personalmagazin bAVspezial 11/2017 - page 10

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SPEZIAL BAV
_BETRIEBSRENTENREFORM
spezial bAV 11/17
Überprüfen statt abwarten
AUSBLICK.
Die Tarifrente stellt eine völlig neue Form der bAV dar. Doch was passiert mit
den traditionellen Zusagen? Wir zeigen, worauf Arbeitgeber sich einstellen müssen.
spricht der Mitarbeiter seiner Einbe-
ziehung in das betrieblich vorgesehene
Altersversorgungsmodell nicht, wird
er hinsichtlich der Entgeltumwandlung
automatisch in das bestehende System
eingebunden. Ähnliche Systeme – ge-
rade im Ausland – zeigen, dass Opt-
Out-Modelle den Verbreitungsgrad der
bAV erhöhen. Die Entscheidung, ob die
Einführung eines Opt-Out-Modells für
Arbeitgeber verpflichtend oder optional
gestaltet wird, liegt jedoch alleine bei
den Tarifvertragsparteien.
Relevant ist also, dass der Einführung
eines Opt-Out-Modells künftig ein ent-
sprechender Tarifvertrag zugrunde lie-
gen muss. Die bisher häufig gewählte
Gestaltung alleine über eine Betriebsver-
einbarung dürfte künftig angesichts des
klaren Gesetzeswortlauts problematisch
sein. Ob Handlungsbedarf für Arbeitge-
ber besteht, die auf betrieblicher Ebe-
ne bereits Opt-Out-Modelle eingeführt
haben, hängt also davon ab, welche ta-
riflichen Regelungen künftig zu berück-
sichtigen sind. Soweit keine Tarifwerke
Anwendung finden, muss geklärt wer-
den, ob eine Entgeltumwandlung weiter-
hin auf der bisherigen Basis praktiziert
werden kann.
Für tarifungebundene Arbeitgeber
und Mitarbeiter eröffnet das BRSG
künftig ausdrücklich die Möglichkeit,
einzelvertraglich die Anwendung einer
tariflichen Regelung zu vereinbaren.
Hierdurch können auch kleine und mitt-
lere – in der Regel nicht tarifgebundene
– Betriebe Opt-Out-Modelle einführen.
Deren Standards sind dann durch die
einzuhaltenden Tarifvorgaben gesichert.
O
bwohl nahezu 60 Prozent der
Arbeitnehmer eine betriebli-
che Altersversorgung (bAV)
für sich in Anspruch nehmen,
ist diese insbesondere in kleinen und
mittleren Unternehmen unterrepräsen-
tiert. Daher ist es Ziel des Gesetzgebers,
mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz
(BRSG), das zum 1. Januar 2018 in Kraft
tritt, den Verbreitungsgrad der bAV zu
erhöhen. Doch was bedeuten die neuen
Regeln für Arbeitgeber in der Praxis?
Versorgungszusagen ablösen?
Niedrige Marktzinsen, sinkender Rech-
nungszins und steigende Pensionslas-
ten legen zunächst die Frage nahe, ob
künftig eine Ablösung bestehender
– meist teurer – Versorgungszusagen
durch die jetzt gesetzlich eingeführte,
reine Beitragszusage möglich ist. Eine
solche Ablösung würde eine bestehen-
de Garantieleistung durch eine bloße
Zielleistung ersetzen. Damit geht eine
entsprechende Umgestaltung des In-
halts der Versorgungszusage einher,
die der Arbeitgeber auch künftig nicht
einseitig umsetzen kann. Abhängig von
der bestehenden Versorgungszusage ist
der Abschluss einer entsprechenden Be-
triebsvereinbarung oder gar die Zustim-
mung des einzelnen Mitarbeiters nötig.
Aufgrund des rechtlich verankerten
Vertrauens- oder Besitzstandsschutzes
des Mitarbeiters kann ein Eingriff in
die bislang zugesagten Versorgungsleis­
tungen zudem nicht wahllos erfolgen,
sondern bedarf – je nach Eingriffsinten-
Von
Stephan Schwilden
und
Nina Bogenschütz
sität – einer entsprechenden rechtlichen
Begründung. Ebenfalls bleibt bislang un-
beantwortet, wie die reine Beitragszusa-
ge, derenWert sich ja erst bei Eintritt des
Versorgungsfalls exakt feststellen lässt,
mit den „traditionellen“ Formen der
bestehenden Versorgungszusagen ver­
glichen werden soll. Sicher ist nur, dass
allein der Wunsch zur Vereinheitlichung
bestehender Versorgungssysteme durch
eine Umstellung auf eine reine Beitrags-
zusage nicht ausreichen wird. Es müs-
sen zumindest sachlich proportionale
Gründe für eine solche Umstellung (etwa
wirtschaftliche Schwierigkeiten oder ei-
ne unvorhersehbare Mehrbelastung des
Versorgungswerks) vorliegen.
Optionsmodell als Lösung?
Neben der Ablösung der Versorgungs-
zusagen stellt sich künftig auch die
Frage, wie sich die Möglichkeit eines
sogenannten Optionsmodells („Opt-Out-
Modell“) auswirkt. Das bedeutet: Wider-
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Dem Opt-Out-Modell
muss künftig ein Tarif-
vertrag zugrunde liegen.
Der Weg alleine über
Betriebsvereinbarungen
wird angesichts des Ge-
setzes problematisch.
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