MARKT UND MANAGEMENT
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7|2016
die Zeit nehmen, darüber zu reden, wo, was und für
wenwir bauen. Auch in Bezug auf die Kosten findet
impolitischen Raumeine kurzfristige Betrachtung
statt, was es sehr schwer macht, mit den Lebens-
zykluskosten zu argumentieren. In diesemUmfeld
dem Gedanken der Nachhaltigkeit Rechnung zu
tragen, ist eine immense Herausforderung. Aber
man muss es trotzdem tun. Denn wir können den
Klimawandel nicht in Abrede stellen.
Herr Gedaschko, wo sehen Sie die Probleme
Ihrer Mitgliedsunternehmen, die einerseits
ökonomisch erfolgreich sein und andererseits
die Forderungen der UN-Klimakonferenz von
Paris umsetzen müssen?
Axel Gedaschko:
UmbeimWohnungsneubau an-
zufangen: Die Baukosten sind in den unterschied-
lichen Regionen ähnlich, aber die Einkommen sind
sehr unterschiedlich. In einer durchschnittlich
armen Stadt wie Berlin nimmt eine andere Ein-
kommensschicht den Neubau in Anspruch als in
einer durchschnittlich wohlhabenden Stadt wie
Frankfurt. Deshalb brauchen wir Förderinstru-
mente für diejenigen Haushalte, die knapp über
den bisherigen Grenzen der staatlichen Förderung
liegen. Hinzu kommt eine zweite Herausforde-
rung: Bei den Ansprüchen an den Neubau hat jedes
einzelne politische Fachressort immer eine Schicht
drauf gelegt. Mittlerweile werden wir von diesen
Schichten finanziell fast erdrückt. Das zeigt die
Diskussion um die Verschärfung der EnEV. Wir
sagen: Wir erreichen die Klimaziele, aber wir er-
reichen sie anders preiswerter. Undwir verstehen
nicht, warum man uns nicht den preiswerteren
Weg gehen lässt.
VieleWohnungen sind abgeschrieben, weil sie
vor langer Zeit gebaut wurden. Also müsste
es doch möglich sein, die Mieten auf einem
erschwinglichen Niveau zu halten. Warum ist
dies so schwer?
Dr. Julika Weiß:
Es gibt im Modernisierungsbe-
reich durchaus Projekte der sozialverträglichen
Sanierung. Ein Beispiel dafür ist eine Siedlung
der Märkische Scholle eG in Berlin-Lichterfelde,
bei der die Warmmiete nach der Modernisierung
um lediglich 0,40 €/m2 gestiegen ist. Allerdings
hat die Genossenschaft nicht die komplette Mo-
dernisierungsumlage ausgenutzt, und sie hat die
Finanzierung über die Bestände gestreckt. Hinzu
kommt, dass in der Siedlung baulich vieles imAr-
gen lag, so dass die Betriebskosten enorm hoch
waren. In solchen Fällen ist eine sozialverträgli-
che Modernisierung möglich.
Herr Freivogel, Sie sind für dieModernisierung
eines in den 1970er Jahren errichtetenWohn-
hochhauses in Pforzheim mit dem Deutschen
Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet worden.
Wie stellt sich dieses Projekt wirtschaftlich und
finanziell dar?
Jochen Freivogel:
Vor Beginn der Modernisie-
rung betrug die Kaltmiete 4 €/m2. Dazu kamen
Heizkosten von rund 2,50 €/m2. Nach der Mo-
dernisierung ist die Warmmiete von 6,50 auf
7,50 €/m2 gestiegen. Klar ist dabei, dass diese
Werte nicht auf Ballungsräume übertragbar sind,
da Pforzheim insgesamt ein sehr niedriges Miet-
preisniveau hat. Wir haben das Gebäude aber
nicht nur umfassend energetisch modernisiert
und dafür gesorgt, dass vor Ort Energie erzeugt
wird, sondern wir haben es auch aufgestockt und
die kleinen Balkone zu großen Loggien erweitert.
Letztlich geht es ja um den Menschen, um den
Nutzer.
Tatsächlich liegen die großenHerausforderun-
gen nicht imNeubau, sondern in der Bestands-
sanierung. Herr Dr. Hain, müsste es bei den ge-
genwärtig extremniedrigen Zinsen nicht sehr
einfach sein, Wohnhäuser zu sanieren und die
Kosten über die Energieeinsparungwieder he-
reinzuholen?
Dr. Thomas Hain:
Langfristigkeit oder Nachhal-
tigkeit heißt auch ökonomische Vernunft. In un-
seremUnternehmen gilt das „Prinzip des vorsich-
tigen Kaufmanns“. Wir können die Investitionen
nicht ausschließlich über die Energieeinsparung
amortisieren, auch wenn uns die Zinslandschaft
natürlich hilft, Investitionen vorzunehmen. Und
es ist auch nicht so, dass unsere Bestände abge-
schrieben sind. Denn ältere Bestände, die nahe-
zu abgeschrieben sind, kommen in die Sanierung
und erhalten so wieder einen höheren Buchwert.
Trotzdem zahlen unsere Mieter im Durchschnitt
eine Kaltmiete von nur 5,45 bis 5,48 €/m2. Das
„Wer sich Gedanken über die künftige Ausrichtung von
Unternehmen macht, kommt schnell auf die Rolle, die
Nachhaltigkeit dabei spielt.“
Dr. Thomas Hain