Controller Magazin 6/2016 - page 23

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Biel:
Womit wir bei einem spannenden Thema
sind, nämlich der Wertorientierung und dem
Shareholder-Value. Der Shareholder-Value hat
– wie ein Blick auf viele Veröffentlichungen
zeigt – an Akzeptanz verloren und wird vielfach
kritisiert. Wie ordnen Sie dies ein?
Sandt:
Der Grundgedanke des
Shareholder-
Value
, besser als Wertorientierung zum Aus-
druck gebracht, ist in unserer Sozialen Markt-
wirtschaft richtig und auch legitim. Was dieses
Prinzip in Verruf gebracht hat, ist die vielfach
falsche oder missbräuchliche Anwendung
.
Biel:
Was wäre die „richtige Sichtweise“?
Sandt:
Richtig verstanden verbindet sich eine
wertorientierte Unternehmensführung mit ei-
ner nachhaltigen Unternehmensführung – und
damit mit einem
langfristigen Horizont
. Da-
rüber hinaus ist fraglich, ob ein Unternehmen,
das die soziale und ökologische Orientierung
ausblendet, wirklich langfristig erfolgreich
sein kann.
Biel:
Wenn wir die Wertorientierung und damit
den Markt-Wert des Eigenkapitals und den Er-
tragswert des Eigenkapitals zugrunde legen
und folglich die entscheidende Steuerungsgrö-
ße nicht aus Bilanz und aus Rechnungswesen
ermitteln, sondern den Erfolg am zukünftigen
Cashflow als finanzielle Wertschöpfung mes-
sen, ergibt sich die Frage, wie geht die Praxis
mit der Wertorientierung um?
Sandt:
Dazu werden in größeren Unternehmen
wertorientierte Kennzahlen wie insbesondere
der
Cash Value Added (CVA)
genutzt.
Biel:
… welche Vorteile hat diese Kennzahl?
Sandt:
Diese Kennzahl hat den Vorteil gegen-
über traditionellen Finanzkennzahlen wie
EBIT(DA) oder ROI bzw. ROCE, dass sie um-
fassender ist, d. h. sie umfasst auch die risiko-
adjustierten Kapitalkosten. Zudem hat sie als
absolute Kennzahl Vorteile gegenüber relati-
ven Kapitalrenditen, z. B. bei Erweiterungs-
investitionen können ROI bzw. ROCE zu Fehl-
anreizen führen.
Biel:
Wie verbreitet sind wertorientierte Kenn-
zahlen?
Sandt:
Nach einer jüngeren Studie setzen mehr
als
80% der deutschen börsennotierten Un-
ternehmen
wertorientierte Kennzahlen ein.
Biel:
Haben wertorientierte Kennzahlen in
Deutschland bereits eine Tradition geschaffen?
Sandt: Seit 1993
haben deutsche Unterneh-
men wertorientierte Finanz-Kennzahlen einge-
führt. Bayer beispielsweise das CFROI-Kon-
zept, mittlerweile ergänzt um den absoluten
CVA. Der CVA ist eine sich auf die Wertschaf-
Abb. 1: Lufthansa-Konzern – EBIT, EACC und ROCE 2011-2014 (Lufthansa Group Conference and Roadshow Presentation January 2016, S. 49)
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