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Varianten der Kundeninvolvierung
Über den gesamten Wertschöpfungsprozess
speist der Kunde sein „Wissen über den
Markt“ ein. Diese
Co-Market Intelligence
ist
keinesfalls auf Informationen über die eigenen
Bedarfe beschränkt, die sich mit Hilfe von
herkömmlichen Instrumenten der Marktfor-
schung ermitteln lassen: Vielmehr dienen
Web-Infrastrukturen als Enabler zur Erfas-
sung von Click-streams, Web-Analytics sowie
zum Einsatz von Cookies. Eine besonders
markante Form der Preisgabe von Informatio-
nen durch den Kunden sind beispielsweise die
Telematik-Tarife in der Autoversicherung. Im
Rahmen des Customer Feedback liefert der
Kunde dem Hersteller sein Wissen über die
Stärken und Schwächen der Produkte. Dies
geschieht über Beschwerde- und Vorschlags-
systeme sowie Erfahrungs- und Fehlerberich-
te. In der Einführungsphase von Neuproduk-
ten steuern Pilotanwender oder Teilnehmer
von Beta-Programmen ihre Erprobungsergeb-
nisse bei. Beim
Co-Marketing
übernimmt der
Kunde mehrere Promotions- und Distributi-
onsfunktionen im Downstream-Sektor der
Supply Chain. Sein Wertschöpfungsbeitrag
besteht im Aufbau eines akquisitorischen Po-
tenzials für das Herstellerprodukt durch Testi-
monials, gesteuerte Mundpropaganda, Kun-
denwerbung, Übernahme der Rolle des Refe-
renzkunden bis hin zur Fahrzeugabholung und
schen Arbeitsteilung entlang der Supply Chain
bewegt. Zwar hat bereits eine extensive Be-
schäftigung mit solchen interaktiven Wert-
schöpfungsarchitekturen oder Formen der
Kundenintegration stattgefunden, jedoch
wurden die Spezifika des Preiscontrollings
kaum näher untersucht.
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Pricing bezweckt
hier nicht die Bestimmung optimaler Entgelte,
sondern die effektive und effiziente Abstim-
mung von Hersteller und Kunden im Rahmen
interaktiver Wertschöpfungsarchitekturen ge-
mäß dem Koordinationsparadigma (vgl. Abbil-
dung 1). Innerhalb der zum Einsatz kommen-
den Koordinationsparameter entsprechen
„Anreize“ dem Preisparameter im Transakti-
onsparadigma. Zwischen Anreizen und Wert-
schöpfung besteht eine wechselseitige Ab-
hängigkeit: Anreize beeinflussen die Höhe der
Wertschöpfung, deren Aufteilung umgekehrt
die Höhe der Anreize.
Abbildung 2 vermittelt einen Überblick über
die Varianten der Involvierung von Kunden in
die interaktive Wertschöpfung. Dabei nimmt
die Intensität der Kundeninvolvierung über die
Zeilen der Abbildung 2 von der Involvierung im
Downstream-Bereich der Supply Chain (unte-
re Zeilen) zur Upstream-Involvierung in den
oberen Zeilen stetig zu. Zur Charakterisierung
dieser Interaktivität hat sich ein „Co“-Wording
eingebürgert:
oder All Inclusive-Angebote, gibt u. a. Einspa-
rungen bei den Transaktionskosten (z. B. Kos-
ten der Kundenakquisition) an den Kunden wei-
ter.
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Im Fall von Integralpreisen bieten Herstel-
ler oder Systemintegratoren die Kompatibilität
und Interoperabilität als integrative Zusatzleis-
tung an. Bei
Freemium-Angeboten
wird eine
Grundleistung gratis angeboten, während für
Premium-Leistungen ein Entgelt verlangt wird.
Flatrates
, etwa bei Verkehrs- oder Telekom-
munikations-Services, basieren auf einer impli-
ziten Preisdiskriminierung über mehrere Ab-
nehmergruppen mit unterschiedlichem Nut-
zungsverhalten. Dabei subventionieren Wenig-
nutzer die Intensivnutzer.
Die Vorteile von flexiblem und von integ-
riertem Pricing lassen sich kombinieren.
Der Klassiker unter diesen zweigleisigen Ent-
geltsystemen ist die – aus der Versorgung mit
Energieleistungen bekannte – Kombination von
fixer Grundgebühr und verbrauchsabhängigen
Entgelten.
Beyond Pricing-Szenario
Das Beyond Pricing-Szenario fokussiert Wert-
schöpfungsarchitekturen, die das Transaktions-
paradigma sprengen. Sie basieren auf einer
intensiveren Involvierung des Abnehmers in die
Wertschöpfung, die sich jenseits der klassi-
Abb. 2: Kundeninvolvierung und anreizfokussierte Kundensteuerung
Preiscontrolling zwischen „Better Pricing“ und „Beyond Pricing“