CONTROLLER Magazin 5/2017 - page 20

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Analyse der Kulturdimensionen nach Hofstede
hinausgehen. Der Fokus richtet sich somit nun
im Folgenden auf die seit Jahrhunderten vor-
herrschenden traditionellen Strömungen, die
bis heute einen großen Einfluss auf das Denken
und Handeln der Chinesen haben. Nachfolgend
sollen daher nun der
Konfuzianismus, der
Daoismus und der Legalismus
betrachtet
und ihre (möglichen) Auswirkungen auf das
Controlling erläutert werden.
Der
Konfuzianismus
geht auf die Lehren des
Konfuzius (551-479 vor Christus) zurück. Er bil-
dete mit Beginn des zweiten Jahrhunderts vor
Christus bis zum Aufkommen moderner Ideolo-
gien mit gewissen Unterbrechungen die welt-
anschauliche Grundlage des chinesischen poli-
tischen Systems. Während der gesamten Kai-
serzeit kam dieser traditionellen Philosophie
eine große Bedeutung hinsichtlich der Stabilität
des Reiches zu (Fischer und Müller-Hofstede
2014, S. 608). Ursprünglich konzentrierte sich
die Ideologie auf die Stellung des Menschen in-
nerhalb einer Gesellschaft. Durch die morali-
sche Selbstkultivierung des Einzelnen sollten
politisch und sozial stabile Verhältnisse herge-
stellt werden, was die Existenzsicherung des
Staates gewährleisten sollte. Als ethisch richti-
ges Handeln galt die korrekte Einhaltung der
vorgeschriebenen hierarchischen Beziehungen,
die sogenannten fünf Grundbeziehungen (w
ŭ
lún).
Diese Grundbeziehungen dienten der Herstel-
lung einer hierarchisch strukturierten, harmoni-
schen Gesellschaft (Klein 2007, S. 66).
deutschen Controllings ist somit in China nur
bedingt nachvollziehbar.
Die letzte Kulturdimension
„Konfuzianische
Dynamik“
bezieht sich auf die zeitliche Ori-
entierung der Kulturen, also darauf, ob sie in
ihrem Handeln eher langfristig oder kurzfris-
tig ausgerichtet sind. Kurzfristig orientierte
Gesellschaften legen einen größeren Wert
auf die Vergangenheit und Gegenwart. Sie
bringen Traditionen einen hohen Respekt
entgegen. Langzeitorientierung in Bezug auf
Arbeit und Geschäft werden charakterisiert
durch Ausdauer und Beharrlichkeit, sowie
Hartnäckigkeit beim Verfolgen von Zielen.
Beide Kulturen sind der Langzeitorientierung
zu zuordnen.
Auswirkungen auf das Controlling im deutsch-
chinesischen Kontext:
die langfristige Orientierung beider Kulturen
bildet eine gute Basis für das Controlling. Das
Verständnis über den Sinn zukunftsorientierter
Controlling-Aufgaben und Instrumente ist somit
beiderseits gut nachvollziehbar.
Traditionelle Strömungen in der
chinesischen Kultur und Auswirkungen
auf das Controlling
Natürlich sind es nicht nur die genannten
(messbaren) Kulturdimensionen, welche Ein-
fluss auf die Menschen nehmen, die Controlling
betreiben. Es gibt noch andere Perspektiven
und Einflussfaktoren, derentwegen wir über die
doch zu einigen Missverständnissen führen.
Aus Angst, das Gesicht zu verlieren, kommt es
vor, dass Daten und Informationen „geschönt“
werden. Das sogenannte „Gesicht“ spiegelt
den Status einer Person in der Gesellschaft wi-
der, es kann gegeben oder genommen, ge-
wonnen oder verloren werden.
Auswirkungen auf das Controlling im deutsch-
chinesischen Kontext:
ein großes Risiko besteht bezüglich der reali-
tätsgetreuen und wahrhaftigen Wiedergaben
der Unternehmenssituation im Reporting.
„Unsicherheitsvermeidung“
beschreibt,
wie hoch die Toleranz gegenüber Abweichun-
gen und Uneindeutigkeiten ist. Deutschland
gehört den stärker unsicherheitsvermeidenen
Kulturen an, wohingegen China zu schwäche-
rer Unsicherheitsvermeidung neigt. Das be-
deutet, dass Deutsche sich in einem Netz aus
klar definierten Regeln, Prozessen und Vor-
schriften sicher und wohl fühlen – sie sind
fester Bestandteil des Alltags.
In China hin-
gegen besteht eine sehr viel höhere Tole-
ranz gegenüber Abweichungen von Plä-
nen und der Akzeptanz von
Uneindeutig-
keiten
. Das Bedürfnis nach Struktur und Or-
ganisation ist nicht so groß wie in Deutschland.
Aufgrund seiner spezifischen Anpassung an
die Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft ist
das
deutsche Controlling ein in vielerlei
Hinsicht stark unsicherheitsvermeiden-
des Instrument
. Der Wunsch nach Sicher-
heit ist in der chinesischen Kultur nicht ver-
gleichbar ausgeprägt. Somit bietet diese Kul-
turdimension einen entscheidenden Erklä-
rungsansatz dafür,
warum Controlling in
China nicht so funktionieren kann wie in
Deutschland
und weshalb es bei der Imple-
mentierung große Herausforderungen gibt. In
der chinesischen Kultur sind der Zweck des
Controllings und die Bedeutung von Prozes-
sen und wahrheitsgetreuer Berichterstattung
nur bedingt nachvollziehbar. In der Ausfüh-
rung von Controlling-Aufgaben kann es daher
leicht zu Fehlern kommen.
Auswirkungen auf das Controlling im deutsch-
chinesischen Kontext:
der Wunsch nach Sicherheit ist in der chinesi-
schen Kultur nicht so stark ausgeprägt wie in
der deutschen Kultur; der Grundgedanke des
Autoren
Tamara Jane Klähn
B. Sc. International Business Management East Asia,
Studentin M. Sc. Unternehmensentwicklung.
E-Mail:
Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß
lehrt an der Business School der Technischen Hochschule
Ingolstadt (THI), Dr. rer. nat., MBA Sustainability Manage-
ment, Master of Economics, Controlling Master Programm,
Sustainability Manager in der Automobilindustrie.
E-Mail:
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