CONTROLLER Magazin 5/2017 - page 30

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dargestellt werden. Es sei eine Vollauslastung
der jeweiligen Anlagen angenommen. Mit den
Daten aus Abbildung 2 ergeben sich dann die in
Abbildung 3 aufgeführten Gesamtminima.
Es wurden im Beispiel nur 3 Anlagen für be-
stimmte Mengen betrachtet. Wenn eine ausrei-
chende Nachfrage nach Maschinen besteht,
werden die Anbieter der Maschinen auch für
weitere Jahresmengen Anlagen bauen. Inso-
fern können die Lücken zwischen den Punkten
entweder interpoliert oder konkret durch die
Stückkosten anderer Anlagen bestimmt wer-
den. Dies führt zur Abbildung 4.
Zunächst sei nur der linke Teil der Abbildung 4
betrachtet. Wie erwartet fallen die Stückkosten
bis zu einer Jahresmenge von 100 ME/Pe (ma-
ximale Kapazität der großen Maschine 3) mo-
noton. Aus Sicht des Unternehmens ist dann
c. p. eine Ausweitung der Periodenmengen
sinnvoll, weil immer günstigere Maschinen ein-
gesetzt werden können.
Insbesondere wenn die Mengen sehr stark stei-
gen, würde man nun eine Fortsetzung der fal-
lenden Tendenz erwarten, wie es in sehr vielen
Fällen auch zu beobachten ist. Die tiefere ge-
strichelte Linie im rechten Teil der Abbildung
steht für diese Erwartung. Aber es gibt interes-
santerweise einige Fälle, in denen die totalen
Stückkosten trotz deutlich höherer Mengen
nicht weiter fallen, sondern oberhalb des End-
punktes der linken Funktion laufen. Dies ist
im rechten Teil der Abbildung mit der höheren
Linie abgebildet. Sie fällt zwar auch, aber liegt
weit über dem Endpunkt der linken Linie.
So ein Anstieg dürfte nach der reinen Leh-
re eigentlich nicht existieren.
Eine ähnliche Aufwärtsbewegung gibt es teilweise
bei der Frage nach der optimalen Betriebsgröße.
Hier können größere Betriebe z. B. aufgrund von
Komplexitätskosten unwirtschaftlicher sein als
kleinere, wiederum ausgedrückt durch die totalen
Stückkosten. Es wird die umhüllende Funktion der
totalen Durchschnittskosten gebildet, welche zu-
nächst fällt, aber bei höheren Mengen wieder
steigen kann. Bei der Betrachtung einzelner Anla-
gen sollte so ein Strukturbruch jedoch eigentlich
nicht vorkommen, zumal sich die Betrachtung auf
jeweils voll ausgelastete Anlagen bezieht. Dies
wird im Folgenden näher untersucht.
chen Kostenarten ist nur statthaft, wenn alle
Größen auf den gleichen Zeitpunkt bezogen
sind. Sonst dürfte man sie – wie unterschiedli-
che Währungen – nicht addieren. Die implizite
Prämisse der Kostenrechnung besteht darin,
dass die Kosten zur Periodenmitte anfallen (vgl.
Hoberg (2004), S. 271 ff.), so dass die exakte
Bezeichnung der Einheit €/Pe
„Euro in der Mit-
te der betrachteten Periode“
heißen muss.
Die totalen Stückkosten (in €/ME) ergeben sich
dann aus der Summe von variablen Stückkosten
und den anteiligen Fixkosten pro Stück, die be-
rechnet werden, indem die Periodenfixkosten auf
die Menge an guten Stücken umgelegt werden.
Bei den Kostenfunktionen kann es einige Prob-
leme geben. Zunächst einmal werden sich viele
Kosten im Laufe der Jahre ändern. Die Funkti-
on muss für jede Periode neu bestimmt wer-
den. Dann taucht das Problem auf, wie die In-
vestitionen auf die Jahre verteilt werden sollen.
Gleiches gilt für unregelmäßige Wartungen und
Überholungen. Schließlich ist noch zu fragen,
wie bei Inflation die Kosten auf die Jahre verteilt
werden sollen.
Erfreulicherweise steht mit der
modifizierten
dynamischen Stückkostenrechnung
ein In-
strument zur Verfügung, mit dem all diese Pro-
bleme elegant gelöst werden können (vgl. Ho-
berg (2014b), S. 1817 ff.). Die Vorgehensweise
ist zweistufig:
·
Zunächst werden alle Zahlungen innerhalb
der vorgegebenen Laufzeit erfasst und auf
den Startzeitpunkt t=0 abgezinst. Dazu ge-
hört auch der Restwert am Laufzeitende. Die
einzelnen Barwerte werden dann zur Bar-
wertsumme BWS addiert.
·
Im zweiten Schritt wird die Barwertsumme
auf die Jahre oder Monate verteilt, wozu im
einfachen Fall gleicher Jahreswerte Wieder-
gewinnungsfaktoren (Annuitätenfaktoren)
zum Einsatz kommen (vgl. zu den Wiederge-
winnungsfaktoren z. B. Varnholt/Lebefromm/
Hoberg, S. 480 ff.). In schwierigeren Fällen
kann die modifizierte dynamische Stückkos-
tenrechnung eingesetzt werden, welche die
Zeitstruktur der Raten mit ihren Änderungen
(z. B. für Inflation) berücksichtigen kann.
Wenn die Kosten auf diese Weise erfasst wur-
den, kann mit den dann korrekt ermittelten to-
talen Stückkosten der Gesamtkostenverlauf
es die Abbildung 2 zeigt. Mit zunehmender
Menge werden immer leistungsstärkere Ma-
schinen vorteilhaft. Bis jetzt war von Anlagen
die Rede. Die Zusammenhänge gelten aber
auch für einzelne Maschinen, LKWs, Busse,
Gabelstapler, Flugzeuge, usw.
Besonders
spannend ist es in dynamischen
Märkten, in denen der technische Fort-
schritt zu immer besseren Anlagen führt
. In
eine normale Ausgangssituation, bei der größe-
re Anlagen bei Vollauslastung geringere totale
Stückkosten hatten, kommen z. B. technische
Verbesserungen, die nicht selten eher von klei-
neren jungen Unternehmen vorwärts getrieben
werden, welche noch keine Großanlagen bau-
en. In bestimmten Bereichen
können dann die
mittleren Maschinen bezüglich der Stück-
kosten
billiger werden, so dass die Großanla-
gen ihren wirtschaftlichen Vorteil verlieren. So
werden große Druckmaschinen durch viele
kleine digitale Kopierer/Drucker ersetzt, zumal
letztere den Vorteil größerer Flexibilität bieten.
Kostenfunktionen
Wenn Kostenfunktionen aufgestellt werden,
gelten sie immer nur für eine bestimmte Perio-
de. Da einige Auszahlungen aber für mehrere
Perioden durchgeführt werden (z. B. die An-
schaffungsauszahlungen für Maschinen), muss
eine Aufteilung auf die Perioden erfolgen. Im
Weiteren werden alternative Maschinen immer
bei ihrer jeweiligen Vollauslastung betrachtet.
Zudem soll zunächst die vereinfachende An-
nahme getroffen werden, dass die wirtschaft-
liche Nutzungsdauer aller Anlagen gleich ist.
Folgende Kostenarten der Anlagen sind insbe-
sondere anzuführen:
·
Wertverzehr (kalkulatorische Abschreibung),
·
Kapitalkosten,
·
Direktes Personal (insb. an der Maschine),
·
Rohmaterialverbrauch (Art und Menge),
·
Energie,
·
Verluste durch Ausschuss,
·
Fläche.
Für die jeweiligen Kosten muss noch die Frage
beantwortet werden, ob sie am Anfang, in der
Mitte oder am Ende der betrachteten Periode
anfallen. Eine Verrechnung der unterschiedli-
Strukturbruch in Stückkostenfunktionen
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