DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2016 - page 61

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doch bestehen auch hier erhebliche Umbaube-
darfe. Durch die intelligente Verknüpfung von
Rückbau und Ersatzneubau, Bestandssanierung
und Infrastukturaufwertung wirken zahlreiche
Programmbeispiele wie Neupositionierungen von
Wohnquartieren.
StadtumbauWest startete 2004 als Programmder
Bund-Länder-Städtebauförderung, bis heute konn-
ten fast 500 Kommunen imProgrammaufgenom-
menwerden. Wohnquartiere undWohnsiedlungen
stellten von Beginn an einenwichtigenHandlungs-
raum des Programms dar. So gaben 2009 in einer
Befragung über ein Viertel der Programmkommu-
nen an, dassWohnen die dominierende Nutzung in
ihrem Stadtumbaugebiet ist. Wie beim Stadtum-
bauOst variieren auch die Stadtumbaubedarfe der
Wohnsiedlungen inWestdeutschland erheblich. Sie
sind u. a. abhängig von der Wohnungsmarktlage
oder der Bewirtschaftungsstrategie des Eigentü-
mers. Ein wichtiges städtebauliches Unterschei-
dungsmerkmal ist das Baualter. Jede Zeit hat ihr
spezifisches städtebauliches Leitbild, das sich in
der Anlage einer Wohnsiedlung und der Konzep-
tion der Wohngebäude niederschlägt. Erneue-
rungsstrategien setzen daher an den Potenzialen
und Mängeln dieser Leitbilder an. Unter den im
Stadtumbau West geförderten Beispielen finden
sich Siedlungen der 1930er und 1950er Jahre, der
1960er/70er Jahre und der Gründerzeit. Wie sieht
StadtumbauWest inWohnsiedlungen konkret aus?
Wer keine Wasserlage hat, schafft sich eine:
Essen-Altendorf
Die Entwicklung des Stadtteils Essen-Altendorf in
den letzten 100 Jahren steht imengen Zusammen-
hang zur Firma Krupp: Der Stadtteil wuchs durch
die Krupp-Arbeiter bis zum2. Weltkrieg stark und
wurde im Krieg aufgrund seiner Nachbarschaft zu
Krupp teilweise zerstört. Die Rückkehr der Thys-
senKrupp-Unternehmenszentrale 2010 sorgte für
neue Impulse. Basis für den Stadtumbau des durch
soziale Benachteiligung undModernisierungsstau
geprägten Stadtteils stellt ein Struktur- und Rah-
menplan dar, der Aufwertungsmaßnahmen im
ganzen Stadtraummit einemsog. Leuchtturmpro-
jekt kombiniert. Der 2011 bis 2014 umgesetzte
„Leuchtturm“ ist ein beispielhaftes Kooperations-
projekt der Stadt Essenmit der kommunalen Allbau
AG. Der Rückbau einer stillgelegten Bahntrasse
schaffte Raum für die Anlage des Niederfeldsees,
der in eine knapp 3,4 ha große, durch Stadtumbau
West geförderte Grünanlage eingebettet ist. Eine
an den neuen See angrenzende Wohnanlage der
Allbau AG aus den 1930er Jahren mit 180 Woh-
nungen wurde abgerissen und durch Neubauten
mit 62 barrierefreienWohneinheiten ersetzt. Dabei
kamen Wohnungsbauförderung und KfW-Kredite
zumEinsatz. Von der Attraktivitätssteigerung pro-
fitiert heute nicht nur das angrenzendeWohnquar-
tier, sondern der ganze Stadtteil.
Schlicht schön: die 1950er-Jahre-Siedlung
Fruerlund in Flensburg
Fruerlund-Süd ist eine in den 1950er Jahren erbau-
te genossenschaftliche Wohnsiedlung mit mehr-
heitlich dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern.
Typisch für ihr Baualter: schlichterWohnstandard,
kleine Wohnungen, einfache Freiraumgestaltung.
Die Selbsthilfe-Bauverein eG (SBV) startete auf
der Basis eines 2008 veröffentlichtenMasterplans
einen umfänglichen Stadtumbau. 27Gebäudemit
301 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten wurden
modernisiert, 18Gebäudemit 201Wohn- und drei
Gewerbeeinheiten wurden abgerissen und durch
20 neue Gebäudemit 198Wohneinheiten ersetzt.
Durch Drehung einiger Neubauten um90° konnte
z. T. Platz für Innenhöfemit neuen Parkplätzen ge-
schaffen werden. Platz für die Anlage eines neuen
und inzwischen preisgekrönten Grünzugs mitten
durch die Siedlung (siehe DW 12/2015, S. 14 und
DW6/2013, S. 22) entstand durch den Abriss und
nach hinten versetzten Neubau von Wohnungen.
Fazit: Aus ehemals schlicht wurde schlicht schön!
Das Vorhaben konnte dank der Bündelung von
Quelle: Allbau; Hubertus Kemper Carsten Burggraf, aeropics.de
Das sog. Uferviertel stellt am
neu geschaffenen Niederfeldsee
zeitgemäße und barrierefreie
Neubauwohnungen bereit. Der
Altbestand in Essen-Altendorf
wurde teils abgerissen und
teilweise modernisiert
Quelle: Allbau; Foto: Jörg Eicker
Die Neubauten geben dem Stadtteil Essen-Altendorf ein ganz neues Gesicht. Aufwertung par excellence
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