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SPEZIAL BAV
_BETRIEBSRENTENREFORM
spezial bAV 11/17
Anrechnung auf die Grundsicherung
hat bislang gerade Geringverdiener da-
von abgehalten, mit einer Riester- und
Betriebsrente für das Alter vorzusorgen.
Diesem Sparhindernis wurde mit dem
neuen Gesetz entgegengewirkt. Denn
die Menschen haben nun die Gewiss-
heit: Wenn sie mit einer Riester- und
Betriebsrente sparen, haben sie auch im
Alter etwas davon. Das ist eine wichtige
Errungenschaft. Denn Eigenvorsorge soll
sich in jedem Fall lohnen.
Wie die neue Zusageform, eine reine
Beitragszusage, im Rahmen des Sozial-
partnermodells konkret aussehen wird
und wie diese dann bei Arbeitgebern
und Arbeitnehmern ankommt, muss sich
noch zeigen. Klar ist, die Tarifparteien
spielen bei der Ausgestaltung dieser
neuen Zusagewelt eine zentrale Rolle.
Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher
Form diese den Ball aufnehmen und
welche Akzeptanz die neue Zusageform
in der Praxis erlangt. Übrigens: Bereits
heute hat sich die Zahl der Betriebsren-
ten seit 2002 mit über 15 Millionen bAV-
Verträgen mehr als verdoppelt.
Katrin Wahl, Allianz Deutschland AG
Es wird nicht einfacher werden, un-
terstützende Lösungen sind gefragt
Das
Betriebsrentenstärkungsgesetz
setzt einige positive und zielgerichtete
Anreize für Arbeitgeber und deren Ar-
beitnehmer, obgleich dadurch die Be-
triebsrente in ihrer Gesamtheit sicher-
lich nicht einfacher geworden ist.
• Die höhere Fördergrenze in den
Durchführungswegen des § 3 Nr. 63
EStG (Direktversicherung, Pensions-
kasse, Pensionsfonds) von acht Prozent
der BBG bietet zwar eine willkomme-
ne Erhöhungsmöglichkeit für die Ar-
beitnehmer, die die bAV bereits bis zu
den bisherigen Fördergrenzen nutzen,
schafft jedoch keinen neuen Anreiz für
die Arbeitnehmer, die sich bislang nicht
für eine bAV entschieden haben.
• Der neue Förderbeitrag für Geringver-
diener bis 2.200 Euro ermöglicht den
Arbeitgebern, hohe Steueranreize zu
nutzen, indem sie Arbeitnehmern eine
bAV einrichten, die bislang aus Eigen-
mitteln nicht dazu in der Lage waren.
• Mit der Einführung eines Freibetrags
bei der Anrechnung von Betriebsrenten
auf die Grundsicherung dürfte ebenfalls
ein positiver Impuls für die Arbeitneh-
mer geliefert werden, die sich bislang
wegen einer möglichen Anrechnung zu-
rückgehalten haben.
• Ebenfalls neu ist die verpflichtende
Weitergabe der SV-Ersparnis in Höhe
von 15 Prozent ab dem 1.1.2019 – wobei
für Bestandsverträge eine Übergangs-
frist bis zum 1. Januar 2022 gilt. Darauf
sollten sich Arbeitgeber rechtzeitig ein-
stellen und entscheiden, wie sie mit be-
reits bestehenden Zuschussregelungen
umgehen.
• Zusätzlich zu den bisherigen bAV-
Strukturen wird das Sozialpartnermo-
dell eingeführt. Damit steht den Tarif-
parteien die Einführung von reinen
Beitragszusagen (Zielrente) offen. Ein
Novum besteht darin, dass in der Ziel-
rente keine Garantien ausgesprochen
werden dürfen (pay and forget). Das
wirft die Frage nach funktionierenden
Sicherungsmechanismen auf. Hier sind
die Sozialpartner gefragt, Modelle zu
wählen, in denen das Zusammenspiel
von Sicherheit und Ertragschancen gut
gelöst ist. Eine weitere Herausforderung
besteht darin, diese Modelle den Arbeit-
nehmern hinreichend und anschaulich
zu erklären. Eine gute Produktgestal-
tung sowie die anschließende Kommu-
nikation werden unmittelbaren Einfluss
auf die Verbreitung der bAV über das
Sozialpartnermodell haben.
Fazit: Mit den Neuerungen des BRSG
ist der Informations- und Beratungsbe-
darf in den Unternehmen gestiegen. Es
gilt, die bestehenden bAV Strukturen auf
die neuen Regelungen hin zu überprü-
fen und gegebenenfalls anzupassen.Ei-
ne umfassende Kommunikation der sich
bietenden Möglichkeiten mit den Arbeit-
nehmern wird notwendig sein, damit
die Reform tatsächlich die gewünschte
Wirkung erzielen kann. Die Steigerung
der Nutzungsquote sollte dabei nicht
mit einer Zusatzbelastung in den Per-
sonalbereichen einhergehen. Hier sind
unterstützende Portal-Lösungen gefragt,
die es den Arbeitgebern erlauben, ih-
ren gesamten Vertragsbestand anbiete-
rübergreifend zu implementieren und
anschließend alle Verwaltungsabläufe
digital zu steuern.
Dr. Edgar Eschbach, E-Pension GmbH & Co. KG
Kollektive Kapitalanlagen bieten
enorme Chancen
Kern des BRSG ist die sogenannte
Sozialpartnerrente: Mit ihr wird eine
neue Art der betrieblichen Altersversor-
gung geschaffen. Hier bieten kollektive
Kapitalanlagen enorme Chancen. Vor
diesem Hintergrund werden Lösungen
wichtig, die rendite- und sicherheits-
orientiert sind und keine Garantien
benötigen. In der neuen garantiefreien
bAV-Welt spielt die Assekuranz bei der
Entwicklung derartiger Konzepte eine
wichtige Rolle. Es gilt bAV-Spezifika,
kollektive Kapitalanlage und Sicherheit
kundenorientiert zu vereinen. Experten
erwarten, dass das Sozialpartnermodell
in den nächsten Jahren eine erhebliche
„Mit den Neuerungen des BRSG ist der
Informations- und Beratungsbedarf in
den Unternehmen gestiegen.“
Dr. Edgar Eschbach, Geschäftsführer der E-Pension GmbH & Co. KG