CONTROLLER Magazin 6/2015 - page 77

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Der demografische Wandel und der Wandel der
Sozialsysteme stellen Unternehmen vor große
Herausforderungen. Um mit diesen Herausfor-
derungen umgehen zu können und um die wirt-
schaftlichen Potenziale zu heben, die mit einer
höheren Mitarbeitergesundheit verbunden sind,
implementieren Unternehmen zunehmend ein
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM).
Vor allem mittelständische Unternehmen stellt
die Einführung eines BGM vor große Herausfor-
derungen. Die Folgen drücken sich typischerwei-
se in einer fehlenden Verknüpfung zwischen der
(Gesundheits-)Strategie und den oft vereinzelten
Gesundheitsmaßnahmen, an der fehlenden Mes-
sung der Effektivität und Effizienz der Gesund-
heitsaktivitäten sowie in der fehlenden Einbin-
dung des Controllings aus.
Die Gesundheits-Balanced Scorecard (Gesund-
heits-BSC) stellt ein geeignetes Instrument dar,
um ein BGM entsprechend der begrenzten
Ressourcen mittelständischer Unternehmen
implementieren zu können.
Bedeutung der Mitarbeiter-
gesundheit für Unternehmen
Während die Gesundheit der Mitarbeiter in
Unternehmen lange Zeit als individuelle Privat-
angelegenheit angesehen wurde, rückt diese
zunehmend in den Fokus der Unternehmens-
führung. Die
Gesundheit
eines Mitarbeiters ist
dabei mehr, als nur nicht krank zu sein. Schon
1948 definierte die Weltgesundheitsorganisati-
on Gesundheit als einen „[…]
Zustand völli-
gen psychischen, physischen und sozialen
Wohlbefindens“
(WHO 1948). Gesunde Mit-
arbeiter
fehlen weniger oft, sind motivierter
und weisen eine höhere Bindung
an das Un-
ternehmen auf, um nur einige Vorteile zu nen-
nen (Badura 2010). Diese Vorteile lassen sich
mittelbar oder unmittelbar in wirtschaftliche
Vorteile übersetzen, seien es geringere Ausfall-
kosten, die bspw. durch Entgeltfortzahlung,
Krankengeld und Kosten für Vertretungskräfte
verursacht werden, die höhere Mitarbeiterpro-
duktivität oder eine höhere Qualität der Arbeits-
ergebnisse. Die Mitarbeitergesundheit rückt
damit auch in den Fokus des Controllings.
Die Realisierung der beschriebenen Kosten- und
Produktivitätsvorteile durch die Verbesserung der
Mitarbeitergesundheit ist für viele Unternehmen
eine Möglichkeit, die vorhandenen Geschäftspro-
zesse weiter zu optimieren und wirtschaftliche
Potenziale auszuschöpfen. Des Weiteren stellt
der demografische Wandel und der Wandel der
Sozialsysteme viele Unternehmen vor neue Her-
ausforderungen, die unmittelbar mit der Mitarbei-
tergesundheit zusammenhängen. So wird
der
Anteil der 50- bis 64-Jährigen an der Er-
werbsbevölkerung bis 2020 auf 40 Prozent
steigen
(Statistisches Bundesamt 2009). Ver-
stärkt wird die Veränderung der Altersstruktur
der Erwerbsbevölkerung durch die längere Le-
bensarbeitszeit. Positive Folge hiervon ist die
Nutzung des Erfahrungswissens der älteren
Mitarbeiter. Die Verschiebung der Altersstruktur
impliziert aber auch, dass die
Wahrscheinlich-
keit für krankheitsbedingte Ausfälle steigt
.
Studien zeigen zudem, dass mit steigendem Alter
besonders die Dauer der Arbeitsunfähigkeit pro
Fall ansteigt (Meyer et al. 2011).
Um mit den geschilderten Herausforderungen
umgehen zu können und um die wirtschaftli-
chen Potenziale zu heben, die mit einer höheren
Mitarbeitergesundheit verbunden sind, imple-
mentieren Unternehmen zunehmend ein Be-
triebliches Gesundheitsmanagement (BGM).
Herausforderungen des Betrieb-
lichen Gesundheitsmanagements
Unter einem BGM wird die „Entwicklung
betrieblicher Strukturen und Prozesse, die
die gesundheitsförderliche Gestaltung von
Arbeit und Organisation und die Befähigung
zum gesundheitsfördernden Verhalten der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ziel
haben“ (Badura 2010) verstanden.
Vor allem mittelständische Unternehmen stellt
die Einführung eines BGM vor große Herausfor-
derungen. Die Folgen drücken sich typischer-
weise in drei Phänomenen aus:
·
Es fehlt an einer Verknüpfung zwischen der
(Gesundheits-)Strategie und den Gesund-
heitsmaßnahmen. Häufig anzutreffen sind
daher Einzelmaßnahmen (z. B. Rückenschu-
le), die durch einzelne Akteure (z. B. Perso-
nalbereich) verantwortet werden. Ein strate-
gischer Rahmen, an dem sich die Maßnah-
menauswahl orientiert, fehlt.
·
Es fehlt an der Messung der Effektivität und
Effizienz der Gesundheitsaktivitäten. Meist
werden nur die Maßnahmenkosten erho-
ben, deren Wirkung jedoch bleibt unberück-
sichtigt.
·
Es fehlt die Einbindung des Controllings. An-
statt die notwendigen Gesundheitsdaten wie
Fehlzeiten innerhalb der Controllingsysteme
zu pflegen und zu reporten, werden parallele
Instrumente und Systeme aufgebaut. Dies ist
meist mit einem hohen manuellen Aufwand
verbunden und steigert den Gesamtaufwand
der Umsetzung eines BGM.
Betriebliches Gesundheitsmanagement
mit der Gesundheits-BSC
Ein Instrument für mittelständische Unternehmen
von Sebastian Berlin und Timo Maurer
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