training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
03_2016
aber mithilfe des Grundsatzes „Gleiches
mit Gleichem beantworten“ der Brücken-
bau ins sachliche Fahrwasser gelingen.
In der Verhandlung selbst sind Sie darauf
angewiesen, flexibel auf das Verhalten
des Verhandlungspartners zu reagieren.
Darum ist es klug, alle Möglichkeiten zu
nutzen, vor der Verhandlung Ihre Position
zu optimieren.
Verhandeln ist wie Boxen
Dazu zählt die Einflussnahme auf die
Tagesordnungspunkte. Wenn Sie die
Agenda nicht selbst schreiben können,
sollten Sie sie im Vorfeld anfordern und
direkt intervenieren, wenn es Punkte gibt,
mit denen Sie nicht einverstanden sind.
Prüfen Sie zudem, ob Verhandlungsge-
genstand und Verhandlungspartner Hin-
weise bieten, dass und wie der andere
Sie unter Druck setzen oder provozieren
wird. Dann können Sie sich darauf vorbe-
reiten und Zugeständnisse einplanen: Sie
legen fest, welche Verhandlungsziele Sie
auf jeden Fall erreichen wollen. In diesen
Punkten verhandeln Sie unnachgiebig
und konsequent. Außerdem analysieren
Sie, bei welchen Verhandlungspositionen
Sie dem Verhandlungspartner entgegen-
kommen können, ohne dass Ihnen das
Nachgeben wirklich wehtut. So eröffnen
Sie sich einen breiteren Verhandlungs-
spielraum. Mit Zugeständnissen wiegen
Sie den Verhandlungsgegner in Sicher-
heit. Er glaubt, er habe Sie am Boden,
Sie geben ja bereits nach! Dann jedoch
setzen Sie bei den Verhandlungspunkten,
die für Sie von größter Bedeutung sind,
Ihre Interessen durch. Natürlich müssen
Sie damit rechnen, dass die Gegenseite
ähnlich agiert. Schwierige Verhandlungen
stellen nun einmal eine Herausforderung
dar, die von Ihnen Standfestigkeit, Hart-
näckigkeit und Selbstdisziplin erfordert –
Verhandeln ist dann wie Boxen. Darum:
Investieren Sie eine gehörige Portion Ge-
dankenschmalz in die Vorbereitung. Sie
müssen alles über die Schwächen der Ge-
genpartei wissen.
Und dann analysieren Sie Ihre Kompeten-
zen, optimieren Ihre Schlaghand, verbes-
sern Ihre Führhand und begegnen ihm
selbstbewusst und mit großem Vertrauen
in die eigenen Stärken.
Wenn der Verhandlungsgegner Sie in
die Seile drängt und sogar Tiefschläge in
sein Verhandlungsrepertoire aufnimmt,
Sie mithin provoziert oder gar beleidigt,
sollten Sie einen Abbruch in Erwägung
ziehen. Allerdings: Meistens werden Sie
daran interessiert sein, ein konkretes Ver-
handlungsergebnis zu erzielen, der Ab-
bruch ist die Ultima Ratio. Beleidigen las-
sen jedoch müssen Sie sich nicht. Doch
bevor Sie abbrechen, sollten Sie versu-
chen, die Provokation zurückzuweisen,
den Angriff zu kontern und den Verhand-
lungsgegner zurück an den sachlichen
Verhandlungstisch zu holen. Ein beliebtes
Beispiel aus dem Repertoire des unfairen
Verhandlungsgegners ist: Der Gegenspie-
ler bestreitet Ihre Kompetenz. Ihr Konter:
„Da haben Sie recht! Wir sind in diesem
Bereich inkompetent. Das kompensieren
wir durch den folgenden unschlagbaren
Vorteil ...“. Die Vorgehensweise besteht
darin, dem Verhandlungsgegner auf eine
überraschende Weise recht zu geben und
seinen Einwand mit der Umkehrtechnik
aufzuspießen, um eigene Stärken zu be-
tonen. Wenn der Verhandlungsgegner
Ihnen vorwirft, nicht die Wahrheit zu
sagen, sollten Sie sein unfaires Vorgehen
zum Gegenstand machen: „Ich weise Ihre
permanenten Angriffe entschieden zu-
rück und frage Sie, warum Sie es nötig
haben, so zu verhandeln.“
Entscheidend ist: Hüten Sie sich vor im-
pulsiven Reaktionen, bleiben Sie kühl
und sachlich. Durch sein unfaires Vor-
gehen stellt der Verhandlungsgegner vor
allem einen bloß: sich selbst. Vermeiden
Sie es, zur Vergiftung der Verhandlungs-
atmosphäre beizutragen – Sie sollten sich
nicht auf das Niveau des unfairen Geg-
ners herablassen. Aber: Im schlimmsten
Fall sprechen Sie mögliche persönliche
Probleme an, mit denen er in seinem Un-
ternehmen zu kämpfen hat. Dies gehört
gleichfalls zu den Punkten, die Sie bei
der Vorbereitung klären: Gibt es Macht-
kämpfe, in die er sich verstrickt hat und
die Sie nutzen können, um sich gegen
seine Brutalo-Attacken zur Wehr zu set-
zen? Wenn Ihnen dies zu weit geht, be-
R
Buchtipp.
Stempfle und Zartmann sind
die Autoren des Buchs „In 12 Runden zum
Erfolg“ (Verlag Wiley, München 2015,
200 Seiten, 24,99 Euro).
Vorbereitung.
Die Seminarteilnehmer von Stempfle und Zartmann gehen gut
vorbereitet und geschützt in ihr Boxtraining.
Foto: Stempfle Training