CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 77

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nehmer das Gefühl haben, dass ihnen ein Un-
ternehmen nicht die erhofften Aufstiegsmög-
lichkeiten bietet, suchen sie sich schnell einen
neuen Arbeitgeber.
Deshalb ist es wichtig, schon bei der Personal-
auswahl die Erwartungen der Kandidaten auf
ein realistisches Level zurückzuschrauben.
Sonst steht die Zusammenarbeit von Anfang an
auf einem wackeligen Fundament. Unterneh-
men sollten zudem Mitarbeitern mit einem ho-
hen Entwicklungspotenzial das Gefühl vermit-
teln, an etwas Großem, Bedeutenden mitzuwir-
ken. Das kann zum Beispiel dadurch gesche-
hen, dass Unternehmen junge, beruflich noch
recht unerfahrene Mitarbeiter bewusst in Groß-
projekte integrieren, die in deren Augen eine
hohe Bedeutung haben, weshalb sie in der Pro-
jektteilnahme eine Chance sehen.
Ein „Guanxi“-Beziehungsmanagement
betreiben
„Guanxi“ ist ein Schlüsselbegriff nicht nur zum
Verstehen der chinesischen Wirtschaft und
Gesellschaft, sondern auch des Verhaltens
chinesischer Mitarbeiter. Der Begriff besagt,
dass Entscheidungen zumeist von einem Netz-
werk persönlicher Beziehungen mitbeeinflusst
werden, die zwischen Menschen gewachsen
sind – zum Beispiel, weil sie im selben Ort
wohnten oder dieselbe Hochschule besuchten
oder für dasselbe Unternehmen tätig waren
(oder sind). Aufrechterhalten beziehungsweise
stabilisiert werden diese Beziehungen durch
wechselseitige Gefälligkeiten. Und diese Ge-
fälligkeiten auf Gegenseitigkeitsbasis zu ver-
weigern, wird als eine unverzeihliche Beleidi-
gung erfahren.
Das gilt es auch beim Thema Mitarbeiterbin-
dung zu beachten.
Chinesen erwarten von
ihrem Arbeitgeber, dass er zu ihnen diesel-
be emotionale Bindung eingeht, wie sie zu
ihm.
Das heißt zum Beispiel, wenn sie sich für
ihren Arbeitgeber stark engagieren, erwarten
sie ein entsprechendes Engagement von ihm.
Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich
diese Erwartung vor allem auf die Beziehung zu
ihren unmittelbaren Vorgesetzten bezieht.
Denn anders als bei Europäern, die häufig ei-
nem Arbeitgeber wegen dessen Firmenkultur
oder ihrem Aufgabengebiet treu bleiben, macht
sich die Loyalität chinesischer Mitarbeiter
meist stark an ihrer persönlichen Beziehung zu
ihren Vorgesetzten fest. Deshalb passiert es
auch nicht selten, dass mit einem Gruppenlei-
ter dessen gesamtes Team das Unternehmen
wechselt.
Auf die Beziehungsbalance achten
Chinesen messen ihren beruflichen Erfolg
stark an dem „Guanxi“-System, in das sie ein-
gebunden sind. Deshalb sollten Unternehmen,
wenn sie einen Angestellten befördern möch-
ten, darauf achten: Welche Auswirkungen hat
dies auf seine Kollegen in seinem beruflichen
Umfeld?
Hierfür ein Beispiel. Angenommen ein Unter-
nehmen befördert ein Teammitglied, während
andere Teammitglieder, die ähnlich lange für
das Unternehmen arbeiten und einen ver-
gleichbaren Beitrag zu dessen Erfolg leisteten,
nicht befördert werden. Dann ist die Wahr-
scheinlichkeit hoch, dass Letztere den Arbeit-
geber wechseln. Denn für Chinesen stellt es
einen Prestigeverlust dar, nicht befördert zu
werden, wenn ein Kollege aufsteigt. Denn hie-
runter leidet im „Guanxi“-System ihr gesell-
schaftlicher Rang.
Deshalb sollten Unternehmen bei Beförderun-
gen darauf achten,
dass die Balance im Be-
ziehungssystem gewahrt bleibt
– zum Bei-
spiel indem sie alle Teammitglieder zugleich be-
fördern. Hierfür müssen nicht immer Stellen
neu geschaffen oder besetzt werden. Oft ge-
nügt es, den Netzwerk-Partnern neue, deren
Inhaber aufwertende chinesische Job-Bezeich-
nungen zu verleihen – während die gebräuch-
lichen englischen Titel beibehalten werden.
Das stellt häufig die Balance wieder her, sofern
sich mit dem neuen chinesischen Titel der ge-
sellschaftliche Status der betreffenden Person
erhöht.
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