CONTROLLER Magazin 4/2019 - page 71

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nehmen durch ihr Image, der hohen Pro-
duktqualität, dem fachlichen Know-how und
ihren individuell angepassten Problemlösungen
weltweit höchstes Ansehen (vgl. Abbildung 2:
Stärken & Schwächen). Der Erfolgsfaktor „Kun-
dennähe“ ist dabei wesentlicher Treiber für die
Internationalisierung. Dieser umfasst hohe Ser-
viceleistung, sowie anspruchsvolle individuelle
Kundenlösungen und bewirkt damit eine Aus-
weitung des Umsatzes. „Die Auslandsmärkte
bilden [somit] wirtschaftlich, risikotechnisch
und potentialmäßig ein wichtiges Standbein für
die langfristige wirtschaftliche Entwicklung und
nachhaltige Sicherung der Unternehmen und
der Arbeitsplätze
18
.“
Herausforderungen der
Digitalisierung
Zu den großen Herausforderungen der Interna-
tionalisierung gehören die Gewinnung von
hochqualifiziertem Personal fernab großer Bal-
lungszentren sowie die schlechte Infrastruktur
vor Ort
6
. Im Falle von Merger & Akquisition
(M&A)-Tätigkeiten sind die kulturellen Diffe-
renzen und die Angleichung der Management-
und Organisationsformen die kritischen Fakto-
ren. Nach einer Aon-Hewitt-Studie sind ge-
scheiterte M&A zu 60% auf fehlende Wertge-
nerierung der akquirierten Unternehmen und
zu 30% auf ein unterschiedliches Verständnis
der Geschäftstätigkeit auf Grund kultureller
Managementunterschiede, zurückzuführen
19
.
Auf operativer und strategischer Ebene sind
daher einheitliche Vorgehensweisen und Vor-
gaben unerlässlich, um einen erfolgreichen
Geschäftsbetrieb zu ermöglichen
20
.
Nach den sieben Erfolgsfaktoren von McKinsey
für Unternehmen
21
ist die Integration der Inter-
nationalisierung in die Organisation und Ma-
nagementsysteme der Hidden Champions ent-
scheidend für deren Unternehmensperfor-
mance. Das Zusammenspiel der sogenannten
harten Faktoren Strategie, Struktur und Sys-
tem, mit den weichen Faktoren Führungsstil,
Infrastruktur, gemeinsames Werteverständnis
und gemeinsame Technologie sowie Ressour-
ceneinsatz und Nachhaltigkeit spiegeln das Po-
tenzial und die Herausforderungen für ein inte-
gratives Management der Hidden Champions in
Deutschland wider.
Daneben ist der international hart umkämpfte
Platz um Marktanteile durch Produktkopien eine
ernste Bedrohung. Preiskämpfe und innovati-
onsgetriebener Wettbewerb stellen ein enormes
Risiko für die Margen der Unternehmen dar
15
.
Oft sind die wesentlichen Gründe für ein Schei-
tern von HC Technologiesprünge oder Eruptio-
nen (z. B. der Mobilfunkmarkt), zu große Expan-
sion (bedingt durch M&A) sowie zu stark ver-
flochtene Geschäftssysteme. Aber auch die fa-
milieninterne Nachfolgeregelung ist oft ein
Risiko, um von starken Familienführern in den
HC auf die nächste Generation überzuwech-
seln. Diese Faktoren können vor allem beob-
achtet werden, wenn die bisherige Eigentümer-
struktur und Kapitalunabhängigkeit verloren
ging. Besondere Evidenz und Destruktion des
Geschäftsmodells liegt bei einem Eintritt von
Private-Equity-Firmen in die eigentümer- und
familiengeführten Geschäftsbetriebe vor
16
. Eine
seriöse Nachfolgeregelung sollte hierbei nicht
nur familienintern (Stichwort: Gründer oder
Führer des HC als Übervater/-mutter), sondern
auch extern mit mindestens 10-15 Jahren Vor-
laufzeit erfolgen.
Aus den Stärken und Schwächen der Hidden
Champions lässt sich deduzieren, dass die in-
ternationale Ausrichtung und die Führungs-
struktur exponierende Faktoren für den Erfolg
der Unternehmen sind. Insbesondere die welt-
weite Wachstumsrate von plus 4,5% im Ver-
gleich zu plus 2,2% des BIPs in Deutschland
im Jahr 2018
17
zeigt das Potenzial, international
zu agieren. Zudem genießen deutschen Unter-
·
·
Stärken und Schwächen aus Kundenpers-
pektive, durch welche sich die Unternehmen
auszeichnen
·
·
Die Erfolgskriterien aus Unternehmenspers-
pektive
·
·
Relevante Aspekte für Internationalisierung
(aus Unternehmens- und externer Perspektive)
·
·
Bedeutung von Managementsystemen durch
ethnozentrische Führungsstruktur
Der Abbildung 2 „Stärken und Schwächen der
Coburger Unternehmen“ lässt sich entnehmen,
dass die zu exponierenden Stärken in der ho-
hen Produktqualität, dem fachlichen Know-
how, sowie hervorragendem Service und Ent-
wicklung vor Ort beim Kunden liegen. Verlässli-
che hohe Ingenieursleistung und individuelle
Problemlösung genießen aus Kundenperspekti-
ve höchste Anerkennung und sind wesentliche
Alleinstellungsmerkmale der HC.
Herauszustellende Schwächen sind das ambiva-
lente Image und die öffentliche Wahrnehmung
von Hidden Champions. Einerseits stehen sie für
Verlässlichkeit, solide Eigenkapitalstrukturen, fi-
nanzielle Unabhängigkeit und Kundenbeziehung
sowie einer damit verbundenen, nachhaltigen
Eigentümerkultur mit hoher Qualität und Innova-
tion. Andererseits agieren sie nicht im Endver-
brauchermarkt und sind meist abseits bekannter
Ballungszentren angesiedelt. Demnach sind HCs
kaum in der Öffentlichkeit bekannt und weniger
attraktiv für Arbeitnehmer, woraus aus Unter-
nehmensperspektive der Schwachpunkt von Er-
werb und Bindung qualifizierter Facharbeiter
und Führungskräfte resultiert
14
.
Autoren
Alexander Okl
hat Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Controlling und
Finanzmanagement an der Hochschule Augsburg studiert.
Seine Diplomarbeit zum Thema „Integrative Management­
systeme“ wurde von der IHK Schwaben mit dem Preis der
Schwäbischen Wirtschaft ausgezeichnet. Heute berät er Unter-
nehmen hinsichtlich der Digitalen Transformation.
E-Mail:
Prof. Dr. Kai-Uwe Wellner
ist Professor für International Management an der Technischen
Hochschule Nürnberg Georg-Simon-Ohm, Faculty of Business,
Bahnhofstr. 87, 90402 Nürnberg, Deutschland.
E-Mail:
CM Juli / August 2019
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