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          sich das Controlling befassen muss, werden
        
        
          häufig thematisiert:
        
        
          3
        
        
          1. Die Begleitung und Bewertung des
        
        
          Prozesses einer Industrie 4.0-Strategie,
        
        
          2. die Identifikation und Beurteilung neuer digi-
        
        
          taler bzw. datenbasierter Geschäftsmodelle,
        
        
          3. die Beurteilung des Nutzens bzw. der Vor-
        
        
          teilhaftigkeit von Investitionen in Industrie
        
        
          4.0-Technologien
        
        
          4. die Weiterentwicklung des Controller-Bereichs im Hinblick u. a. auf Schnittstellen,
        
        
          Controllingprozesse, -instrumente und
        
        
          -systeme.
        
        
          Nach der horizontalen Integration mit ERP-Sys-
        
        
          temen, bei der die Informationssysteme entlang
        
        
          der Geschäftsprozesse auf gleicher Organisati-
        
        
          onsebene im Fokus standen, ermöglichen die
        
        
          neuen Technologien und Datenquellen cyber-
        
        
          physischer Systeme in Produktion und Logistik
        
        
          nun auch die
        
        
          vertikale Integration über die
        
        
          Unternehmensebenen hinweg. MES-Syste-
        
        
          me erlauben dabei das Schließen der Lücke
        
        
          zwischen den ERP-Systemen und der
        
        
          Fertigungs(leit-)ebene
        
        
          . Gerade das Produkti-
        
        
          onscontrolling kann von den MES-Systemen
        
        
          bzw. deren Betriebsdatenerfassung profitieren,
        
        
          erschließen diese für die Controllingaufgabe
        
        
          doch neue Datenquellen. Gleichzeitig steht die-
        
        
          se funktionale Controlling-Position vor zahl
        
        
          reichen neuen Herausforderungen, da z. B. ein
        
        
          Fertigungsablauf nicht mehr ex-ante über einen
        
        
          im ERP-System hinterlegten Arbeitsplan vor
        
        
          gegeben ist, sondern ein cyberphysisches Pro-
        
        
          dukt seinen Fertigungsablauf dezentral u. U.
        
        
          selber auswählen kann. Die
        
        
          Möglichkeit neu-
        
        
          er Technologien bspw. im 3D-Druck bei
        
        
          gleichzeitig stärkerer Kundenorientierung
        
        
          führt zudem zu kleineren Losgrößen – ggfs.
        
        
          sogar zur Losgröße 1
        
        
          – mit nicht mehr sta-
        
        
          tisch hinterlegten Rüstzeitanteilen. Viele klassi-
        
        
          sche Controllinginstrumente und -erfahrungen,
        
        
          wie z. B. Skaleneffekte oder Erfahrungskurven
        
        
          stehen unter den Möglichkeiten von Industrie
        
        
          4.0 heutzutage daher auf dem Prüfstand.
        
        
          4
        
        
          
            Veränderte Controllingkompeten-
          
        
        
          
            zen im Produktionscontrolling
          
        
        
          Produktionscontroller übernehmen in diesem
        
        
          Kontext zunehmend weniger automatisierbare
        
        
          Routinetätigkeiten, dafür aber
        
        
          mehr und
        
        
          mehr Überwachungsfunktionen.
        
        
          Neben der
        
        
          Auswahl der richtigen Datenquellen und Daten
        
        
          in der nun scheinbar endlosen Datenflut ste-
        
        
          hen die Überprüfung eingesetzter Algorithmen
        
        
          und die Entwicklung geeigneter Kennzahlen
        
        
          und Methoden zur Sicherstellung der Erfül-
        
        
          lungsqualität der dezentralen Controlling-Auf-
        
        
          gaben im Bereich der Produktionsplanung und
        
        
          -steuerung auf ihrer Agenda.
        
        
          5
        
        
          Setzt schon das
        
        
          klassische Produktions- bzw. Werkscontroller-
        
        
          profil umfangreiche produktionsbezogene
        
        
          Kenntnisse für bspw. Investitionsentscheidun-
        
        
          gen im Bereich der Produktion, Wissen über
        
        
          strategische und operative Produktionspla-
        
        
          nungs- und -steuerungsmethoden und deren
        
        
          Systeme voraus, so erweitert sich sein Aufga-
        
        
          benspektrum durch Industrie 4.0 nochmals
        
        
          deutlich.
        
        
          Thiele, Munck
        
        
          und
        
        
          Riechmann
        
        
          haben
        
        
          hierzu eine umfangreiche
        
        
          Analyse der neuen
        
        
          Aufgaben eines Werkscontrollers
        
        
          mit Be-
        
        
          zug zu den Controlling-Hauptprozessen Stra-
        
        
          tegische Planung, Operative Planung und Bud-
        
        
          getierung, Forecast, Kosten-, Leistungs- und
        
        
          Ergebnisrechnung, Management Reporting,
        
        
          Projekt- und Investitionscontrolling und Risiko-
        
        
          management durchgeführt.
        
        
          6
        
        
          Abbildung 1 listet einen Auszug neuer Anfor-
        
        
          derungen im Controlling-Hautprozess der
        
        
          Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung
        
        
          auf, für die im weiteren sowohl konzeptionelle
        
        
          Ansätze als auch deren praktische Umset-
        
        
          zung vorgestellt werden sollen. Die nicht
        
        
          mehr starren und vorab bekannten Daten-
        
        
          strukturen führen zur Notwendigkeit neuer
        
        
          Verfahren für die Standardkostenrechnung
        
        
          oder ersetzen diese. Gleichzeitig
        
        
          erschwert
        
        
          dies die Abweichungsermittlung
        
        
          , da diese
        
        
          auf den nun nicht mehr immer bekannten
        
        
          Plan- bzw. Standardkosten basiert. Neue
        
        
          Kennzahlen, die Messung der Effizienz der
        
        
          Produktion, die nicht zwingend auf derartigen
        
        
          Planansätzen aufbauen, sowie eine
        
        
          neue Ar-
        
        
          beitsteilung zwischen ERP- und MES-
        
        
          Systemen
        
        
          kann dabei, wie im Folgenden bei
        
        
          einem Unternehmen der Futter- und Dünge-
        
        
          mittelerzeugung aufgezeigt, ein interessanter
        
        
          Lösungsansatz sein.
        
        
          
            Industrie 4.0 und Produktions
          
        
        
          
            controlling bei DEGRO
          
        
        
          Die DEGRO GmbH & Co. KG steht für
        
        
          DE
        
        
          hner
        
        
          GRO
        
        
          ßhandel und ist ein Tochterunternehmen
        
        
          innerhalb der in dritter Generation inhaberge-
        
        
          führten Dehner-Gruppe. Das Geschäftsfeld ist
        
        
          im klassischen B2B-Geschäft verankert und
        
        
          umfasst sowohl die Vermarktung von Handels-
        
        
          waren als auch eigenproduzierter Erzeugnisse.
        
        
          Hierzu werden Heimtier- und Wildvogelfutter,
        
        
          sowie Düngererzeugnisse und Sämereien nach
        
        
          eigenen und kundenspezifischen Rezepturen
        
        
          hergestellt. Das
        
        
          Konzerncontrolling der Deh-
        
        
          ner-Gruppe
        
        
          ist in das Vertriebs-, Logistik-,
        
        
          Projekt- und Produktionscontrolling unterglie-
        
        
          dert. Letzteres hat die Hauptaufgabe, Produkti-
        
        
          onsprozesse und deren Kosten zu überprüfen,
        
        
          Transparenz über die Prozesse zu schaffen und
        
        
          diese zu optimieren.
        
        
          
            CM Juli / August 2019
          
        
        
          
            Abb. 1: Einfluss von Industrie 4.0 auf die Kosten-, Leistungs-, und Ergebnisrechnung (Auszug), vgl. (Thiel, Munck, Riechmann 2016), S. 75