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          mittlerweile geläufig. Konkrete Vorstellungen,
        
        
          was diese Vision nun für das eigene Unterneh-
        
        
          men im Hier und Jetzt bedeutet, haben schon
        
        
          weniger Unternehmen. Bei großen Unterneh-
        
        
          men und besonders in der Automobilindustrie
        
        
          ist das Thema bereits länger präsent – auch
        
        
          unter anderen Schlagworten/Begriffen (z. B.
        
        
          Smart Manufacturing). Das Thema wird zu-
        
        
          meist von der „Industrie 4.0-Produkt-Herstel-
        
        
          lerseite“ (Maschinenbau, Automation) oder von
        
        
          den Automotive-OEMs und anderen
        
        
          Pionier-Anwendern getrieben. In die-
        
        
          sen Pionier-Branchen werden bereits
        
        
          Insellösungen vernetzt, implementiert
        
        
          oder geplant – Industrie 4.0 wird bei
        
        
          den Automotive OEMs auch nicht
        
        
          mehr als „Revolution“ gesehen, son-
        
        
          dern eher als logische Fortentwicklung
        
        
          bereits begonnener Pfade. Ähnlich
        
        
          verhält es sich mit den eingebundenen
        
        
          Branchen, den Zulieferern und Part-
        
        
          nern der Automobilindustrie: Diese
        
        
          Pionier-Branchen tragen durch ihre
        
        
          Bedeutung „Industrie 4.0“ in die Brei-
        
        
          te der Industrie.
        
        
          Biel:
        
        
          Können Sie für uns einen Blick
        
        
          auf die weitere Realisierung werfen?
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Die Realisierung der In-
        
        
          dustrie 4.0-Konzepte mit ihren Ansät-
        
        
          zen der durchgehenden Digitalisie-
        
        
          rung und Vernetzung der Wertschöp-
        
        
          fungskette betrifft dann auch die Zu-
        
        
          lieferer der Automobilbranche, die
        
        
          wiederum ihre Zulieferer einbeziehen
        
        
          muss. Wie heute Unternehmen Teil
        
        
          eines physischen Wertschöpfungs-
        
        
          netzwerkes sind, werden sie dann zukünftig
        
        
          darüber hinaus auch
        
        
          Teil eines digitalen
        
        
          Netzwerkes
        
        
          sein.
        
        
          Biel:
        
        
          Haben Sie dazu auch eine persönliche
        
        
          Einschätzung?
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Ich glaube, dass konkrete Indus-
        
        
          trie 4.0-Vorhaben der OEMs bereits mit Part-
        
        
          nern und Zulieferern geplant werden – in einem
        
        
          ersten Schritt werden dies wohl eher Soft-
        
        
          wareanbindungen sein, also keine offensicht-
        
        
          lichen Visionsprojekte. An diesem Punkt ange-
        
        
          kommen, werden die Fundamente für den
        
        
          nachhaltigen Fortbestand mancher Unterneh-
        
        
          men gelegt: Die Unternehmen, die nicht nur auf
        
        
          Anforderungen (z. B. Softwareanbindung) re-
        
        
          agieren, sondern dies in einer Entwicklungs-
        
        
          strategie proaktiv gestalten, werden zukunfts-
        
        
          fähig bleiben –
        
        
          Unternehmen, die weiterhin
        
        
          reaktiv bleiben, verlieren ihre Markt- und
        
        
          Wettbewerbsfähigkeit
        
        
          .
        
        
          Biel:
        
        
          „Das Internet und moderne Technologien
        
        
          prägen zunehmend die produzierende Indust-
        
        
          rie. Wir stehen vor einem entscheidenden Wan-
        
        
          del“, wie es auf der Plattform Industrie 4.0 heißt
        
        
          (Quelle: 
        
        
        
          bfra-
        
        
          ge 13.10.14). Da ein grundsätzlicher Wandel
        
        
          naturgemäß nicht einfach ist, fragt sich, mit
        
        
          welchen Problemen und Schwierigkeiten wer-
        
        
          den wir zu kämpfen zu haben? Womit müssen
        
        
          wir rechnen? Wie schwer grundlegende Umge-
        
        
          staltungen sein können, erleben wir beispiels-
        
        
          weise bei der „Energiewende“.
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Der beschriebene Wandel ist ent-
        
        
          scheidend für industrielle Anwendungen. Als
        
        
          Privatpersonen nutzen wir bereits heute viele
        
        
          der angesprochenen Innovationen – Geräte
        
        
          aus der Unterhaltungselektronik sind in ein
        
        
          Gesamtsystem sofort integrierbar, tauschen
        
        
          Daten in Echtzeit aus und melden dem Nutzer
        
        
          Bedarfe.
        
        
          Biel:
        
        
          Können Sie kurz und knapp mögliche Risi-
        
        
          ken und Problemen konkretisieren?
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Die Akzeptanz dieser Systeme und
        
        
          Anwendungen ist bei Privatpersonen unter-
        
        
          schiedlich ausgeprägt. Der Verlust von
        
        
          vertraulichen Daten oder die Furcht
        
        
          vor Finanz- oder Reputationsschäden
        
        
          ist allgegenwärtig.
        
        
          Ähnliche
        
        
          Be-
        
        
          fürchtungen mangelnder Datensi-
        
        
          cherheit sind auch bei industriel-
        
        
          len Anwendungen vorhanden.
        
        
          Zu-
        
        
          dem steht die „Industrie 4.0“ noch am
        
        
          Anfang ihrer Ära – professionelle Lö-
        
        
          sungen müssen reifen und ihre
        
        
          All-
        
        
          tags- und Massentauglichkeit erst
        
        
          noch unter Beweis stellen
        
        
          . Wichtig
        
        
          sind auch die handelnden und ausfüh-
        
        
          renden Personen, die mit den neuen
        
        
          Systemen in einer veränderten Umge-
        
        
          bung arbeiten müssen.
        
        
          Biel:
        
        
          Und was ist aus Ihrer Sicht nun
        
        
          zu tun?
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Die Unternehmen brau-
        
        
          chen
        
        
          neben den Entwicklungspart-
        
        
          nern auch Qualifikationspartner
        
        
          an
        
        
          ihrer Seite. Partner im Bereich Know-
        
        
          how- und HR-Entwicklung wie Univer-
        
        
          sitäten und Fachhochschulen oder
        
        
          Aus- und Fortbildungs-Träger. Im
        
        
          Rahmen einer ganzheitlichen Strate-
        
        
          gie müssen die Schlüsselqualifikationen identi-
        
        
          fiziert und (aus-) gebildet werden. Die moder-
        
        
          nen Produktionssysteme müssen bedient und
        
        
          gewartet werden. Schon heute sind Maschinen
        
        
          und Bearbeitungszentren hochkomplexe Anla-
        
        
          gen, die von geschultem Personal bedient und
        
        
          zumeist von Spezialisten gewartet werden. Dies
        
        
          wird sich fortsetzen.
        
        
          Biel:
        
        
          Ihrer Antwort ist zu entnehmen, dass die-
        
        
          se Entwicklung auch Folgen für die betroffenen
        
        
          Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wird?
        
        
          Dr. Dauner:
        
        
          Ja, natürlich. Die
        
        
          Anforderungen
        
        
          an das Personal
        
        
          werden steigen
        
        
          .
        
        
          
            CM März / April 2015