personalmagazin bAVspezial 11/2017 - page 8

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SPEZIAL BAV
_BETRIEBSRENTENREFORM
spezial bAV 11/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Fall von hohen Verwaltungskosten auf-
gezehrt werden.
• Die Arbeitgeber müssen unerwartete
Kostensteigerungen hinnehmen und je-
des Matching-Modell daraufhin überprü-
fen, ob sie die Weitergabe der SV-Erspar-
nis auch hinreichend deutlich gemacht
haben oder ob sie draufzahlen müssen.
Dabei wird sich zeigen, ob sich die
Gewerkschaften – angesichts der neuen
gesetzlichen Vorgaben – an die Kompro-
misse über die Verteilung der SV-Erspar-
nis in den bestehenden Flächentarifen
erinnern wollen. „Dieses Problem kann
die positiven Wirkungen des Gesetzes
für längere Zeit hemmen“, glaubt Tacke.
Er sieht die vordringlichste Aufgabe der
Tarifvertragsparteien künftig darin,
„die gesetzlichen Öffnungsklauseln für
abweichende tarifliche Regelungen dazu
zu nutzen, um die Komplexität bei der
Umsetzung des Gesetzes im Interesse
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
zu senken“.
Das Wichtigste für Arbeitgeber in der
neuen bAV-Welt
Mit der reinen Beitragszusage (rBZ)
bietet der Gesetzgeber ab 2018 neue Ge-
staltungsoptionen, die der bAV neue Im-
pulse geben, die auch den Arbeitgebern
nutzen, ist Gesamtmetall überzeugt. Al-
lerdings habe der Gesetzgeber die rBZ
nur in Form der im Versicherungsauf-
sichtsgesetz konkretisierten Zielrente
zugelassen, die möglichen Leistungs-
schwankungen Glättungsmechanismen
gegenüberstellt. Dies stellt die Tarif-
vertragsparteien vor große Herausfor-
derungen. Es müssen Entscheidungen
getroffen werden über die Bildung eines
Risikopuffers, über Sicherungsbeiträge,
die Verwendung des Puffers und über
das Risikopotenzial der Anlage. Deshalb
hat der Gesetzgeber den Zugriff auf die
rBZ an drei Voraussetzungen geknüpft:
• Interessenausgleich auf Augenhöhe
per Tarifvertrag
• Beteiligung der Sozialpartner an Steu-
erung und Durchführung der Bei-
tragszusage im Versorgungsträger
Dass das Sozialpartnermodell ohne Beratung klappt, ist unwahrscheinlich: Das Betriebs-
rentenstärkungsgesetz macht die bAV noch komplexer und erfordert eher mehr als we-
niger Beratung. Experten fürchten, dass die meisten Arbeitnehmer ohne Beratung nur
den Mindestbetrag sparen, den die Tarifparteien ausgehandelt haben, und damit ihre
Versorgungslücke nicht schließen. Sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften sollten
sich also gesetzlich zugelassener Berater bedienen. In Betracht kommen insbesondere
Versicherungsmakler (nach § 34d GewO), Versicherungsberater (nach § 34e GewO),
spezialisierte Rechtsanwälte oder anderweitig qualifizierte Finanzdienstleister. Doch:
„Beratung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Und die Tarifpartner dürfen per Gesetz gar
nicht selbst beraten“, warnt Ulrich Scheele, Generalbevollmächtigter für Vertriebsent-
wicklung und freie Vertriebe der Signal-Iduna-Gruppe, die als Partner vieler tariflicher
bAV-Lösungen in Handel, Handwerk und Gewerbe agiert.
Die Organisation der bAV über tarifliche Versorgungswerke könnte hier tatsächlich zu
Kostenvorteilen führen. „Wer zur Tarifpartnerrente beraten darf, entscheiden ausschließ-
lich die Tarifparteien beziehungsweise von ihnen beauftragte Versorgungswerke.“,
erklärt Heribert Karch, Vorstandschef der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersver-
sorgung (aba). Beratung werde spätestens zur Erhöhung der tariflich fixierten Sparbeträ-
ge nötig, um ausreichend hohe Altersversorgung und auch kostengünstig zu verwalten-
de Beiträge zu erzielen. Also brauche man von Beginn an flankierende Modelle, etwa
Matching durch Eigenbeiträge, Opting-out, Dynamisierung. „Das geht weder mit den
bisherigen Beratungsmodellen noch völlig ohne Beratung.“
HINTERGRUND
Zum Thema „Berater und Beratungskosten beim Sozialpartnermodell“ wurde im BRSG
kein Wort verloren. Dies scheint trotz Erfahrung mit der Riester-Rente, die erst nach
Erhöhung der Vertriebsvergütungen durchstartete, nicht relevant.
Wer soll das bezahlen?
• Aufsichtsrechtliche Vorgabe eines
eigenen Sicherungsvermögens erfor-
dert separate Anlagevolumina, was
möglichst große Kollektive erfordert.
In den nächsten Monaten müssen die
Tarifvertragsparteien prüfen, ob und
wie sie die Herausforderungen und
neuen Gestaltungsmöglichkeiten nut-
zen wollen (neue Welt) – nachdem sie
zuvor die Probleme aus der Weitergabe
der SV-Beiträge gelöst haben (alte Welt).
„Durch das BRSG werden alle beste-
henden Fördertatbestände ausgeweitet,
Fehlanreize korrigiert und eine neue
Zulagenförderung eingeführt – da ist
für jede Einkommensgruppe etwas da-
bei“, weiß der Tarifexperte.
„Die neue Zulagenförderung spielt
in der Entgeltumwandlung keine Rol-
le“, stellt Tacke klar. Sie gelte nur für
Arbeitgeberbeiträge, die ab 2018 neu
bzw. zusätzlich gewährt werden. Be-
günstigt würden außerdem nur Arbeit-
nehmer mit einem Bruttoeinkommen
von maximal 2.200 Euro. Damit ist der
Anwendungsbereich derzeit noch über-
schaubar. „Es wird sich zeigen, ob sich
die Arbeitgeber durch diese Förderung
zu entsprechenden Zusagen motivieren
lassen“ lässt Gesamtmetall Zweifel an-
klingen.
Was müssen Arbeitgeber jetzt tun –
und was nicht
Der Zugriff auf die neue rBZ erfordert
die Bildung eines eigenen Sicherungs-
vermögens, eine tarifliche Grundlage
und eine Beteiligung der Sozialpartner
am Versorgungsträger. „Ob und wann
der Zugriff auf die Beitragszusage mög-
lich wird, ist derzeit noch völlig offen“,
dämpft Tacke übertriebene Hoffnungen.
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