CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 31

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Die fähigsten Führungskräfte können nicht in
der Lage sein, die
richtigen Entscheidungen
zu treffen, wenn nicht die
grundlegenden be-
triebswirtschaftlichen Fakten zur richtigen
Zeit zur Verfügung
stehen. Als Seminarleiter
im Ausbildungsprogramm für Führungskräfte
oder im Zuge meiner Beratungstätigkeit, erfah-
re ich vor allem aus kleineren und mittelständi-
schen Unternehmen immer noch häufig, dass
z. B. die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
mit ihren Kosten- und Erlösveränderungen im
Jahresvergleich als eines der wichtigsten ope-
rativen Steuerungsinstrumente verwendet
wird. Das stimmt mich nachdenklich. Natürlich,
erst wenn man die alternativen
Instrumente,
deren Anwendungsmöglichkeit und Aussa-
gekraft
kennt, kann einem bewusst werden,
wie viel der
möglichen Steuerbarkeit
über
die Jahre ungenutzt geblieben ist. Zum Glück
heißt das ja nicht gleich, dass das Unterneh-
men deswegen zu Grunde gehen muss. Es
stellt sich jedoch die Frage, um wie viel besser
heute das Ergebnis in so manchen Firmen sein
könnte, wenn in der Vergangenheit jeweils die
besseren Entscheidungen getroffen worden
wären? Darauf werden wir keine Antworten
finden können und dies soll zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt auch nicht mehr von Interesse
sein. Von Bedeutung ist, dass man die
Chance
erkennt und die Entscheidungsvorausset-
zungen optimiert, den harmonischen Ent-
scheidungs-Dreiklang
herstellt.
Um jedoch keine überzogenen Erwartungen,
keine falschen Vorstellungen von der Zukunfts-
gestaltung zu bekommen, ist eines wichtig, klar
darzustellen: In vielen Situationen kann zwar
mit dem richtigen Dreiklang eine klare Ent-
scheidungssituation hergestellt werden, es wird
aber immer auch Entscheidungssituationen ge-
ben, die keine sichere Aussage ermöglichen –
dann allerdings sollte man sich dieser Un-
sicherheit bewusst sein. Jedoch in den Situa-
tionen, wo klare Entscheidungen mit dem rich-
tigen Dreiklang möglich sind, sollte dies auch
genutzt werden. Beschäftigen wir uns nun zu-
erst mit Grundlagen, die für die Controller groß-
teils klar sind, zumindest sein sollten.
Rechnungswesen- und Controlling-
Werkzeuge als Grundlage
Hat ein Unternehmen mehr als ein Produkt im
Portfolio, reicht die GuV nach dem Gesamt-
kostenverfahren (GKV) nicht aus, um z. B. den
Sortimentsmix zu optimieren. Um Fragen be-
antworten zu können, welches Produkt, wel-
che Dienstleistung gewinnbringender ist und
deshalb verstärkt verkauft werden soll, zu wel-
chem Preis, mit welchen Rabatten bei welcher
Menge, benötigen Sie eine
differenzierte
Kalkulation
und die
mehrstufige Deckungs-
beitragsrechnung
. Ich hebe noch einmal
hervor – um also auf die genannten Fragen die
richtige Antwort zu finden, brauchen Sie nicht
Glück, sondern die richtige Toolbox. In Abbil-
dung 2 finden Sie eine Liste mit Rechnungs-
wesen- und Controlling-Werkzeugen, die Ih-
nen als
Checkliste
dienen soll. Überprüfen
Sie, welche dieser Werkzeuge Sie davon im
Einsatz haben. Bitte berücksichtigen Sie, dass
nicht alle Werkzeuge für jedes Unternehmen
gleichbedeutend sind. Die eben angesproche-
nen Controlling-Instrumente sind in der Liste
die
Werkzeuge 1 bis 4
. Diese sind
Pflichtin-
strumente
und haben heute auch die aller-
meisten Unternehmen in Verwendung.
Die
Frage ist jedoch, ob auch die Qualität
passt?
Sie können im Team eine Beurteilung
Ihrer eigenen Instrumente vornehmen, wobei
Fünf die maximale Punktezahl darstellt. Ohne
die für Controller selbstverständliche Liste ge-
nauer zu besprechen, möchte ich feststellen,
dass manche sehr moderne und im Moment
viel diskutierte Instrumente erst sinnvoll einzu-
setzen sind, wenn grundlegendere Werkzeuge
bereits vorhanden sind und richtig verwendet
werden. Ich denke dabei z. B. an die im Mo-
ment viel diskutierte Thematik von Big Data
(Punkt 19 in Abbildung 2).
Prozesse und Organisations-
strukturen aus Gesamtunterneh-
menssicht
Vor kurzem hatte ich eine Geschäftsführerin ei-
ner Organisation mit ca. 1.500 Mitarbeitern im
Führungskräfteprogramm, die voller Stolz er-
klärt hat, dass jede Entscheidung über ihren
Schreibtisch geht. Ist das gut? Kann das gut
sein? Wohl nur in seltenen Ausnahmen. Schon
fast müßig zu erwähnen ist, dass die sich heu-
te gravierend und
sehr schnell verändernden
Kundenbedürfnisse
und Wettbewerbsbedin-
gungen für sehr viele Unternehmen eine rasche
Anpassungsfähigkeit erfordern, das wiederum
braucht
schnelle und deswegen
dezentrale
Entscheidungen
. Dies ist keine neue Erkennt-
nis. Peter F. Drucker hatte diese Notwendigkeit
der Dezentralisierung für einen nachhaltigen
Unternehmenserfolg bereits in den 1950er
Jahren erkannt (vgl. Drucker, 2001). In Form
von eigenständigen Geschäftsbereichen (Divi-
sions oder Profit Center oder ganz allgemein BU
– Business Units) soll die nötige Agilität und Ad-
aptabilität erreicht werden. Die zur Strategie
aber auch zu den Führungskräften und Mitar-
beitern
passende Struktur- und Ablauforga-
nisation
sind somit
eine Voraussetzung
für
die
schnellen und individuell angepassten
Entscheidungen
(Pkt. A 1, 2 in Abbildung 3).
CM März / April 2016
Abb. 1: Erfolgreiche Entscheidungen entwachsen einem harmonischen Dreiklang von Controlling-Werkzeugen,
den gelebten Prozessen in der passenden Organisation mit den befähigten Führungskräften und Mitarbeitern
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