CONTROLLER Magazin 2/2017 - page 29

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Controller haben heute den Anspruch, das
Management in allen wichtigen Fragen zu un-
terstützen. Ein Business Partner soll sich da-
für in den Märkten des Unternehmens eben-
so auskennen wie in den unterschiedlichen
internen Funktionen. Geschäftsverständnis
ist gefordert.
Schaut man auf die Entwicklung der Controller
in den letzten Jahren, haben sie diesem An-
spruch durchaus Taten folgen lassen. Folgt
man den Ergebnissen unseres WHU Controller
Panels, sind Controller heute z. B. im Vertrieb
und der Beschaffung deutlich stärker vertre-
ten als noch vor zehn Jahren. Auch die Unter-
nehmensstrategie ist kein unbekanntes Ter-
rain mehr für die Controller, obwohl hier noch
Luft nach oben besteht. Andere Bereiche war-
ten dagegen noch darauf, dass die Controller
ihre Business Partner-Rolle ernst nehmen. Ein
weitgehend weißes Feld ist in den meisten Un-
ternehmen die Forschung und Entwicklung,
unterentwickelt z. B. der Bereich des Logistik-
Controllings. Mir geht es heute um ein weiteres
Segment, die Personalwirtschaft bzw. – mo-
derner betitelt – das Human Resource Manage-
ment (HR).
Schaut man auf die dort ablaufenden Prozesse,
so wird man zunächst mit mehr oder weniger
standardisierten Dienstleistungsprozessen
konfrontiert, die sehr sorgfältig und präzise
durchgeführt werden müssen, nicht zuletzt
wegen der vielfältigen rechtlichen Anforderun-
gen, denen das Unternehmen genügen muss.
Auch deswegen haben sich Controller mit per-
sonalwirtschaftlichen Prozessen in der Vergan-
genheit nur in Ausnahmefällen beschäftigt – zu
Unrecht, wie sich jetzt zumindest in großen Un-
ternehmen zeigt: Die transaktionalen Dienst-
leistungen im Personalbereich sind lohnende
Objekte für Standardisierung und Automatisie-
rung ebenso wie zur Auslagerung in Shared
Service Center, seien diese selbst betrieben
oder von Dritten eingekauft. Wer als Controller
nach Effizienzreserven Ausschau hält, könnte
hier fündig werden.
Ein weiterer Grund, die Personalwirtschaft
stärker in den Fokus zu nehmen, liegt im Be-
reich der strategischen Ausrichtung. Viele
Branchen in Deutschland sind in ihrem Überle-
ben davon abhängig, hervorragende Mitarbei-
ter zu gewinnen und zu halten. Hierzu bedarf es
einer entsprechenden Personalstrategie. Sie
muss eng mit der Unternehmensstrategie ver-
netzt werden. Nur so kann sie wirkungsvoll und
effizient zugleich sein. Wenn Controller in die
strategische Weiterentwicklung ihres Unter-
nehmens eingebunden sein wollen, müssen sie
die Personalstrategie kennen bzw. – fehlt eine
solche – insistieren, dass sie entwickelt wird.
Aus dieser wären dann auch die Steuerungs-
größen abzuleiten, die bei ihrer Umsetzung
wichtig sind.
Wie viele personalwirtschaftliche Steuerungs-
größen auf Top-Ebene („Key Performance In-
dicators“) hat Ihr Unternehmen? Sind Größen
wie Mitarbeiterfluktuation, Diversity, Kranken-
stand oder Mitarbeiterzufriedenheit solche, die
auch außerhalb des Personalbereichs disku-
tiert werden? Sind sie Teil des operativen Pla-
nungsprozesses Ihres Unternehmens, machen
sie wichtige Facetten der Unternehmensstra-
tegie aus? Gibt es Sollwerte für sie? Werden
sie reportet? Was passiert, wenn die Ziele ver-
fehlt werden?
Meiner Erfahrung nach müssen Controller bei
den Antworten häufig passen. Selbst in den
DAX 30-Unternehmen, die eng mit unserem
Institut zusammenarbeiten, sind die Konzern-
controller im Wesentlichen nur an den FTE
(Full Time Equivalents)-Zahlen interessiert.
Offensichtlich werden Themen, die die Be-
zeichnung eines strategischen Human Re-
source Managements wirklich verdienen,
nicht in die Unternehmensstrategie integriert,
zumindest nicht so, dass dies den Controllern
bewusst ist. Robert Kaplan hat sich bei der
Konstruktion der Balanced Scorecard etwas
anderes vorgestellt, als er eine Lern- und Ent-
wicklungsperspektive vorsah. Sie geht zwar
über personalwirtschaftliche Fragen hinaus,
hat aber doch dort einen wesentlichen Kern.
Aber wir wissen ja, dass sich die BSC deutlich
weniger in der Praxis durchgesetzt hat als er-
wartet. Schade eigentlich.
Autor
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber
ist Direktor des Instituts für Management und Controlling
(IMC) der WHU – Otto Beisheim School of Management Cam-
pus Vallendar, Burgplatz 2, D-56179 Vallendar;
controlling. Er ist zudem Vorsitzender des Kuratoriums des
Internationalen Controller Vereins (ICV).
E-Mail:
CM März / April 2017
Was hat Controlling mit
HR zu tun?
von Jürgen Weber
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