CONTROLLER Magazin 2/2019 - page 58

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sich ausreichend Zeit bei der Planung und Kon-
zeption des SSCs zu nehmen, da dies der Struk-
turierung des Projektes wie auch der Implemen-
tierung zugute kommt. Zudem wird auch die Ei-
nigkeit über die Entscheidung seitens des Ma-
nagements von den Experten genannt. Dieses
muss geschlossen hinter der Entscheidung ste-
hen und sollte nicht bei geringfügigen Rück-
schlägen davon abweichen. Andernfalls wird es
schwierig, das Projekt erfolgreich zu stemmen.
Die letzten drei Erkenntnisse, die in diesem
Kontext von den Experten genannt wurden,
sind, „keep it simple“, eine gewisse Flexibilität
und Pragmatismus sowie die genaue Definition
von Verantwortungsbereichen und Schnittstel-
len (Roles and Responsibilities).
Herausforderungen bei der
Implementierung
In der Unternehmenspraxis zeigt sich, dass ins-
besondere sprachliche und kulturelle Barrieren
eine große Herausforderung für viele Unterneh-
men darstellen. So können bei der Zusammen-
arbeit mit Mitarbeitern in Ländern, in denen
Probleme nur indirekt kommuniziert werden,
schnell Missverständnisse entstehen. Eine wei-
tere Schwierigkeit kann sich ergeben, wenn die
dezentrale Einheit damit beginnt, das SSC zu
umgehen. Das kann zu Fehlkommunikation in-
nerhalb des eigenen Unternehmens und, noch
schlimmer, mit dem externen Kunden führen.
Dies gilt es sofort zu unterbinden. Des Weiteren
ist auch darauf zu achten, dass die Mitarbeiter
im SSC nicht überfordert werden. Sollte das
nicht frühzeitig entdeckt werden, kann es zu
Qualitätseinbußen kommen. Abschließend gilt
es auch profane Dinge, wie das Eintragen in
das Handelsregister, den Homepageauftritt, die
Beschilderung, das Drucken von Visitenkarten
und vieles Weitere zu beachten. Diese stellen
für sich zwar keine Probleme dar, sind aber in
Summe relativ zeitaufwändig.
Controlling von Shared Service
Centern
Für das Controlling des SSCs gibt es verschie-
dene Controllinginstrumente wie auch Kenn-
zahlen. Die beiden Unternehmensberater emp-
fehlen eine
Benchmarking-Steuerung
. Dabei
Ängste und Sorgen zu nehmen sowie zukünfti-
gen Perspektiven aufzuzeigen. Um die Mitar-
beiter zu überzeugen, können regelmäßige
Treffen und Workshops einen entscheidenden
Beitrag leisten. Auch betont ein Unternehmens-
experte die Einheitlichkeit der Kommunikation
der Führungskräfte bei auftretenden Fragen.
Hierfür wurde zu Beginn des Projektes ein Do-
kument erstellt, in dem sämtliche Fragen die
Thematik betreffend aufgeführt sind, inklusive
der entsprechenden Antworten. Mit diesem
Dokument sollte gewährleistet werden, dass je-
der Mitarbeiter bei der gleichen Frage dieselbe
Antwort erhält. Andernfalls könnten wider-
sprüchliche Antworten zu Misstrauen bis hin
zur Gefährdung des Projektes führen. In einem
anderen Unternehmen wurde ein Newsletter
erstellt, der in regelmäßigen Abständen an die
Mitarbeiter versendet wurde. Ein weiterer wich-
tiger Aspekt, der bei der Einführung eines SSCs
nicht vernachlässigt werden sollte, ist, dass
langjährige Mitarbeiter, auch wenn sie das Un-
ternehmen verlassen sollten, insbesondere am
Anfang aufgrund ihres Wissens sehr wichtig bei
der Implementierung sind. 50 Prozent der Un-
ternehmen schildern, dass der Wissenstransfer
in ihrem Unternehmen über einen Wissensaus-
tausch zwischen neuen und alten Mitarbeitern
erfolgte. Hierfür gingen die neuen Mitarbeiter in
die dezentralen Einheiten und begleiteten dort
die kompletten Prozesse. Da diese Art des Wis-
senstransfers sehr wichtig ist, ist es daher auch
ein besonderes Anliegen der Unternehmen,
dass ausscheidende oder freizusetzende Mitar-
beiter bis zum Vertragsende bleiben. Um dabei
nicht zu riskieren, dass die Mitarbeiter mit Ab-
sicht Fehler machen oder anderweitig die Im-
plementierung versuchen zu stören, ist gerade
in diesen Fällen besonderes Fingerspitzengefühl
notwendig. Auch könnte eine Durchhalteprämie
hierfür eine geeignete Lösung darstellen.
Weitere wichtige Schlüsselelemente
bei der Implementierung
Als eines der Schlüsselelemente werden in zwei
Unternehmen zum einen die Einführung mit Hil-
fe externer Berater und zum anderen die Kon-
taktaufnahme mit anderen SSC beschrieben.
Beides kann dazu beitragen, bei der Implemen-
tierung mögliche Fehlerquellen zu umgehen.
Auch betonen zwei Experten die Wichtigkeit,
beitet, kann dies zu einer Verringerung der
Skalierbarkeit der Tätigkeiten führen und auch
unter Umständen die Prozessperformance ne-
gativ beeinflussen.
Neben den bereits erläuterten Ansätzen gibt es
in der Unternehmenspraxis auch Ansätze, bei
denen zuerst eine kleine Gesellschaft ausge-
wählt wird, um erste Erfahrungen bei der Imple-
mentierung zu machen und „Kinderkrankhei-
ten“ frühzeitig zu identifizieren und auszubes-
sern. Danach erfolgte eine sukzessive Erhöhung
der Komplexität und des Transaktionsvolumens.
Ein anderer Ansatz richtet sich auf die Effizienz
der Standorte. Dabei wird die Effizienz des
Standortes anhand von Kennzahlen mit anderen
Standorten verglichen. Wird hierbei eine zu
hohe Ineffizienz oder eine zu schlechte Arbeits-
qualität festgestellt und den Mitarbeitern eine
Leistungsverbesserung nicht zugetraut, erfolgt
die Entscheidung, den Standort in das SSC zu
migrieren. Für zwei Unternehmen waren insbe-
sondere das hohe Volumen, die geringe Kom-
plexität sowie die Sprache die ausschlaggeben-
den Faktoren. Beide Unternehmen begannen
daher mit der Migration des Stammhauses und
konnten somit schnell Skalenerträge realisieren.
Der sich daraus ergebende Vorteil ist zudem,
dass durch die erfolgreiche Migration sowie das
Erreichen von strategischen Zielen, wie der Ver-
besserung der Prozessqualität oder das Erzielen
von Kostenersparnissen, die Akzeptanz gegen-
über dem Projekt im Unternehmen zunimmt.
Abschließend können auch die Kostenvorteile in
dem jeweiligen Land die Migrationsreihenfolge
beeinflussen. So werden tendenziell Standorte,
die hohe Standortkostenvorteile haben, früher
einbezogen.
Change Management
Über die herausragende Rolle des Change Ma-
nagements bei der Implementierung eines
SSCs sind sich alle Experten einig. Ein fehler-
haftes oder unzureichendes Change Manage-
ment kann zu einer Verlängerung des gesam-
ten Implementierungsprozesses beitragen und
im schlimmsten Fall auch zum Scheitern des
Projektes führen. Besondere Relevanz hat da-
bei die offene und ehrliche Kommunikation mit
den Mitarbeitern. Dabei gilt es, den Mitarbei-
tern die Gründe für das Projekt zu erklären, die
Shared Service Center im Rechnungswesen
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