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Servitization in der Industrie die Ersetzung von
Sachleistungen durch Dienstleistungen, etwa
Mobilität statt Fahrzeuge oder Betreibermodel-
le statt Verkauf,
was verallgemeinert in die
Formel „Everything as a service (XaaS)“
mündet
. Hierdurch ändern sich nicht nur die
Entgeltformen, sondern auch die Koordinati-
onsformen (z. B. Zielvereinbarungen, SLAs) so-
wie die Performance-Kriterien, etwa die Ver-
fügbarkeit von Kapazitäten (High Availability)
oder die Anzahl der vom Kunden erfolgreich ge-
fertigten Produkte.
Die Pricing-Relevanz der
Marketization
, also
der generalisierenden Anwendung der markt-
wirtschaftlichen Koordination über Preise
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,
zeigt sich primär in den Bemühungen, „den
Markt ins Unternehmen zu holen“, wofür aus-
gehandelte Verrechnungspreise auf konzern-
internen Märkte und Lenkpreise benötigt wer-
den.
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Durch den
Projectification-Trend
wer-
den Geschäfte nicht als routinisierte Standard-
aufgaben (z. B. katalogbasierte Lieferung)
gesteuert, sondern als relativ einmalig auftre-
tende Sonderaufgaben, die maßgeschneiderte
Lösungen (Solutions) erfordern. Preise werden
folglich nicht in Preislisten erfasst, sondern
projektspezifisch ausgehandelt. Dreh- und An-
gelpunkt der
zwei- oder mehrseitigen
Märkte
sind Plattformprodukte wie z. B. Fahr-
zeuge, Medien, Events, Anlagen oder Be-
triebssysteme.
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Sie beherbergen zwei oder
mehr Leistungen, die an dieselben oder an un-
terschiedliche (aber durch Geschäftsbeziehun-
gen verbundene) Abnehmergruppen vermark-
Gestalt von Abholung, Selbstbeteiligungen und
Schadensminderungspflichten. Sowohl das
Downstream- als auch das Upstream-Insour-
cing haben einen Einfluss auf das Preisma-
nagement.
Kontextveränderungen
Eine Neupositionierung des Preiscontrollings
wird ferner erforderlich angesichts zahlreicher
Veränderungen in den Rahmenbedingungen
des Preismanagements. Zum einen handelt
es sich dabei um
controllingendogene
Ver-
änderungen, etwa die Integration des Preis-
managements in das Revenue Management
oder Gewinnmanagement, sprich den Über-
gang von der „Absatzmengen-Ideologie“ zur
gewinnorientierten simultanen Preis-Leistungs-
Optimierung.
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Die
controllingexogenen
Ver-
änderungen ergeben sich aus breit angelegten
Trends, die als Treiber und Enabler von Innova-
tionen im Preismanagement fungieren: Im Zuge
der
Digitalisierung
erfolgt ein radikaler Wan-
del der elektronischen Infrastruktur sowohl für
die Produktionssphäre (z. B. Internet der Dinge,
Industrie 4.0) als auch für die Transaktions-
sphäre, etwa E-Commerce, digitale Produkte,
Web-basierte Kommunikation, Telematik und
Online-Zahlungsabwicklung.
Bei der
Servitization
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geht es nicht primär um
produktbegleitende Services, also um das An-
gebot hybrider Produkt-Service-Kombinatio-
nen (z. B. Ford Flatrate). Vielmehr bezeichnet
von Kundenseite, Produktinformationen von
Herstellerseite),
Logistik-Dienste
(z. B. Abho-
lung, informationslogistische Download-Ope-
rationen), grundlegende Financial Services wie
Billing und Fakturierung sowie
Risk Manage-
ment-Services:
Hier reicht das Spektrum von
Garantieleistungen und Bonitätsprüfung über
Vorkasse und Kautionen bis hin zu Festpreis-
garantie und Virenschutz. Die Anteile dieser
derivativen Leistungen am gesamten Wert-
schöpfungsvolumen können beträchtlich aus-
fallen: So kann man beispielsweise anhand
der Incoterms nachvollziehen, wie sich einige
dieser Unterstützungsleistungen in der Preis-
gestaltung niederschlagen.
Rollenassimilation
Während das stringente klassische Transakti-
onsparadigma von einer asymmetrischen Rol-
lenverteilung und Arbeitsteilung zwischen den
Wertschöpfungsakteuren ausgeht, findet fak-
tisch eine partielle Angleichung der Wert-
schöpfungsrollen statt: Beide Transaktions-
partner steuern Beiträge zur Wertschöpfung
bei. Die Rollenangleichung vollzieht sich ent-
lang der Supply Chain in beiden Richtungen:
Beim Downstream-Insourcing übernimmt der
Hersteller beispielsweise Risiken in den Pro-
duktions- oder Konsumtionsprozessen des Ab-
nehmers, etwa durch Rücknahmen im Ver-
sandhandel. Beim Upstream-Insourcing über-
nimmt umgekehrt der Abnehmer die Bereitstel-
lung von Unterstützungsleistungen, etwa in
Abb. 1: Paradigmen des Preismanagements
Preiscontrolling zwischen „Better Pricing“ und „Beyond Pricing“