Controller Magazin 6/2016 - page 35

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dieses Abwägen ein spezifisches Instrument
eingesetzt wird. Oft finden Risikomanagement-
aktivitäten in separaten „Silos“ statt.
Stufe 3: Regulatorisches Risikomanage-
ment („KonTraG-Risikomanagement“)
Im Unternehmen existiert ein durchgängiges
Risikomanagementsystem, das sämtliche
wichtige Risiken kontinuierlich überwacht, be-
wertet und in einem
Risikoinventar
zusam-
menfasst. Die wesentlichen Regeln der Risiko-
überwachung sind (im Sinne des KonTraG)
schriftlich erfasst
, so dass insbesondere
Umfang, Verantwortlichkeit und Turnus der
Risikoüberwachung fixiert sind. Die wesent-
lichen (insbesondere operativen) Risiken wer-
den jeweils individuell im Hinblick auf geeigne-
te Risikobewältigungsstrategien diskutiert. Bei
allen bedeutsamen unternehmerischen Ent-
scheidungen wird explizit über die damit ver-
bundenen Risiken nachgedacht und sie wer-
den – allerdings nicht formalisiert und quanti-
fiziert – in betriebliche Entscheidungen (z. B.
bei Investitionen) mit einbezogen.
Risiken
werden oft nur einheitlich durch Scha-
denshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit
beschrieben.
Eine einfache Risikoaggrega-
tion wird durchgeführt.
Stufe 4: Ökonomisches, entscheidungs-
orientiertes Risikomanagement
Risiko wird verstanden als Überbegriff über
Gefahren (mögliche negative Abweichungen)
und Chancen (mögliche positive Abweichun-
gen). Aus den Einzelrisiken wird mittels Risiko-
aggregation unter Bezugnahme auf die Unter-
nehmensplanung
ein Gesamtrisikoumfang
berechnet, aus dem z. B. der
Eigenkapitalbe-
darf zur Deckung
möglicher risikobedingter
Stufe 2: Schadensmanagement
Die Unternehmensführung ist sich der Existenz
bestimmter Risiken, speziell wesentlicher Ge-
fahren, bewusst und setzt punktuell Maßnah-
men zur Abwehr dieser Gefahren ein. Dabei
wird auf die Einhaltung von (z. T. gesetzlich vor-
gegebenen) Regelungen wie Umweltschutz und
Arbeitsschutz geachtet. Versicherungen wer-
den eingesetzt, um seltene, schwerwiegende
Schäden zu überwälzen. Im Rahmen unterneh-
merischer Entscheidungen wird eine mögliche,
gravierende Gefahr diskutiert, ohne dass für
Ein Reifegradmodell für die
risikoorientierte Unternehmens-
führung – mit Testfragen
Nachfolgend werden nun für das dargestellte
6-Stufen-Modell des Risikomanagements je-
weils die wichtigsten Kriterien in Fragenform
angegeben, die helfen zu beurteilen, ob das
eigene Risikomanagement den entsprechen-
den Entwicklungsgrad („Reife“) bereits er-
reicht hat.
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Stufe 1: kein Risikomanagement
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Es existieren kein ausgeprägtes Risikobewusst-
sein und kein formalisiertes System zum Um-
gang mit Risiken. Eine Berücksichtigung von
Risiken im Rahmen unternehmerischer Ent-
scheidungen findet nur sporadisch statt.
Abb. 3: Kriterien zur Stufe 3 – „regulatorisch“
CM November / Dezember 2016
Autor
Prof. Dr. Werner Gleißner
ist Vorstand der FutureValue Group AG, Leinfelden-Echterdingen
und Honorarprofessor für BWL, insb. Risikomanagement, an der
TU Dresden. Er ist Mitglied im Internationalen Controller Verein
(ICV) und im Beirat der Risk Management Association.
E-Mail:
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