DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2016 - page 77

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Menschen mit Schwierigkeiten am Wohnungs-
markt wie eben diese Frauen aus Gewaltsituati-
onen, denen wir Wohnungen zur Verfügung stel-
len“, so KathrinWolff, Generalbevollmächtigte der
DeutscheWohnen. Das Unternehmen hat für Neu-
Raum in einem ersten Schritt sechs Wohnungen
zur Verfügung gestellt, in diesemJahr werden acht
weitere folgen. NeuRaummöchte 2016 insgesamt
22 Wohnungen für Frauen, die die Frauenhäuser
verlassen müssen, bereitstellen. Weitere sollen
perspektivisch folgen. Über 30 Frauen und Kindern
wird damit die Rückkehr in ein eigenständiges Le-
ben erleichtert. Die Miete wird für die Bewohne-
rinnen gemindert, und die Caritas zahlt die Neben-
kosten – eine große Erleichterung für das schmale
Budget der Frauen. Damit, so Stefanie Steinfurth
von der Regionalleitung Berlin der Deutschen
Wohnen ImmobilienManagement GmbH, werden
gleich zwei sozial ausgerichtete Projekte der GSW
nach deren Übernahme 2013 fortgeführt. Auch sei
der Konzern sich seiner Verantwortung als größter
Wohnimmobilieneigentümer mit 100.000 Woh-
nungen in der Millionenstadt Berlin bewusst.
Bereits seit mehreren Jahren engagiert sich die
Deutsche Wohnen auch in einer Kooperation mit
Hestia e.V., einem Verein zur Hilfe von Frauen,
die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. In
enger Abstimmung mit Hestia stellt die Deutsche
Wohnen regelmäßig geeigneten Wohnraum zur
Verfügung und unterstützt damit die Frauen auf
ihremWeg in ein selbstbestimmtes Leben. Berlin
verfügt über ein gut aufgestelltes, differenziertes
und aufeinander abgestimmtes Hilfesystem für
Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden. Sechs
Frauenhäuser, 40 Zufluchtswohnungen, fünf In-
terventions- und Fachberatungsstellen sowie die
BIG-Hotline rund um die Uhr auch an Sonn- und
Feiertagen. Ein erster und überaus wichtiger An-
laufpunkt für Frauen, die unter physischer oder
psychischer Gewalt leiden, ist auch der Verein Hes-
tia e. V., der aus Mitteln der Senatsverwaltung für
Frauen unterstützt wird und sich zumTeil auch aus
Spenden finanziert. 60 Frauen und Kinder können
Zuflucht imFrauenhaus finden, die Adresse ist an-
onym. Frauen mit und ohne Kinder, unabhängig
von ihrem Alter, sozialen Status, Bildungsstand,
kulturellemHintergrund, religiöser Zugehörigkeit
und Lebensweise werden aufgenommen. Spre-
chen darüber will Hestia nicht.
Der Caritasverband Erzbistum Berlin e. V., sozu-
sagen die tragende Säule des NeuRaum-Projekts,
versteht es, unterschiedliche Akteure einzubin-
den. Caritas vermittelt Frauen aus Berliner Frauen-
häusern, bei denen keine akute häusliche Gewalt
mehr vorliegt und deren Beratungsprozess im
Frauenhaus weitestgehend abgeschlossen ist, in
eine Trägerwohnung, soweit möglich. So werden
sie weiterhin informiert, beraten und begleitet
und bei der Anmietung eigenen Wohnraums un-
terstützt. Und hier schließt sich der Kreis. „Wir
freuen uns sehr, dass NeuRaum Unterstützung
von Seiten des Senats und der Deutsche Woh-
nen erhält. Eine eigene Wohnung und Beratung
nach dem Frauenhaus ist für viele allein stehende
Frauen und ihre Kinder essenziell. Oft haben sie
neben Gewalterfahrungen andere Probleme, zum
Beispiel Schulden, Arbeitslosigkeit und fehlende
soziale Kontakte. NeuRaum unterstützt sie mit
sozialpädagogischen Fachkräften dabei, diese Pro-
bleme zu lösen und in ein eigenständiges Leben
zurückzufinden“, sagt Gabriele Kriegs, Leiterin
des Caritas-Projekts NeuRaum.
Vivendia-Wohnen für Frauen
Ebenso engagiert sich die Lawaetz Stiftung Ham-
burg mit ihrer Lawaetz Service GmbH für in Not
geratene Menschen, Motto: Weil aller Anfang
wohnen ist. Wohnen aber in einem Frauenhaus,
so die Lawaetz-Mitarbeiter auch, kann nur eine
vorübergehende Lösung sein. Die Arbeit der
Lawaetz-Gruppe steht in der Tradition ihres Na-
mensgebers Johann Daniel Lawaetz (1750-1826).
Der Leitgedanke des sozial engagierten Altonaer
Fabrikanten galt der „Hilfe zur Selbsthilfe“. So
richtet sich das Projekt „Vivendia“ insbesondere
an Frauen mit Kindern, die in Frauenhäusern in
Hamburg oder Schleswig-Holstein Zuflucht ge-
funden haben. Aufgrund des engen Hamburger
Wohnungsmarkts müssen die Frauen oft länger im
Frauenhaus verweilen, als es für sie notwendig ist.
Seit Oktober 2014 nun hilft Vivendia den Frauen
bei der Wohnungssuche und der Integration in das
neueWohnumfeld, unterstützt von der Hamburger
Sozialbehörde.
Das Projekt Vivendia geht noch weiter als das
NeuRaum-Konzept. Es hält attraktive Angebote
für Vermieter bereit wie Absicherungsverträge,
die zusätzliche finanzielle Sicherheit für Ver-
mieterrisiken bieten. Frauen aus Frauenhäusern
sind auch eine Zielgruppe der Förderrichtlinie der
Hamburgischen Investitions- und Förderbank.
Bei der Umsetzung des Programms „Ankauf von
Belegungsbindungen“ im Rahmen dieser För-
derrichtlinie hilft ebenfalls Vivendia mit ihrem
Know-how ebenso wie bei Fragen zum Mietver-
hältnis.
Die Not der Frauen in Not impliziert auch einen
besonderen verantwortungsvollen Umgang mit
ihrem Problem. Die Öffentlichkeit wird zwar
nicht gemieden, aber auch nicht sehr gesucht,
zu achten sind die Schutzbedürftigkeit und Ver-
wundbarkeit der Frauen und Kinder, die oft nach
Jahren noch groß sind. Denn Anonymität bietet
auch Schutz.
Zur Nachahmung empfohlen
Die Beispiele zeigen, wie notwendig und sinnvoll
das Engagement von Trägern und Wohnungsun-
ternehmen ist – auchwenn es keine Projekte sind,
mit denenman sich regelmäßig in den lokalenMe-
dien fotografieren lassen kann. Diese und andere
Projekte haben Unterstützung verdient – und sind
zur Nachahmung nur zu empfehlen!
Gute Projekte brauchen starke Partner – v. l.: die
Sozialarbeiterinnen des Berliner Caritasverbands
Ilon Fehring und Ina van Leyen, die Senatorin
für Arbeit, Integration und Frauen des Landes
Berlin Dilek Kolat, der Leiter der Region Berlin
des Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V.
Rolf Göpel und die Generalbevollmächtigte der
Deutsche Wohnen AG Dr. Kathrin Wolff
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