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gebühren, Transport und so weiter. Werden die
Produkte in eine Gesamtanlage integriert, so
fallen Kosten für das Anlagen-Engineering an.
Typisch für das Projektgeschäft sind auch Ver-
tragsstrafen (Pönalen) bei Lieferterminverzug
oder bei Nichteinhaltung zugesagter techni-
scher Eigenschaften. Alle diese Kosten müss-
ten auf die einzelnen Produkte verteilt werden,
will man das Projektergebnis vollständig auf
Produktebene ausweisen. Die dabei verwende-
ten Schlüssel orientieren sich in der Regel an
den Herstellkosten der einzelnen Produkte und
folgen damit einem eher fragwürdigen Tragfä-
higkeitsprinzip.
Wie sieht es mit dem Umsatz aus? Für das Pro-
jekt wird in der Regel ein Gesamtpreis verein-
bart sein, der dann auf die einzelnen Produkte
verteilt werden muss. Da die Produkte meist
auch einzeln verkauft werden, existiert für sie
ein Einzelpreis. Unter Umständen bestehen so-
gar die Kunden darauf, dass auch bei einem
Projekt (fiktive) Verkaufspreise für die darin be-
findlichen Produkte ausgewiesen werden. Zu-
mindest bei der internen Verkaufspreiskalkula-
tion wird oft bottom-up vorgegangen, so dass
Planumsätze für die einzelnen Produkte ermit-
telbar sein sollten.
Aber ähnlich wie auf der Kostenseite kann es
auch bei den Umsätzen Zuordnungsprobleme
geben. Der Projektfertiger wird sich nicht nur
die im Projekt enthaltenen Produkte vergüten
lassen, sondern auch seine weiteren Projekt-
te des Projektcontrollings (Vor-, Mit- und Nach-
kalkulation) erfolgreich eingesetzt, wie aber
kann ein Produktcontrolling in diesem Umfeld
aussehen?
Klassischer „Top-Down“ Ansatz
Der „klassische“ Lösungsansatz versucht, die
Ergebnisse des Projekts auf die darin befindli-
chen Produkte herunterzubrechen. Auf den
ersten Blick erscheint dies auch nicht sehr her-
ausfordernd, da zumindest die Herstellkosten
der im Projekt verbauten Kosten sowohl im Plan
als auch im Ist leicht ermittelbar sein sollten.
Die Angebotskalkulation im Projektgeschäft er-
folgt häufig „bottom-up“, so dass die Herstell-
kosten pro Produkt verfügbar sind. Sofern das
Projekt detailliert strukturiert wird (Projekt-
strukturplan) und die Istkosten entsprechend
detailliert erfasst werden, steht einem Plan-Ist-
Vergleich auf Produktebene nichts im Wege.
Aber ganz so einfach ist es nicht, denn in einem
Projekt gibt es Kosten, die nur sehr schwer den
darin befindlichen Produkten zugeordnet wer-
den können. Dies gilt insbesondere für Multi-
Produkt-Projekte (vgl. Abbildung 3).
Zunächst sind die Kosten des Projektmanage-
ments (typischerweise interne Leistungen und
Reisekosten) nicht den einzelnen Produkten zu-
zuordnen. Ähnlich verhält es sich bei Sonder-
einzelkosten wie den Kosten für Währungsabsi-
cherung, Versicherungen, Bürgschaften, Bank-
gen. In weiteren Schichten werden Dienstleis-
tungen wie Schulung, Inbetriebnahme und Be-
trieb angeboten und wir haben es endgültig mit
Projekten im Anlagenbau zu tun. Aufgrund der
Historie hat unser Unternehmen aber immer
noch die „Controlling-DNA“ eines Produktunter-
nehmens, zumal einige Baureihen nach wie vor
als Standardprodukte verkauft werden.
Von der Projektfertigung zu Produkten?
Aber auch den umgekehrten Weg von der rei-
nen Projektfertigung hin zu Produkten kann es
geben. In den letzten Jahren sehen wir im Ma-
schinen- und Anlagenbau einen Trend zur Stan-
dardisierung von Baugruppen und Komponen-
ten einer Anlage. Das Ziel besteht darin, das
auftragsspezifische Engineering zu reduzieren,
also vom reinen engineer-to-order einen Schritt
in Richtung configure-to-order zu gehen. Der
Grund ist eine erhoffte Kostenreduktion und
damit eine höhere Wettbewerbsfähigkeit. Letzt-
lich ist die Frage, wie weit der Markt eine
„Punktauslegung“ der Maschine/Anlage (opti-
mal auf die technischen Anforderungen des
Kunden hin konstruiert) honoriert. Wenn wir in
unserem Beispiel die Pumpenanlage jedes Mal
von Grund auf neu konstruieren, erzielen wir
vielleicht einen höheren Wirkungsgrad oder ei-
nen niedrigeren Energieverbrauch. Amortisie-
ren die damit verbundenen Vorteile beim Kun-
den die im Vergleich zu standardisierten Lösun-
gen höheren Kosten nicht in angemessener
Zeit, dann lohnt es sich, über eine Standardi-
sierung zumindest von Baugruppen nachzu-
denken (Baukastensystem, aus dem Anlagen
erstellt werden können). Strebt ein Projektferti-
ger eine solche Standardisierung an und möch-
te vielleicht sogar einzelne Baugruppen auf La-
ger produzieren, sieht er sich mit den Anforde-
rungen eines Produktcontrollings konfrontiert.
Lösungsansätze
Wir gehen davon aus, dass ein Unternehmen
sowohl Produkte als auch Projekte innerhalb
einer Legaleinheit verkauft, wobei die beiden
Bereiche als Profit-Center geführt werden. Die
Produkte werden sowohl direkt an Endkunden
verkauft als auch in Projekten verwendet. Für
die Projekte werden die klassischen Instrumen-
Abb. 3: Multi-Produkt Projektstruktur (vereinfacht)
CM Juli / August 2018