DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2016 - page 58

MARKT UND MANAGEMENT
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d. h. die Veränderung der Gebäudekubatur durch
Abzonung oder die Herausnahme von Gebäude-
segmenten, ist – im Vergleich zum Abriss ganzer
Gebäude – jedoch eher selten umgesetzt worden.
Inzwischen berichten Unternehmen allerdings
vermehrt, dass sich ihre Leerstände vertikal in
den oberen Geschossen konzentrieren und sie das
Stilllegen oder Zurückbauen der 4. und 5. Etage
als Lösungsansatz verfolgen. Anders als architek-
tonisch hochwertige Teilrückbaulösungen, tragen
diese einfacheren Eingriffe allerdings nur bedingt
zum Imagewandel der Plattenbauquartiere bei.
Quartiersbezogene Unternehmensstrategien
Welche Bestandsentwicklungsstrategien die
Wohnungsunternehmen in einzelnen Quartieren
verfolgen, hängt mit der Quantität undwohnungs-
wirtschaftlichen Bedeutung der Bestände in ihrem
Eigentum sowie mit der „Zukunftsfähigkeit“ der
Quartiere zusammen. Um zu einer gemeinsamen
Einschätzung über die Entwicklungsperspekti-
ven von Quartieren zu gelangen, stimmen sich
sehr viele ostdeutsche Wohnungsunternehmen
mit den kommunalen Stadtplanern ab, u. a. im
Rahmen der Fortschreibung von Integrierten
Stadtentwicklungskonzepten. Ziel ist es, die
wohnungswirtschaftlichen und städtebaulichen
bzw. stadtentwicklungspolitischen Interessen in
Einklang zu bringen.
Viele schrumpfende Städte in Ostdeutschland ver-
folgen das Ziel, die Innenstadt zu stärken, Altbau-
substanz zu sanieren undWohnungsüberhänge in
als weniger zukunftsfähig eingeschätzten Quar-
tieren – oftmals den peripheren Wohnsiedlungen
– abzubauen. Viele ostdeutsche Wohnungsunter-
nehmen verfügen allerdings überwiegend über
Wohnungsbestände in DDR-Wohnsiedlungen.
Streubestände im Altbausegment in innerstädti-
schen Lagen gehören für viele Unternehmen nicht
zum Kerngeschäft. Deshalb trennen sie sich ge-
rade von diesen Beständen, um ihr Portfolio zu
schärfen. Es gibt allerdings Ausnahmen. Einige
Unternehmen sehen – ähnlich wie die Kommunen
selbst – die Zukunft in der Innenstadt. Sie inves-
tieren in Umbau und Sanierung ihrer innerstäd-
tischen Altbaubestände und bauen ihr Portfolio
durch den Erwerb weiterer Bestände aus.
Zu den Unternehmen, die gezielt in Altbaubestän-
de investieren, gehören z. B. die Gebäude- und
Wohnungsverwaltung (GWV) GmbH Wittstock
mit der Sanierung des „Bankverein-Gebäudes“ am
Markt, die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt
Wittenberge mbH (WGW) mit der Sanierung des
Hauses „Vier Jahreszeiten“ im gründerzeitlich
geprägten Jahnschulviertel oder dem „Mutter-
Kind-Haus“ in der Bürgermeister-Jahn-Straße
sowie die Bernburger Wohnstättengesellschaft
mbH (bwg) mit der Baumaßnahmen am Saalplatz
an der Grenze von Berg- und Talstadt.
Dieses Engagement ist für die Quartiersentwick-
lung von hoher Bedeutung. Die Unternehmen
geben wichtige Impulse für die Aufwertung und
weitere Investitionen. Deshalb stellen die Kommu-
nen oftmals Fördermittel, bspw. für die Sicherung
von Gebäuden, zur Verfügung, umeine Sanierung
anzuschieben. Da die Investitionskosten in Umbau
und Herrichtung trotzdem oft beträchtlich sind,
zielen die saniertenWohnungen imAltbaubestand
häufig auf ein gehobenes Wohnungsmarktseg-
ment. Trotz der höherenMieteinnahmen rechnen
sich die Investitionen vielfach nur in der Gesamt-
perspektive. Auch Unternehmen die sich in der
Altstadt engagieren, erwirtschaften das Gros ihrer
Einnahmen in Wohnsiedlungsbeständen.
Die Entwicklung der DDR-Wohnsiedlungen hat sich
in den letzten 15 Jahren deutlich ausdifferenziert.
Es gibt konsolidierte Quartiere in denen eine Um-
strukturierung gelungen ist und die heute geringe
Leerstände, ein differenziertes Wohnangebot und
eine intakte Infrastruktur aufweisen. Die Gebiete
sind für die kommenden Jahre fit und behaupten
sich auf demWohnungsmarkt. Zu diesen Beispielen
gehören Vorreiter wie Leinefelde-Südstadt, das
Külzviertel in Schwedt und die Kräutersiedlung in
Dresden, aber auch das Ostseeviertel inGreifswald
und Nordhausen-Ost.
Ein weiterer „Typ“ umfasst Quartiere, die als
langfristig zukunftsfähig eingeschätzt werden,
deren Umbau aber noch nicht abgeschlossen ist.
Hier haben sich die Wohnungsunternehmen und
die Stadt auf eine Entwicklungsperspektive ver-
ständigt und begegnen den Leerstandsproblemen
gemeinsam mit Investitionsstrategien, die meist
weit über das ProgrammStadtumbau Ost hinaus-
gehen. In der Umsetzung geht es zwar auch, aber
nicht ausschließlich, um eine Verringerung der
Wohnungsbestände. Im Vordergrund steht eine
Diversifizierung und qualitative Verbesserung der
Wohnungsangebote, eine Aufwertung von Freiflä-
chen und Wohnumfeld sowie Investitionen in die
Herstellung attraktiver Infrastrukturen und eine
Imageverbesserung. Ein typisches Beispiel für die-
Die GWV Wittstock investiert gezielt in
Altbaubestände – z. B. mit der
Sanierung des historischen
„Bankverein-Gebäudes“ am Markt
Quelle: Autorin
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