CONTROLLER Magazin 2/2019 - page 74

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Die Folgen der Digitalisierung sind ausreichend
bekannt: Für viele Unternehmen verändert sich
ihr Wettbewerbsumfeld mit atemberaubender
Geschwindigkeit. Um ihre Überlebensfähigkeit
zu sichern, sind etliche Unternehmen gezwun-
gen, ihre Strategie anzupassen – schnell. Eine
neue, zukunftsfähige Strategie zu entwickeln,
ist das eine. Sie mit der gebotenen Geschwin-
digkeit umzusetzen, ist das andere. Oft wird es
sich als erfolgsentscheidend erweisen, das
Projektportfolio danach zusammenzustellen,
welche Projekte und Programme wirklich ge-
eignet sind, die neue Strategie zu unterstützen.
Denn das Projekt- und Portfoliomanagement
(PPM) hat in den Veränderungsprozessen eine
essentielle Rolle: Es muss die strategischen
Ziele des Unternehmens sinnvoll operationali-
sieren. Vor diesem Hintergrund wundert es
nicht, dass die Idee eines Enterprise Project
Management Office (EPMO) auch im deutsch-
sprachigen Raum immer intensiver diskutiert
wird. Für das Portfoliomanagement ist es in
Zukunft unerlässlich, regelmäßig zu prüfen, zu
welchem Grad Projekte und Programme tat-
sächlich der Operationalisierung der Unter­
nehmensstrategie dienen – oder ob sie einen
Punkt erreicht haben, an dem sie das nicht
mehr tun.
Die Bestandsaufnahme ernüchtert
Die regelmäßig durchgeführte Multi-Project-
Management(MPM)-Benchmarking-Studie der
Forschungsgruppe Multiprojektmanagement
bestätigt leider, dass es in Sachen Strategie-
konformität von Projekten in deutschen Or­
ganisationen noch viel Luft nach oben gibt.
Aktuell findet an der TU Darmstadt bereits die
8. MPM-Benchmarking-Studie statt. Die Er-
gebnisse der 7. MPM-Studie ergaben 2015
ein ernüchterndes Bild. Danach verteilen nur
23 Prozent der Befragten ihre Ressourcen tat-
sächlich strategiekonform, zugleich brechen
aber auch nur 19 Prozent unnötige Projekte
konsequent ab. Dennoch betrachten 45 Pro-
zent der befragten Organisationen Portfolio-
management als Erfolgsfaktor. Ergebnisse
US-amerikanischer Untersuchungen weisen
in dieselbe Richtung. Aus Sicht der Analysten
von Gartner sind nach wie vor Projekte und
Programme die entscheidenden und vorherr-
schenden Mittel, durch die Organisationen
sich wandeln (Digitalisation Impact on PPM
Practices and the PMO by 2030, aus dem
Jahr 2017). Aber zugleich ergibt der Pulse of
the Profession Survey 2018 des Project Ma-
nagement Institute (PMI), dass nur in 41 Pro-
zent der untersuchten Fälle ein Enterprise
Project Management Office (EPMO) existiert,
das eng an der Strategie der Organisation
ausgerichtet ist.
Scheuklappen der Projektarbeit
In sehr vielen Unternehmen beginnen die Prob-
leme schon damit, dass die Mitarbeiter gar
nicht wissen, warum sie gerade an einem Pro-
jekt arbeiten. Viel zu oft ist es für die Projektar-
beit noch typisch, dass sie in Silos stattfindet.
Parallel dazu existiert meist auch kein wirkli-
cher Überblick über all die Daten, die im Unter-
nehmen verfügbar wären und im Grunde nur
darauf warten, miteinander verknüpft und aus-
gewertet zu werden. In einem Unternehmen,
das noch nicht datengetrieben ist und auch die
Möglichkeiten von Data Analytics nicht nutzt, in
dem also kein durchgängiger Data Backbone
existiert, bleiben die Interdependenzen und
Abhängigkeiten zwischen den Projekten und
Programmen unerkannt. Ohne solch einen
durchgängigen Data Backbone und ohne eine
konsequente Datenauswertung verlangsamen
sich Entscheidungsprozesse, Projekte verzögern
sich, neue Produkte kommen später auf den
Markt und werden erst spät zu den erhofften
Umsatzbringern. Zudem entstehen höhere Kos-
ten, weil Ressourcen den falschen Aufgaben
Portfoliomanagement navigiert
durch den strategischen Nebel
Wie Strategien erfolgreich umgesetzt
werden können
von Uwe Eilers
© frank peters – www.stock.adobe.com
Portfoliomanagement
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