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Abschöpfung von Abnehmerrenten, erfordert
allerdings die kostenorientierte Bestimmung
von Preisuntergrenzen (z. B. via Break-even-
Analyse).
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Online-
Verkäuferauktionen
z. B.
von Lizenzen, Übertragungsrechten oder Luxus-
gütern ermöglichen eine effektive und effizien-
te Abschöpfung von Konsumentenrenten auf-
grund der globalen Reichweite und der niedri-
gen Durchführungskosten.
Eine erfolgskritische Option der Flexibilisierung
sind die
ergebnisvariablen Bemessungsgrö-
ßen (z. B. Pay-per-Use) anstelle von fixen
Bemessungsgrößen
. Anlagenhersteller verkau-
fen demgemäß keine Anlagen noch vermieten
sie diese. Vielmehr wird ihre Leistung anhand der
jeweiligen Anlagenverfügbarkeit gemessen. Fle-
xibilität zeigt sich ferner in der modularisierten
Vermarktung von Leistungen, die ansonsten als
standardisiertes Bündel bepreist werden. Die-
ses
Unbundling
mündet in kundengerechten à
la carte-Angeboten, etwa beim Content von
Zeitungen oder bei Einbauküchen. Auch das
risikofokussierte Preismanagement
erfährt
eine kosteneffiziente Perfektionierung. Hier
spiegeln Preise die Übernahme von Risiken wi-
der, etwa die Überwälzung von Einkaufspreis-
risiken durch Preisgleitklauseln oder Vertrags-
strafen. Das so genannte Contingent Pricing
berücksichtigt Unsicherheiten im zeitlichen
Auftreten der Nachfrage, z. B. durch Rück-
kaufoptionen für Frühbuchertickets.
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Integriertes Pricing
Hiermit kann man mehrere Transaktionen si-
multan optimieren. Die Integration erfolgt dabei
einerseits über mehrere Abnehmergruppen,
andererseits über mehrere Leistungen, etwa
mittels Umsatzrabatten zur Förderung von
Cross-Selling oder Vielfliegerprogramme. Das
Bundle Pricing
, z. B. Smartphone und Vertrag
mationen, Gefahr der Rückwärts- oder Vor-
wärtsintegration) erfordern eine diversifizierte
Infrastrukturbasis.
Angesichts der Paradigmen-Vielfalt ist zu klä-
ren, welche Konsequenzen sich für das Preis-
controlling ergeben. Hier zeichnen sich in An-
lehnung an die intensiv diskutierten Perspekti-
ven der Controlling-Sparte „Budgetierung“ zwei
unterschiedlich radikale Entwicklungsszenarien
ab: Das Better Pricing-Szenario und das Bey-
ond Pricing-Szenario.
Better Pricing-Szenario
Dieses moderate Szenario basiert auf dem
Transaktionsparadigma. Es beheimatet zwei
Cluster von Verbesserungsansätzen: Das flexi-
ble Pricing und das integrierte Pricing.
Flexibles Pricing
Eine flexible Leistungs- und Preisgestaltung
entspricht eher dem Kundenbedarf und erlaubt
eine bessere Abschöpfung der Preisbereit-
schaft des Kunden. Im Brennpunkt der
perfek-
tionierten Preisdifferenzierung
steht – ne-
ben neuen Rabattformen wie Frühbucherrabat-
te oder Last-Minute-Angebote – das Dynamic
Pricing: Dank unterstützender digitaler Infra-
strukturen erfolgt hier eine kostengünstige und
reaktionsschnelle Preisdifferenzierung in Ab-
hängigkeit von einer Vielzahl von Faktoren: Die
Palette umfasst den zeitlichen Verlauf der
Nachfrage, den Auslastungsgrad von Netzen
oder Verkehrswegen (z. B. Road Pricing mittels
Staugebühren), die gewählte Zahlungsform,
die Preispolitik von Konkurrenten oder durch
Cookies erfasste Kundenmerkmale. Das On-
line-Reverse Pricing („Name your price“, „Pay
what you want“) erlaubt eine kundenorientierte
tet werden. Eine Kundengruppe (z. B. EVUs
und Autovermieter im E-Mobilitätsgeschäft)
fungiert deshalb als so genannter Komple-
mentor, weil sie komplementäre Leistungen
(z. B. Ladestationen, Carsharing-Angebote) für
die anderen Kundengruppen (E-Fahrzeug-
Hersteller) beisteuern. Eine zentrale Heraus-
forderungen für das Pricing ist die Quersub-
ventionierung zwischen den Produkten: Hier
wird eine Leistung zum Nulltarif angeboten,
weil sie durch eine komplementäre, entgelt-
liche Leistung finanziert wird.
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Modularisie-
rung
erlaubt die baukastenförmige Konstrukti-
on und Vermarktung von Sachleistungen (z. B.
Sattelschlepper, Einbauküchen) und Dienst-
leistungen (z. B. Versicherungen) und dient als
Basis für Mass Customizing-Strategien. Durch
einen Preisbaukasten lassen sich die Ziele der
Kostenorientierung und der Kundenorientie-
rung gleichzeitig verfolgen.
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Zusammen mit weiteren Einflussfaktoren ha-
ben die skizzierten Trends zur Generierung al-
ternativer Paradigmen im Preismanagement
geführt. Als Gegenpol zum klassischen
Trans-
aktionsparadigma
hat sich das
Koordinati-
onsparadigma
etabliert, wie Abbildung 1 an-
hand der zentralen Spezifikationsmerkmale
veranschaulicht.
Im Koordinationsparadigma wird die Tatsache
berücksichtigt, dass die traditionelle Arbeitstei-
lung zwischen Hersteller und Abnehmer durch
hybride Doppelrollenansätze verdrängt wird, die
zu Wortneuschöpfungen wie „Co-Producing“
und „Prosuming“ geführt haben
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: Der Kunde
übernimmt eine Doppelrolle als Abnehmer und
Lieferant innerhalb eines interaktiven Wert-
schöpfungsprozesses. Das Wertschöpfungser-
gebnis ist sowohl qualitativ, etwa im Hinblick
auf maßgeschneiderte Solutions oder Innovati-
vität, als auch quantitativ vom Kundenverhalten
abhängig und dieses wiederum von den einge-
setzten Steuerungsparametern. Im Gegensatz
zum Transaktionsparadigma steht nicht die
preisbasierte Aufteilung eines fixierten Mehr-
werts auf Hersteller bzw. Abnehmer im Vorder-
grund. Vielmehr fungieren simultan der Wert-
schöpfungsumfang und die Wertschöpfungs-
anteile als Performance-Indikatoren für das Pri-
cing. Sowohl das spezifische Chancenpotenzial
(höhere Wertschöpfung) als auch das Risikopo-
tenzial (z. B. Offenlegung von sensiblen Infor-
Autor
Prof. Dr. Michael Reiss
ist Professor am Lehrstuhl für Organisation an der Universität
Stuttgart. Seine Forschungsgebiete sind Netzwerkorganisation,
Business Relationship Management, Change Management,
Projektorganisation und strategisches Controlling.
E-Mail:
CM März / April 2017