wirtschaft und weiterbildung 3/2016 - page 45

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wirtschaft + weiterbildung
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Widerspiel entsteht zum einen durch Ihr
Interesse an der Beziehungsqualität zum
Verhandlungspartner und zum ande-
ren durch Ihr Interesse am Sachergebnis
– dazu ein Beispiel: Wenn Ihr Interesse
am Sachergebnis und der Qualität der Be-
ziehung zum anderen Verhandler – aus
welchen Gründen auch immer – schwach
ausgeprägt ist, können Sie anders vorge-
hen als im umgekehrten Fall, wenn Sie
also ein hohes Interesse an einem guten
Ergebnis und einer stabilen Beziehung
haben.
Wenn Sie sich in einer schwierigen Ver-
handlung mit einem strategisch sehr
wichtigen Verhandlungspartner befinden,
sollten Sie überlegen, ob es nicht klüger
ist, in der Sache nachzugeben und ein
schlechteres Ergebnis zu akzeptieren, um
den strategisch interessanten Kunden auf
keinen Fall zu vergraulen. Die Alternati-
ven lassen sich wie folgt zusammenfas-
sen:
1.
Das Interesse an der Beziehung ist
hoch und das Interesse am Sachergeb-
nis ist hoch. Mögliches Vorgehen: Es
gibt ein Entgegenkommen, das dem
Ziel der Kooperation dient.
2.
Das Interesse an der Beziehung ist
hoch, aber das Interesse am Sach­
ergebnis ist niedrig. Mögliches Vorge-
hen: Es gibt ein Entgegenkommen mit
der Option des Nachgebens.
3.
Das Interesse an der Beziehung ist
niedrig, aber das Interesse am Sach­
ergebnis ist hoch. Mögliches Vorgehen:
Härte zeigen, bis hin zum „Besiegen“
des „Gegners“.
4.
Das Interesse an der Beziehung ist
niedrig und das Interesse am Sach-
ergebnis ist auch niedrig. Mögliches
Vorgehen: Den Verhandlungen aus-
weichen und den Gesprächspartner
vertrösten.
Viele Verhandler stehen sich selbst im
Weg. Sie sind mit einer „Friede-Freude-
Eierkuchen“-Mentalität sozialisiert wor-
den, die es ihnen verbietet, sich von der
Harmonie-Orientierung zu verabschie-
den. Zumindest jedoch in der Auseinan-
dersetzung mit unfairen Verhandlungs-
gegnern sollte dies eine Alternative sein:
Für die Phase, in der diese mit harten
Bandagen kämpfen, verabschiedet man
sich von dem Bad in der Harmoniesoße.
Gefragt sind Durchsetzungskraft und die
Kompetenz, sich Respekt zu verschaffen
und Techniken der Unfairness zu begeg-
nen. Mit unverbindlichem Sowohl-als-
auch-Wischi-waschi lassen sich unfaire
Verhandler nicht beeindrucken. Nutzen
Sie die „homöopathische Verhandlungs-
strategie“ – dabei passen Sie Ihren Ver-
handlungsstil dem Gegenüber an: Sie
starten grundsätzlich mit dem Willen
zur Kooperation und zum Interessenaus-
gleich. Sobald der Verhandlungspartner
zum Verhandlungsgegner wird und un-
faire Geschütze auffährt, haben Sie das
Recht, sich zur Wehr zu setzen. Besinnt
sich der Verhandlungsgegner wieder auf
eine sachliche Vorgehensweise, kehren
Sie zurück zu den Anhängern des Inter-
essenausgleichs.
Agenda beeinflussen
Die Verhandlungsstrategie „Wie man in
den Wald hineinruft, so schallt es her-
aus“ ist kein ungefährliches Unterfan-
gen. Denn es droht die Eskalation. Doch
dem respektlosen Verhandler mit dem
unbedingten Willen zur Einigung zu be-
gegnen, bringt Sie nicht weiter. Es kann
Foto: Stempfle Training
Lerntransfer.
Übungsorientierte Seminar-
phasen aus seinen Veranstaltungen sind bei
Stempfle „Boxeinheiten“. Anschließend über-
tragen die Teilnehmer die im Boxring gewon-
nenen Erkenntnisse auf schwierige Verhand-
lungssituationen.
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