CONTROLLER Magazin 5/2017 - page 11

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besserungspotenziale
. Allerdings existieren
gerade im Infrastrukturbereich gesonderte
Kostentreiber für ein hohes NWC. Beispiele
sind die hohe Varianten- und Flottenvielfalt,
zwingende strategische Sicherheitsbestände
(z. B. spezielle Weichen für wichtige Knoten-
punkte), hohe betriebsinterne Bewegungskos-
ten oder überdurchschnittlich lange Lieferzei-
ten und Bestellzyklen.
Anders stellt sich die Lage im Personenver-
kehr dar. Hier weisen die Unternehmen im
Durchschnitt ein NWC von rund 24 Mio. USD
aus. Die meisten Eisenbahnverkehrsunter-
nehmen arbeiten trotz schwierigem wirt-
schaftlichen Umfeld sowohl auf Stufe Kon-
zern als auch in den einzelnen Geschäftsfel-
dern rentabel. Mit einem durchschnittlichen
EBITDA in % des Umsatzes von rund 20%
weist der Benchmark auf Stufe Konzern die
höchste Rentabilität auf. Neben der Realisie-
rung von Skaleneffekten ist dieses Ergebnis
auf die Eigenheiten integrierter Eisenbahn-
verkehrsunternehmen zurückzuführen. Viele
Konzerne sind neben dem Kerngeschäft im
Personen- und Güterverkehr noch in weite-
ren lukrativen Geschäftsfeldern aktiv (z. B.
Immobiliengeschäft).
Das finanziell schwierigste Geschäftsfeld
scheint der Schienengüterverkehr zu sein.
Gründe dafür mögen der hohe logistische Pla-
nungs- und Koordinationsaufwand, die „Starr-
heit“ des Schienennetzes, überlastete Trassen
sowie der Nachrang gegenüber dem Perso-
nenverkehr sein. Nicht zuletzt ist das schlech-
te Abschneiden der Güterverkehrsunterneh-
men auch auf die nach wie vor hohe Attraktivi-
tät des alternativen Verkehrsträgers Straße zu-
rückzuführen.
menen Dienstleistungen häufig nur per
Vorkasse oder Barzahlung erwerben kön-
nen.
Die Erklärung des DPO-Wertes ist kom-
plexer. Mögliche Gründe hierfür könnten sein,
dass Personenverkehrsunternehmen mit ihren
Hauptlieferanten häufig durch langjährige
Partnerschaften verbunden sind oder sogar
Tochtergesellschaften des gleichen Konzerns
sind. Insbesondere in letzterem Fall fällt der
Anreiz für lange Zahlungsfristen weg, da eine
potenzielle Verbesserung für den Konzern in
einem „Nullsummenspiel“ endet.
Die schlechtesten Ergebnisse werden im Infra-
strukturbereich erzielt. Mit einem durchschnitt-
lichen C2C-Cycle von knapp 31 Tagen ist
in
den Infrastrukturunternehmen eindeutig
am meisten Kapital gebunden
und damit der
größte Vorfinanzierungsbedarf vorhanden.
Mit Blick auf das durchschnittliche Nettoum-
laufvermögen (NWC) zeigt sich ein konsisten-
tes Bild. Während im Schienengüterverkehr
und auf Stufe Konzern ein durchschnittliches
NWC von 16 resp. 18 Mio. USD erreicht wird,
ist bei den Infrastrukturunternehmen mit ei-
nem durchschnittlichen NWC von 49 Mio. USD
deutlich mehr Kapital gebunden. Absolut
betrachtet bestehen im Infrastrukturbe-
reich demnach die größten Hebel und Ver-
figkeit der Debitoren, die im Durchschnitt bei 33
Tagen liegt. Bedingt durch die monopolistische
Marktstruktur gelingt es den meisten Eisen-
bahnkonzernen offensichtlich gut,
lange Zah-
lungsziele mit den Lieferanten zu vereinba-
ren und gleichzeitig die Zahlungsfristen der
Kunden relativ kurz anzusetzen
.
Im Schienengüterverkehr wird mit einem C2C-
Cycle von 6 Tagen ein vergleichbarer Wert er-
zielt. Allerdings fällt der DSO mit 41 Tagen et-
was höher und der DPO mit 42 Tagen etwas
tiefer aus als auf Stufe Konzern. Besonders
auffallend ist eine tiefe Lagerreichweite von
durchschnittlich 7 Tagen (DIO), die mitunter
auf die geringen Bestandsniveaus der Schie-
nengüterverkehrsunternehmen zurückzufüh-
ren ist (Instandhaltung und Bewirtschaftung
der Flotte sowie der Streckenunterhalt wird
meist von strategischen Partnern übernom-
men). Im Personenverkehr erreichen die Un-
ternehmen im Durchschnitt einen C2C-Cycle
von knapp 14 Tagen. Während die DIO mit 12
Tagen im Bereich der anderen Benchmark-
Gruppen liegen, fallen im Personenverkehr so-
wohl der durchschnittlichen DSO (30 Tage) als
auch die durchschnittlichen DPO (28 Tage) am
tiefsten aus.
Der DSO-Wert liegt insbeson-
dere darin begründet, dass Kunden im
Personenverkehr die in Anspruch genom-
Abb. 3: Durchschnittliche Kapitalbindungsdauer (C2C-Cycle) je Geschäftsfeld
Abb. 4: Durchschnittliche EBITDA-Marge und NWC je Geschäftsfeld
CM September / Oktober 2017
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