CONTROLLER Magazin 2/2015 - page 31

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mittlerweile geläufig. Konkrete Vorstellungen,
was diese Vision nun für das eigene Unterneh-
men im Hier und Jetzt bedeutet, haben schon
weniger Unternehmen. Bei großen Unterneh-
men und besonders in der Automobilindustrie
ist das Thema bereits länger präsent – auch
unter anderen Schlagworten/Begriffen (z. B.
Smart Manufacturing). Das Thema wird zu-
meist von der „Industrie 4.0-Produkt-Herstel-
lerseite“ (Maschinenbau, Automation) oder von
den Automotive-OEMs und anderen
Pionier-Anwendern getrieben. In die-
sen Pionier-Branchen werden bereits
Insellösungen vernetzt, implementiert
oder geplant – Industrie 4.0 wird bei
den Automotive OEMs auch nicht
mehr als „Revolution“ gesehen, son-
dern eher als logische Fortentwicklung
bereits begonnener Pfade. Ähnlich
verhält es sich mit den eingebundenen
Branchen, den Zulieferern und Part-
nern der Automobilindustrie: Diese
Pionier-Branchen tragen durch ihre
Bedeutung „Industrie 4.0“ in die Brei-
te der Industrie.
Biel:
Können Sie für uns einen Blick
auf die weitere Realisierung werfen?
Dr. Dauner:
Die Realisierung der In-
dustrie 4.0-Konzepte mit ihren Ansät-
zen der durchgehenden Digitalisie-
rung und Vernetzung der Wertschöp-
fungskette betrifft dann auch die Zu-
lieferer der Automobilbranche, die
wiederum ihre Zulieferer einbeziehen
muss. Wie heute Unternehmen Teil
eines physischen Wertschöpfungs-
netzwerkes sind, werden sie dann zukünftig
darüber hinaus auch
Teil eines digitalen
Netzwerkes
sein.
Biel:
Haben Sie dazu auch eine persönliche
Einschätzung?
Dr. Dauner:
Ich glaube, dass konkrete Indus-
trie 4.0-Vorhaben der OEMs bereits mit Part-
nern und Zulieferern geplant werden – in einem
ersten Schritt werden dies wohl eher Soft-
wareanbindungen sein, also keine offensicht-
lichen Visionsprojekte. An diesem Punkt ange-
kommen, werden die Fundamente für den
nachhaltigen Fortbestand mancher Unterneh-
men gelegt: Die Unternehmen, die nicht nur auf
Anforderungen (z. B. Softwareanbindung) re-
agieren, sondern dies in einer Entwicklungs-
strategie proaktiv gestalten, werden zukunfts-
fähig bleiben –
Unternehmen, die weiterhin
reaktiv bleiben, verlieren ihre Markt- und
Wettbewerbsfähigkeit
.
Biel:
„Das Internet und moderne Technologien
prägen zunehmend die produzierende Indust-
rie. Wir stehen vor einem entscheidenden Wan-
del“, wie es auf der Plattform Industrie 4.0 heißt
(Quelle:
bfra-
ge 13.10.14). Da ein grundsätzlicher Wandel
naturgemäß nicht einfach ist, fragt sich, mit
welchen Problemen und Schwierigkeiten wer-
den wir zu kämpfen zu haben? Womit müssen
wir rechnen? Wie schwer grundlegende Umge-
staltungen sein können, erleben wir beispiels-
weise bei der „Energiewende“.
Dr. Dauner:
Der beschriebene Wandel ist ent-
scheidend für industrielle Anwendungen. Als
Privatpersonen nutzen wir bereits heute viele
der angesprochenen Innovationen – Geräte
aus der Unterhaltungselektronik sind in ein
Gesamtsystem sofort integrierbar, tauschen
Daten in Echtzeit aus und melden dem Nutzer
Bedarfe.
Biel:
Können Sie kurz und knapp mögliche Risi-
ken und Problemen konkretisieren?
Dr. Dauner:
Die Akzeptanz dieser Systeme und
Anwendungen ist bei Privatpersonen unter-
schiedlich ausgeprägt. Der Verlust von
vertraulichen Daten oder die Furcht
vor Finanz- oder Reputationsschäden
ist allgegenwärtig.
Ähnliche
Be-
fürchtungen mangelnder Datensi-
cherheit sind auch bei industriel-
len Anwendungen vorhanden.
Zu-
dem steht die „Industrie 4.0“ noch am
Anfang ihrer Ära – professionelle Lö-
sungen müssen reifen und ihre
All-
tags- und Massentauglichkeit erst
noch unter Beweis stellen
. Wichtig
sind auch die handelnden und ausfüh-
renden Personen, die mit den neuen
Systemen in einer veränderten Umge-
bung arbeiten müssen.
Biel:
Und was ist aus Ihrer Sicht nun
zu tun?
Dr. Dauner:
Die Unternehmen brau-
chen
neben den Entwicklungspart-
nern auch Qualifikationspartner
an
ihrer Seite. Partner im Bereich Know-
how- und HR-Entwicklung wie Univer-
sitäten und Fachhochschulen oder
Aus- und Fortbildungs-Träger. Im
Rahmen einer ganzheitlichen Strate-
gie müssen die Schlüsselqualifikationen identi-
fiziert und (aus-) gebildet werden. Die moder-
nen Produktionssysteme müssen bedient und
gewartet werden. Schon heute sind Maschinen
und Bearbeitungszentren hochkomplexe Anla-
gen, die von geschultem Personal bedient und
zumeist von Spezialisten gewartet werden. Dies
wird sich fortsetzen.
Biel:
Ihrer Antwort ist zu entnehmen, dass die-
se Entwicklung auch Folgen für die betroffenen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wird?
Dr. Dauner:
Ja, natürlich. Die
Anforderungen
an das Personal
werden steigen
.
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