CONTROLLER Magazin 2/2017 - page 21

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her nicht oder nicht nachhaltig in einen institu-
tionellen Rahmen gegossen haben, dieses
stattdessen je nach Problemlage adhoc- und
projektbezogen betreiben und demzufolge we-
der über explizite working-capital-bezogene
Richtlinien noch über fest installierte spezifi-
sche Berichte oder Kennzahlen(-systeme) und
auch nicht über eine klare Governance verfügen.
Zwei unterschiedliche
Ausprägungen des Working
Capital Managements
Trotz der Tatsache, dass sich bis heute in der
Literatur keine einheitliche Definition zum Wor-
king Capital durchgesetzt hat, ist dennoch zu
konstatieren, dass sich Definition und Berech-
nung des Working Capitals in den Unterneh-
men zumeist aus der Summe der operativen
Umlaufvermögen-Positionen Vorräte, Forde-
rungen aus Lieferungen und Leistungen, ge-
leistete Anzahlungen sowie sonstige kurzfristi-
ge Forderungen abzüglich der operativen kurz-
fristigen Verbindlichkeiten-Positionen, Verbind-
lichkeiten aus Lieferungen und Leistungen,
erhaltene Anzahlungen, operative Rückstellun-
gen sowie sonstige kurzfristige Verbindlichkei-
ten ergeben, wobei die dieser Berechnung zu
Grunde liegende Netto-Betrachtung im Sinne
eines Net Working Capitals bzw. Nettoumlauf-
vermögens offensichtlich wird. Dabei ist grund-
sätzlich zu unterscheiden in positive, negative
und ausgeglichene Working Capital-Positio-
nen, was einerseits eine Folge der verfolgten
Strategie im Working Capital Management ist,
andererseits aber auch von den Strukturen der
zugehörigen Unternehmensbranche und ihren
Auswirkungen auf die Bilanz der jeweiligen Un-
ternehmen abhängig ist.
Eine tendenziell negativ geprägte Net Working
Capital-Position, bei der in der Regel ein Teil
des Anlagevermögens kurzfristig finanziert ist,
korrespondiert zumeist mit einem
aggressi-
ven Working Capital Management
, welches
durch eine vergleichsweise stärkere Berück-
sichtigung standardisierter Vorgehensweisen,
durch eine grundsätzlich positive Risiko-Ein-
stellung sowie durch relativ kompromisslose
Linien beispielsweise beim Zahlungsmanage-
ment, beim Eskalationsmanagement oder bei
der Incentivierungspraxis gekennzeichnet ist,
wohingegen eine positive Net Working Capital-
Position, die mit einer Situation einhergeht, bei
der ein Teil des Umlaufvermögens langfristig
finanziert ist, einer
konservativ geprägten
Working Capital Management-Philosophie
folgt, die situativ ausgelegte Vorgehensweisen
bevorzugt, eine stärkere Tendenz zur Risiko-
vermeidung aufweist sowie kompromissberei-
ter in der Prozessgestaltung und -auslegung
ist. Neben dieser volumensbezogenen Be-
trachtung des Working Capitals bietet die zeit-
bezogene, in Form von Tagen der Working Ca-
pital-Bindung ausgewiesene Betrachtung die
Möglichkeit einer prozessbasierten Sicht auf
die operativen Treiber des Working Capitals
und damit einer Differenzierung in Forde-
rungs-, Bestands- und Verbindlichkeitenma-
nagement.
Synthese von Messgrößen
in einem übergreifenden
Kennzahlensystem
Erst eine detaillierte prozessbasierte Analyse,
wo, wie viel, wie lange und warum in der unter-
nehmerischen Wertschöpfung Working Capital
gebunden wird, ebnet den Weg zu einem effek-
tiven Management desselben. Dies schafft
Transparenz über prozessbasierte Ursachen für
die Bindung finanzieller Mittel in Umlaufvermö-
gen und kurzfristigen Verbindlichkeiten.
Eine
solche prozessual ausgewiesene Transpa-
renz über die Treiber des Working Capitals
im Unternehmen muss flankiert werden
durch eine kontinuierliche Messung und
Überwachung der Treiberausprägungen
Abb. 1: Working Capital-Prozessbetrachtung in der unternehmerischen Wertkette
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