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          Eine Tournee durchläuft mehrere Prozess-
        
        
          schritte, von der Initialisierung bis zum Ab-
        
        
          schluss (siehe Abbildung 1). Im Projektverlauf
        
        
          nehmen die Aufgaben und deren Umfang konti-
        
        
          nuierlich zu, gleiches gilt für die Kosten. Erst mit
        
        
          Tourneeabschluss sinken die Aufwendungen
        
        
          wieder.
        
        
          Am Ende des 1. Prozessschritts (
        
        
          Initialisie-
        
        
          rung
        
        
          ) beginnt der Tourneeveranstalter die Ver-
        
        
          tragsverhandlungen mit Lizenzinhabern hin-
        
        
          sichtlich des Tourneevertrags (inkl. Lizenz- und
        
        
          Aufführungsrechte für die Durchführung einer
        
        
          Tournee). Parallel zur Vertragsverhandlung
        
        
          wird im nächsten Schritt (
        
        
          Konzeption und
        
        
          Planung
        
        
          ) analysiert, an welchen Veranstal-
        
        
          tungsorten und -stätten (Theater, Konzerthaus)
        
        
          die Veranstaltung durchgeführt werden soll. In
        
        
          dieser Phase wird auf Grundlage erstellter
        
        
          Budgetplanungen der Tourneevertrag verhan-
        
        
          delt und abgeschlossen. Nach Abschluss des
        
        
          Vertrags und Verabschiedung der Tourneepla-
        
        
          nung (Vorkalkulation und techn. Durchfüh-
        
        
          rungsplanung) beginnt die
        
        
          Tourneevorberei-
        
        
          tung
        
        
          . Es werden u. a. die Spielstätten sowie
        
        
          die Hotels der Künstler während der Tournee
        
        
          gebucht und der Kartenvorverkauf gestartet. In
        
        
          der Periode der
        
        
          Tourneedurchführung
        
        
          reist
        
        
          die Musicalproduktion von Spielstätte zu Spiel-
        
        
          stätte und führt das Musical auf. Dieser Zeit-
        
        
          raum kann sich über mehrere Monate erstre-
        
        
          cken. Nach der letzten Aufführung beginnt der
        
        
          Tourneeabschluss
        
        
          . Dieser Schritt endet nicht
        
        
          mit der letzten Veranstaltung, sondern wenn
        
        
          alle Anforderungen aus dem Tourneevertrag
        
        
          erfüllt sind, der Tourneeveranstalter buchhalte-
        
        
          risch die Tournee abgeschlossen hat und die
        
        
          Schlusskalkulation erstellt werden kann. Erst
        
        
          die Gegenüberstellung von Vor- und Nach-/
        
        
          Schlusskalkulation erlaubt die Feststellung, ob
        
        
          das Projekt bzw. die Tournee wirtschaftlich ein
        
        
          Erfolg war.
        
        
          
            Das Projektcontrolling
          
        
        
          
            einer Tournee
          
        
        
          Um den kaufmännischen Erfolg einer Show
        
        
          bzw. Tournee sicherzustellen, kommt dem Pro-
        
        
          jektcontrolling, d. h. der Informationsbeschaf-
        
        
          fung und Kontrolle des Projektverlaufs zur
        
        
          Schaffung von Transparenz hinsichtlich Termi-
        
        
          ne, Kosten/Gewinne und Leistung sowie die
        
        
          Durchführung von (Gegen-)Steuerungsmaß-
        
        
          nahmen, eine maßgebliche Rolle zu. Pro Pro-
        
        
          jekt-/Tourneephase unterscheiden sich die Zie-
        
        
          le und die Instrumente des Projektcontrollings
        
        
          (siehe Abbildung 1).
        
        
          Vorkalkulation
        
        
          Spätestens bis Ende der Konzeptions- und Pla-
        
        
          nungsphase sollte eine Vorkalkulation, d. h. ein
        
        
          geschätztes Ergebnisse einer Tour als „Soll“-
        
        
          Wert bzw. als geplantes Tourneebudget, vorlie-
        
        
          gen, um die weiteren Projektphasen adäquat
        
        
          steuern zu können. Die Vorkalkulation beinhal-
        
        
          tet neben der Erlösseite, hier v. a. Erlöse aus
        
        
          dem Ticketverkauf, die tourneespezifischen
        
        
          Kosten sowie die örtlichen Kosten pro Spiel-
        
        
          stätte. Zur Erstellung der Vorkalkulation ver-
        
        
          wendet der Veranstalter bzw. Projektleiter
        
        
          Er-
        
        
          fahrungswerte früherer Tourneen
        
        
          . Sollte es
        
        
          sich um eine neue Musicalproduktion handeln,
        
        
          werden Kalkulationen von Projekten in ver-
        
        
          gleichbaren Genres und Spielstätten herange-
        
        
          zogen. Die Vorkalkulation dient sowohl als Ent-
        
        
          scheidungshilfe für das Abschließen eines
        
        
          Tourneevertrags (Promotion Agreement) als
        
        
          auch für die Auswahl geeigneter Spielstätten.
        
        
          Erlöse pro Spielstätte und -ort
        
        
          Erlöse werden i.d.R. wie folgt kalkuliert: Die
        
        
          zum Verkauf stehenden Tickets pro Veranstal-
        
        
          tung und Spielstätte (auf Grundlage der verfüg-
        
        
          baren Kapazitäten) werden mit dem durch-
        
        
          schnittlichen Grundpreis (Durchschnittspreis
        
        
          aller Preiskategorien), d. h. ohne Vorverkaufs-
        
        
          und Systemgebühren, multipliziert. Gegebe-
        
        
          nenfalls kommen Erlösbeteiligungen an der
        
        
          Vorverkaufs- oder Systemgebühr hinzu. Hier-
        
        
          von werden anschließend u. a. Anteile von Ra-
        
        
          battaktionen Lizenzgebern (Box Office Royalty)
        
        
          und Partnern abgezogen und sonstige Erlöse,
        
        
          wie z. B. aus dem Bereichen Merchandising,
        
        
          hinzu addiert. Die so ermittelten Gesamterlöse
        
        
          bilden die Grundlage für die Deckungsbeitrags-
        
        
          rechnung pro Tournee sowie pro Show und
        
        
          Spielstätte.
        
        
          Start-up Kosten / Tourneegemeinkosten
        
        
          Start-up Kosten können in folgende Blöcke un-
        
        
          tergliedert werden: (1) Produktions- und Pro-
        
        
          duktionsnebenkosten. Bei einer Fremdproduk-
        
        
          tion fallen hierunter v.a. die Gagen für die ein-
        
        
          gekaufte Cast und Crew. Weiterhin berück-
        
        
          sichtigt werden Nebenkosten wie Spesen,
        
        
          Steuern, Ausländersteuer (hierunter wird die
        
        
          beschränkte Steuerpflicht von u. a. im Ausland
        
        
          lebenden Künstlern verstanden), GEMA Zah-
        
        
          lungen und Versicherungsprämien. Bei einer
        
        
          Eigenproduktion kommen die erforderlichen
        
        
          Investitionen, z. B. für Musik, Bühne, Bühnen-
        
        
          gestaltung, Kostüme sowie Kosten für die Au-
        
        
          ditions hinzu. (2) Transport. Hierzu zählen die
        
        
          Hotelkosten für die Dauer der Tournee für Cast
        
        
          und Crew, die Transportkosten von Spielstätte
        
        
          zu Spielstätte sowie die Transportkosten für
        
        
          das technische Equipment inkl. Bühne. Bei
        
        
          Eigenproduktionen kommen noch Reise- und
        
        
          Hotelkosten für die Auditions und den Rehear-
        
        
          sals (Proben) hinzu. (3) Technikkosten. Kosten
        
        
          für Ton-, Licht- und Videotechnik, die techni-
        
        
          sche Crew sowie Techniknebenkosten. (4)
        
        
          Werbekosten. Diese umfassen Kosten für die
        
        
          Herstellung von Werbemaßnahmen/-produk-
        
        
          ten, die vor dem Tourneebeginn ergriffen wer-
        
        
          den und jeder Spielstätte zugutekommen, wie
        
        
          z. B. überregionale TV- und Hörfunkspots, Ge-
        
        
          staltung der Tourneeplakate, der Flyer, Anzei-
        
        
          gen und des Internetauftritts.
        
        
          Die aufgeführten Projektkosten entstehen vor
        
        
          dem Tourbeginn und sind i.d.R. keiner Spiel-
        
        
          stätte, i.S. eines Kostenträgers, direkt und
        
        
          eindeutig zu zuordnen. Daher werden sie auch
        
        
          als sog. Tourneegemeinkosten bezeichnet. In
        
        
          der Praxis wird dieser Kostenblock durch die
        
        
          Wochenzahl der Tour und anschließend dieses
        
        
          Ergebnis durch die Anzahl der Auftritte bzw.
        
        
          Shows pro Woche dividiert. Auf diese Weise
        
        
          erhält man die Tourneegemeinkosten pro
        
        
          Show und Woche. Der so ermittelte Wert kann
        
        
          anschließend als Umlagewert in die örtlichen
        
        
          Kosten mit einfließen, um den Erfolg einer
        
        
          Veranstaltung pro Show und Spielort zu kalku-
        
        
          lieren.
        
        
          Örtliche Kosten („Running costs“)
        
        
          Örtliche Kosten sind variable Kosten, die im di-
        
        
          rekten Zusammenhang mit der Durchführung
        
        
          der Show pro Spielstätte stehen. Die größten
        
        
          Kostenpositionen bilden die Mietkosten pro
        
        
          Spielstätte, Kosten für den Auf- und Abbau so-
        
        
          wie die spielortspezifische Werbung. Ergänzt
        
        
          werden diese Kosten um die auf die Anzahl der
        
        
          Shows pro Spielstätte umgelegten Tournee-
        
        
          kosten.
        
        
          
            CM Juli / August 2015