Controller Magazin 6/2016 - page 27

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Vorstandsmitglieder von ihrem Unternehmen
haben und wie sie damit steuern.
Biel:
… und
vielleicht noch ein Beispiel für
„Kennzahlen als eine Markenstrategie im Lu-
xusgütermarkt“, um das mögliche Methoden-
spektrum aufzuzeigen …
Sandt:
Hugo Boss
– ein deutsches Beklei-
dungs- und Modeunternehmen im Luxusgü-
ter- und Premiumsegment. Es hat eine Mar-
kenstrategie mit verstärkter Ausrichtung auf
eigene Einzelhandelsgeschäfte (
stores
) sowie
ein Omnichannel-Konzept – u. a. die Verbin-
dung von online und offline (stationärem Han-
del). Hier spielen andere Kennzahlen eine Rol-
le: Wie viel Ladenbesucher (
traffic
) hat man
am Tag? Wie viele Besucher sind Kunden
(
conversion rate
)? Wie hoch ist der Betrag je
Kunde (
transaction value
), evtl. unterschieden
nach Kundencharakteristika wie Nationalität,
Geschlecht, Alter, Beruf? Wie viele Produkte
pro Transaktion (
items per transaction
), um
das Cross-Selling-Potenzial besser zu verste-
hen? Wie viele Kunden sind registrierte Kun-
den (
codification index
), um Kundendaten zu
sammeln und deren Verhalten besser zu ver-
stehen sowie für Marketingaktionen nutzen
zu können?
Biel:
Was schließen Sie aus diesem Beispiel?
Welchen Nutzen sehen Sie?
Sandt:
Wenn Sie diese Kennzahlen regelmä-
ßig erheben, klassisch mit Ziel- und Istwerten
erheben sowie Abweichungsanalysen durch-
führen sowie den Ladenmanagern und deren
Mitarbeitern die Kennzahlen, deren Zusam-
menhänge verständlich machen, haben Sie
das Potenzial der Kennzahlen
für die Unter-
nehmenssteuerung genutzt, und keine „Dau-
erbaustelle“, sondern lediglich gelegentliche,
zeitlich befristete „Wartungs- und Erneue-
rungsbaustellen“.
Biel:
Die Besonderheit des
Shareholder-Va-
lue-Konzeptes
, das wir zu Beginn angespro-
chen haben, liegt u. a. in der Herausarbeitung
der für die zu berücksichtigenden Cashflows
wertbestimmenden Faktoren, den Werttreibern.
Zur Steigerung des Shareholder-Value gilt es,
diese Werttreiber möglichst positiv zu beeinflus-
sen. Lassen auch die praktischen Erfahrungen
reich (mehr als 1.000 Zimmer) wurde diese
Kennzahl seit einigen Jahren erhoben und war
Bestandteil des monatlichen Berichtswesens.
Sie basierte auf monatlich mehr als 1.000 Kun-
denbefragungen. Teilnehmende Beobachtun-
gen ergaben, dass auf Abteilungs- und Teame-
bene die Kennzahl keine Steuerungsrelevanz
hatte, obwohl in einem Vier-Sterne-Hotel Kun-
denservice und Weiterempfehlung eine sehr
große Bedeutung haben und die Wettbe-
werbsintensität in dieser britischen Großstadt
sehr hoch war und ist. Abteilungs-, Teamleiter
und Mitarbeiter beachteten hingegen (fast) täg-
lich die qualitativen Kommentare auf Online-
Bewertungsportalen, vor allem TripAdvisor.
Diese waren aber bei Weitem nicht so genau
und repräsentativ wie der NPS.
Biel:
Worauf kommt es also bei der Auswahl
von nicht-finanziellen Kennzahlen an, um eine
große Steuerungswirkung zu erzielen?
Sandt:
In einem personalintensiven Ge-
schäftsmodell sind das andere als in einem
anlageintensiven. Darüber hinaus spielt natür-
lich die strategische Stoßrichtung eine Rolle:
eine Kostenführerschaftsstrategie hat andere
Kennzahlen als eine Markenstrategie im Luxus-
gütermarkt.
Biel:
Können Sie uns diese Aussage wieder
durch ein praktisches Beispiel verdeutlichen?
Sandt:
Schauen Sie sich beispielsweise ein-
mal die quartalsweisen
Präsentationen und
Q&A session
des Vorstandsvorsitzenden
von Ryanair
– Michael O’Leary – sowie des-
sen Finanzvorstand Neil Sorahan an. Sie füh-
ren eine überaus erfolgreiche Fluggesellschaft
mit klarer Ausrichtung auf die Kostenführer-
schaft. Sie nutzen die Kennzahlen für Transpa-
renz in der Unternehmenssteuerung und der
externen Berichterstattung – in beeindrucken-
der Art und Weise (sitzend an einem „Klapp-
tisch“, dicht nebeneinander sitzend, mit MS-
PowerPoint-Folien, die ich mich nicht gewagt
hätte, in meiner Tätigkeit als angestellter Un-
ternehmensberater und Projektleiter bei CTcon
Management Consultants den Partnern vorzu-
legen), damit beiläufig die strategische Aus-
richtung auf Kostenführerschaft unterstrei-
chend. Aber es ist beeindruckend, welches
Kennzahlen-basierte Verständnis die beiden
friedenheitsbefragungen auf eine Kennzahl. Er
nutzt die Antworten der Frage „Wie wahr-
scheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X ei-
nem Freund oder Kollegen empfehlen?“ Auf
einer 10-Punkte-Skala von 0 (Auf keinen Fall)
bis 10 (Sehr wahrscheinlich) werden drei Ka-
tegorien gebildet: Diejenigen Kunden, welche
die Werte 10 und 9 angeben, sind die soge-
nannten Promotoren: Sie sind von der Leis-
tung eines Unternehmens angetan und emp-
fehlen sehr wahrscheinlich das Unternehmen
weiter. Diejenigen, welche die Frage mit den
Werten 8 und 7 beantworten, werden der Ka-
tegorie
passively satisfied
zugewiesen. Es
handelt sich dabei um die Kunden, welche ei-
nigermaßen zufrieden sind, von deren (akti-
ver) Weiterempfehlung man aber nicht ausge-
hen kann. Alle andere Kunden (welche die
Werte 6 und niedriger angegeben haben),
sind nicht zufrieden mit der Leistung, werden
wahrscheinlich keine Weiterempfehlung ab-
geben, eher ist wahrscheinlich, dass sie von
dem Unternehmen abraten. Sie werden in
dem NPS-Konzept
detractors
. Der NPS be-
rechnet sich aus dem Anteil der
promoters
ab-
züglich des Anteils der
detractors
.
Biel:
Wie sieht ein praktisches Ergebnis aus?
Welche Schlüsse ziehen Sie?
Sandt:
Ein Beispiel: In einer Kundenbefragung
mit 1.000 Teilnehmern haben 100 Kunden die
Werte 10 und 9 angekreuzt, 500 die Werte 8
und 7 und die restlichen 400 die Werte 6 und
niedriger. Der NPS ist dementsprechend 10%
minus 40 %, das entspricht einem NPS von
-30%. Die Kennzahl vereinfacht die Kundenbe-
fragung auf eine wesentliche Kennzahl, die gut
für die Unternehmenssteuerung, insbesondere
die Verhaltenssteuerung benutzt werden kann,
auch wenn empirische Studien zu unterschied-
lichen Ergebnissen hinsichtlich der Wertrele-
vanz kommen (d. h. die positive Korrelation mit
Erfolgsgrößen).
Biel:
Kennen Sie auch praktische Erfahrungen
im Umgang mit der genannten Kennzahl
„Net
Promoter Score (NPS)“,
lässt sich praktischer
Nutzen berichten oder beispielhaft etwas über
die Anwendungsproblematik von Kennzahlen?
Sandt:
In einem Forschungsprojekt mit einem
großen Vier-Sterne-Hotel im Vereinigten König-
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