CONTROLLER Magazin 2/2017 - page 22

20
die systemseitige Vordefinition von verpflich-
tend zu pflegenden Reklamationscodes, die
über entsprechende Auswertungen prozessua-
le Schwächen und damit unnötige Kapitalbin-
dung als Folge unterbrochener Zahlungsfristen
in Reklamationsfällen transparent machen so-
wie dadurch die Basis für Prozessverbesserun-
gen bereitstellen können.
Dazu gehört auch die systemseitig überprüfte
Kreditwürdigkeits- bzw. -limitberechnung als
zwingende Voraussetzung für den Abschluss
eines Kundengeschäftes. Zuweilen wird dazu
ferner die systemseitige Fixierung von Standard-
Zahlungsfristen gezählt, die allerdings in vielen
Unternehmen insbesondere aus Wettbewerbs-
gründen einer kunden- bzw. auftragsklassen-
bezogenen Differenzierung von Zahlungsfristen
gewichen ist.
Konsequente Incentivierung
Schließlich ist eine konsequente Incentivie-
rungspraxis ein wichtiger Hebel im Rahmen
eines nachhaltigen Working Capital Manage-
ments. Je eindeutiger volumens- und oder
zeitraumbezogene Working Capital-Kennzah-
len mit Incentivierungsgrößen verbunden
sind, desto eher werden sie das vom Unter-
nehmen beabsichtigte Verhalten der verant-
wortlichen Führungskräfte und Mitarbeiter
und die Einhaltung damit verbundener Pro-
zessstandards entsprechend nachhaltig indu-
zieren bzw. forcieren.
Vereinbar mit der Corporate Governance?
Neben derartigen Themen beeinflusst auch die
grundsätzliche Unternehmensausrichtung in
Form der Corporate Governance das Working
Capital Management und dessen Nachhaltig-
keit. In diesem Kontext stellt sich etwa die Fra-
ge, ob ein aggressives Working Capital Ma-
nagement, welches häufig insbesondere Liefe-
ranten bei den Zahlungsfristen stärker unter
Druck setzt, so dass diese, wenn sie mit dem
Unternehmen Geschäft machen wollen, länger
auf ihr Geld warten müssen, in Einklang steht
mit den die Corporate Governance prägenden
Unternehmenswerten und Prinzipien. Gleiches
gilt für die Praxis des so genannten Year End-
Verständnis und Nachvollziehbarkeit
bei den Prozessbeteiligten
Das funktioniert aber nur, wenn diese verstan-
den haben, wie ihre eigenen Aktivitäten mit den
vor- und nachgelagerten Prozessen zusam-
menhängen. Beispielsweise muss ein Mitarbei-
ter in der Debitorenbuchhaltung verstehen,
dass ein verspätetes Bearbeiten bzw. Versen-
den von Rechnungen zu einer Erhöhung der Ka-
pitalbindung im Umlaufvermögen führen kann
bzw. zu einer Verlängerung der Forderungslauf-
zeit. Letztere erfordert als Kennzahl ebenfalls
eine Erläuterung insbesondere bei operativen
Führungskräften und deren Mitarbeitern, die
ohne entsprechende Einweisung häufig nicht
verstehen, wie sich zeitraumbezogene Kenn-
zahlen berechnen und welchen Sinn diese
überhaupt hinsichtlich der Working Capital-
Steuerung haben.
Automatisierung von Prozessen
Daneben stellt die systembasierte Automatisie-
rung von Prozessen eine wichtige Facette eines
nachhaltigen Working Capital Managements
dar. Dazu gehört etwa eine systemunterstützte
Steuerung des Mahnprozesses, die einen zwei-
bzw. dreistufigen Automatismus mit Kreditstop
für den Kunden als Ultima Ratio generiert und
zugleich Ausnahmen nur über abgestimmte
Genehmigungsroutinen zwischen Vertrieb und
Finanzen zulässt. Ein weiteres Beispiel betrifft
und ihrer Wirkungen auf das Working Capi-
tal.
Dies schließt eine Synthese von volumen-
basierten (Net Working Capital, potenziell er-
gänzt durch Net Working Capital-Intensität)
und zeitbezogenen Messgrößen (Cash Cycle
bzw. Liquiditätszyklus mit den Subkategorien
Days Sales Outstanding bzw. Forderungsreich-
weite, Days Inventory Held bzw. Bestands-
reichweite und Days Payables Outstanding
bzw. Verbindlichkeitenreichweite) in einem
übergreifenden Kennzahlensystem ausdrück-
lich ein. Eine prozessbasierte und funktions-
übergreifende Steuerung des Working Capitals
ermöglicht die nachhaltige Erschließung von
Potenzialen zu größerer Innenfinanzierungs-
kraft infolge von effizienterer Liquiditätsgene-
rierung aus eigener Kraft, mit der Folge höherer
operativer Cash Flows und damit der Generie-
rung von mehr Unternehmenswert.
Facetten eines nachhaltigen
Working Capital Managements
Grundsätzlich ist zu betonen, dass eine schrift-
liche Fixierung von Rahmenbedingungen so-
wohl Stringenz als auch Nachhaltigkeit im
Working Capital Management unterstützt und
damit dessen Kontinuität fördert. Dazu müs-
sen nicht notwendigerweise umfangreiche
Richtlinien erstellt werden, solange die we-
sentlichen Abläufe sowie zugehörigen Rechte
und Pflichten für die Prozessbeteiligten klar
und abrufbar sind.
Abb. 2: Operativer Geschäftszyklus und Liquiditätszyklus
Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor im WCM
1...,12,13,14,15,16,17,18,19,20,21 23,24,25,26,27,28,29,30,31,32,...116
Powered by FlippingBook