilienfinanzierung sein“, so Martin Koll,
Geschäftsführer des Kölner Projektentwicklers
WvM. Der größte inhabergeführte Projektent-
wickler der Rheinstadt, der bisher mehr als
3.000 Wohnungen in der Stadt erstellt hat, hat
im letzten Jahr erstmals die Möglichkeit ge-
nutzt, einen Teil des Mezzanine-Kapitals über die
Crowdinvesting-PlattformExporo zu erhalten. Mit
750.000 € konnten sich Anleger amProjekt „Zül-
picher Straße“ im Stadtteil Köln-Sülz beteiligen.
„Crowdinvesting ist eine interessante Finanzie-
rungsmöglichkeit für den Mezzanine-Bereich“,
bestätigt auch Prof. Dr. Günter Vornholz, Profes-
sor für Immobilienökonomie an der EBZ Business
School in Bochum. Projektentwickler können so
das freigesetzte Eigenkapital, das nicht mehr
zur Bankenfinanzierung hinterlegt werden muss,
nutzen, um in weitere Projekte zu investieren. So
könne das eigene organischeWachstumvorange-
trieben werden, ohne dass das Eigenkapital lange
in Projekten gebunden ist.
Hinzu kommt, dass Crowdinvesting die Finanzie-
rungsstruktur des Projektentwicklers diversifi-
ziert.
Wohnimmobilien im Fokus
Finanziert werden dabei überwiegend Neubauten.
Aber auch Refinanzierungen, Refurbishments,
Pflegezentren oder Logistikobjekte werden mitt-
lerweilemitfinanziert. So könnenAnleger aktuell in
die Refinanzierung des Gewerbekomplexes „Office
& Tech Karlsruhe“ investieren. Anleger beteiligen
sich hier an einer Gesamtfinanzierung von knapp
52 Mio. €. Initiator Exporo geht mit 2,5 Mio. €
Crowdinvestingsumme an die maximal mögliche
Grenze und verspricht 5,5 % p. a. Zinsen. Neue
Wege geht der Hamburger Anbieter Exporo mit ei-
nem Projekt, das gemeinsam mit dem städtischen
Schweriner Wohnungsunternehmen WGS initiiert
wurde. Beim Projekt „Neubrandenburger Straße“
können Anwohner an der Revitalisierung eines
Crowdinvesting
Das Thema Crowdinvesting gilt momentan als
Megatrend. Mit wenigen Klicks und Eingaben
kann sich jedermann unkompliziert und auf
Wunsch schon mit geringen Geldbeträgen an
jungen innovativen Unternehmen beteiligen.
Über Internetportale werden dabei Gelder für
attraktive Gründungsvorhaben (Start-ups) und
manchmal auch für bereits etablierte Unterneh-
men eingesammelt. Die Geldgeber erhalten im
Gegenzug einen Erfolgsanteil an dem von ihnen
ausgewählten Unternehmen. Was für Möglichkeiten gibt es? Wo lauern
Risiken? Mit welchen Tricks macht man sich das Leben leichter? Das Buch
zu diesem Thema erscheint in dritter, deutlich erweiterter und überarbei-
teter Auflage.
LITERATURTIPP
Crowdinvesting, Prof. Dr. Ralf Beck, 256 Seiten, gebunden,
Börsenbuchverlag 2014, ISBN: 9783864702051
5-geschossigen Plattenbausmit 50Wohneinheiten
teilhaben. So können sich die Bewohner der Stadt
an der Modernisierung ihrer eigenen Stadt beteili-
gen und gleichzeitig eine feste Verzinsung von 4 %
p. a. erwirtschaften. EinBeispiel, das für viele klam-
me Gemeindekassen Schule machen könnte.
Die Plattform Zinsbaustein, die letztes Jahr vom
Erlanger Projektentwickler Sontowski & Partner
gegründet wurde, bietet demnächst die Möglich-
keit an, sich an gleich zwei Pflegezentren in Mün-
chen oder Herzogenaurach zu beteiligen. Beide
Projekte sollen 5,25%p. a. Zinsen erwirtschaften
und haben eine Laufzeit von lediglich zwei Jahren.
Fazit
Schwarmfinanzierung ist aus den Kinderschuhen
erwachsen. Auch wenn das Finanzierungsvolu-
men von Crowdinvesting gemessen am Gesamt-
markt kaum messbar ist, wird die Nische durch
zahlreiche Anbieter, die professionell arbeiten,
gut besetzt und bietet gerade für Kleinanleger
eine sinnvolle Diversifizierungsalternative. Die
Risiken liegen hauptsächlich bei den klassischen
Projektentwicklungsrisiken bis hin zumTotalaus-
fall, die die Anbieter durch strenge Prüfprozesse
versuchen zu minimieren.
Im Fokus bei den angebotenen Projekten stehen vor allem
Wohnimmobilienprojekte. Bisher wurden rund 42 Mio. €
für diese Assetklasse über die Plattformen bereitgestellt.
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