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          Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für das
        
        
          Unternehmen liegt in der
        
        
          oftmals mangeln-
        
        
          den Transparenz der Vertragswerke.
        
        
          Wird
        
        
          nicht sauber zwischen Erwerb und Lizenz dif-
        
        
          ferenziert, bleibt unklar, welche Nutzungs-
        
        
          rechte über welche Beschaffungsform (z. B.
        
        
          Boxprodukt vs. Volumenlizenz) zur Verfügung
        
        
          stehen. Auch ist oftmals nicht klar, welche An-
        
        
          wendungsfälle (Einzelplatz, LAN/WAN, Termi-
        
        
          nalserver, Cloud) zulässig sind und welche
        
        
          Einsatzszenarien zwingend den Abschluss ei-
        
        
          ner Softwarewartung erfordern (Beispiel: Ver-
        
        
          wendung von Microsoft SQL-Server Lizenzen
        
        
          auf einem s.g. Hypervisor, sprich in virtuellen
        
        
          Umgebungen, die über mehrere Hosts verteilt
        
        
          sind und dabei das Verschieben von Virtual
        
        
          Machines zulassen).
        
        
          Zwischen diesen
        
        
          Darreichungsformen von
        
        
          Software wird unterschieden: Original
        
        
          Equipment Manufacturer (OEM) Lizenzen
        
        
          ,
        
        
          die mit der Hardware erworben werden,
        
        
          klas-
        
        
          sische Einzelplatzlizenzen
        
        
          , die in der Regel
        
        
          als Softwareboxen vermarktet werden,
        
        
          Volu-
        
        
          menlizenzverträge
        
        
          , die den Kunden zumeist
        
        
          datenträgerlos über ein Softwareportal zum
        
        
          Download angeboten werden, sowie die
        
        
          zu-
        
        
          nehmend populäreren Mietverträge. Diese
        
        
          Produktformen unterscheiden sich
        
        
          zumeist
        
        
          erheblich in den Nutzungsrechten.
        
        
          Ein
        
        
          zunehmend beliebtes Lizenzmodell
        
        
          stellen Cloud-Angebote
        
        
          wie z. B. die ‚creative
        
        
          cloud’
        
        
          2
        
        
          von adobe oder ‚Office 365’
        
        
          3
        
        
          der Firma
        
        
          Microsoft dar. Im Kern handelt es sich um Miet-
        
        
          modelle, d. h. dem Kunden steht kein dauerhaf-
        
        
          tes Nutzungsrecht an der erworbenen Software
        
        
          zur Verfügung, sondern er ist nur solange zum
        
        
          Einsatz im Rahmen der geltenden Nutzungsbe-
        
        
          dingungen berechtigt, wie er die entsprechen-
        
        
          den Abonnement-Gebühren entrichtet. Dabei
        
        
          wird die Software auch bei diesen Angeboten
        
        
          zumeist lokal installiert, erfordert jedoch eine
        
        
          regelmäßige oder dauerhafte Verbindung zu
        
        
          den Servern des Lizenzgebers, um einen unein-
        
        
          geschränkten Dienst sicherzustellen.
        
        
          Wird die Software ausschließlich als SaaS/
        
        
          ASP-Lösung ohne lokal zu installierende Kom-
        
        
          ponenten bereitgestellt, ist der Hersteller/An-
        
        
          bieter in der Gestaltung der Nutzungsrechte na-
        
        
          hezu frei, solange die Pflicht zur Bereitstellung
        
        
          der Anwendung mit den in der Leistungsbe-
        
        
          schreibung versprochenen Funktionalitäten
        
        
          nicht ausgehöhlt wird.
        
        
          
            Risiken der Softwarenutzung
          
        
        
          In der Praxis führen die unterschiedlichen
        
        
          Vertrags- und Lizenzierungsmodelle zu er-
        
        
          heblichen Compliance- und damit finanzi-
        
        
          ellen Risiken.
        
        
          Ein Unternehmen, das Software
        
        
          ohne Richtlinien und Vorgaben nutzt – was glei-
        
        
          chermaßen für Server, Clients und mobile End-
        
        
          geräte gilt – läuft stets Gefahr, auch unver-
        
        
          schuldet für von den Beschäftigten begangene
        
        
          Lizenzverstöße einstehen zu müssen (§ 99 Ur-
        
        
          heberrechtsgesetz). Die Unternehmensleitung,
        
        
          die im Rahmen ihrer Verpflichtung zum Risiko-
        
        
          management und Einführung eines internen
        
        
          Kontrollsystems (IKS, siehe § 91 Abs. 2 Aktien-
        
        
          gesetz) die Softwarenutzung nicht hinreichend
        
        
          berücksichtigt, sieht sich einer persönlichen,
        
        
          zivil- und ggf. auch strafrechtlichen Verantwort-
        
        
          lichkeit ausgesetzt.
        
        
          Softwareboxen sind
        
        
          ebenso wie mit den End-
        
        
          geräten ausgelieferte Lizenzen (z. B. Microsoft
        
        
          Office auf Tablets mit Windows RT)
        
        
          in den sel-
        
        
          tensten Fällen inventarisiert
        
        
          . Zudem ist zu-
        
        
          meist unklar, wie viele Kopien der einzelnen
        
        
          Softwareprodukte im Unternehmen jeweils im
        
        
          Einsatz sind und welche Nutzungsrechte den
        
        
          jeweiligen Versionen zu Grunde liegen (bezogen
        
        
          auf das vorgenannte Beispiel nur Home & Stu-
        
        
          dent). Darüber hinaus unterscheiden sich die
        
        
          einzelnen Boxprodukte der Hersteller teilweise
        
        
          erheblich in ihrem Nutzungsumfang. So bietet
        
        
          die Firma Microsoft beispielsweise Boxen mit
        
        
          Datenträger an und Boxen, denen lediglich ein
        
        
          Aktivierungsschlüssel beiliegt.
        
        
          Die Option zur nahezu beliebigen Vervielfälti-
        
        
          gung einzelner Softwareprodukte führt in der
        
        
          Praxis dazu, dass benötigte Kopien nicht erst
        
        
          über die offiziellen im Unternehmen vorge-
        
        
          schriebenen Beschaffungswege bezogen,
        
        
          sondern direkt im Bedarfsfall von vorliegen-
        
        
          den Medien erstellt und installiert werden. Ge-
        
        
          stützt wird dieser Effekt im Umfeld der
        
        
          Volu-
        
        
          menlizenzierung
        
        
          , von den dort für gewöhn-
        
        
          lich zum Einsatz kommenden Volumenschlüs-
        
        
          seln und den ggf. für Abruf und Installation im
        
        
          Unternehmen bereitgestellten Warenkörben,
        
        
          die auf Lizenzprüfung oder Freigabe-Work-
        
        
          flows verzichten.
        
        
          Hier lässt sich mit einem
        
        
          einzigen Schlüssel eine größere Anzahl an
        
        
          Kopien eines Softwareproduktes prob-
        
        
          lemlos aktivieren.
        
        
          Auch ist in der Praxis oft unklar, welche Volu-
        
        
          menlizenzverträge eine sofortige Beschaffung
        
        
          zusätzlich eingesetzter Softwareprodukte er-
        
        
          fordern und welche lediglich im Rahmen einer
        
        
          einmal im Jahr stattfindenden Nachmeldung zu
        
        
          bedienen sind.
        
        
          Hinzu kommt, dass zumeist weder bei Ent-
        
        
          scheidern noch den administrativen Mitar-
        
        
          beitern in den IT-Fachabteilungen das je-
        
        
          weilige Wissen über die den einzelnen Soft-
        
        
          wareprodukten zugrunde liegenden Nut-
        
        
          zungsrechte vorliegt.
        
        
          Dies gilt oftmals schon
        
        
          für alltägliche Produkte wie das Office Paket der
        
        
          Firma Microsoft. In den seltensten Fällen wird
        
        
          hier die zum Einsatz kommende Version im Ab-
        
        
          gleich mit der dem Unternehmen zugrunde lie-
        
        
          gende IT-Strategie beschafft, was im Zweifel zu
        
        
          teuren Fehllizenzierungen führen kann.
        
        
          Gestützt wird diese Problematik durch den Um-
        
        
          stand, dass weder die Hersteller der jeweiligen
        
        
          Softwareprodukte noch der Handel im Vorfeld
        
        
          ausreichend auf die Komplexität der der Soft-
        
        
          ware zugrunde liegenden Überlassungs- und
        
        
          Lizenzverträge hinweisen, sieht man einmal von
        
        
          den bei Installation erscheinenden – rechtlich
        
        
          zumeist unwirksamen – Produktnutzungs-
        
        
          rechtsverträgen sowie den entsprechenden
        
        
          Weblinks ab.
        
        
          So unterscheidet der Softwarehersteller Mi-
        
        
          crosoft beispielsweise zwischen hardwareba-
        
        
          sierter Lizenzierung seiner Produkte und nutzer-
        
        
          bezogenem Zugriff, zwischen Lizenzmobilität im
        
        
          Falle von virtualisierten Serverumgebungen und
        
        
          sogenannten ‚Roaming Use-Rights’ bei Zugrif-
        
        
          fen auf Unternehmensinfrastruktur durch Mitar-
        
        
          beiter mit unternehmensfremder Hardware (z. B.
        
        
          Zugriff vom Heim-PC des Mitarbeiters), sowie
        
        
          Endgeräte abhängiger und unabhängiger Nut-
        
        
          zung (um nur einige Beispiele zu nennen).
        
        
          Das gesamte Problem wird zumeist erst
        
        
          transparent, wenn die Hersteller im Rah-
        
        
          men von
        
        
          meist durch Wirtschaftsprüfer
        
        
          durchgeführten Audits die vertragsgemäße
        
        
          Verwendung ihrer Software durch den
        
        
          
            CM Juli / August 2015