wirtschaft und weiterbildung 3/2016 - page 29

wirtschaft + weiterbildung
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zueinander passen. Sonst verpufft die
Wirkung.
... also Innovationsförderung durch klas-
sische HR-Prozesse?
Frank:
Nicht nur – neben diesen stark
prozessual ausgerichteten Themen hat
HR noch eine weitere wichtige Funktion:
Missstände in der Unternehmenskultur
zu erkennen, aufzuzeigen und Lösungs-
wege zu erarbeiten. Dazu braucht man
innerhalb der HR-Bereiche die entspre-
chenden Soft Skills und die Nähe zu den
Menschen im Unternehmen. Und man
braucht Mut, denn die Aufgabe ist oft un-
angenehm. Aber wenn HR diese Berater-
funktion richtig wahrnimmt, dann profi-
tiert das ganze Unternehmen.
Wie sollte eine innovationsfreundliche
Unternehmenskultur konkret aussehen?
Frank:
Je offener, diverser und experi-
mentierfreudiger ein Unternehmen ist,
desto eher wird es Menschen anziehen,
die genauso sind. Ganz besonders wich-
tig scheinen mir drei Dinge: Der Umgang
mit Fehlern, die Bereitschaft zur Zusam-
menarbeit und die Führungskultur. Fehler
sind wichtig, denn ohne sie gibt es keine
Innovationen. Das Dumme ist nur: Fehler
zu machen ist keine schöne Erfahrung,
das strebt niemand an. Entscheidend ist
daher, wie ein Unternehmen damit um-
geht: Wird die Fehleranalyse dazu ge-
nutzt, etwas Wichtiges für die Zukunft zu
lernen? Oder dient sie in erster Linie der
Schuldzuweisung? Auch die Fähigkeit zur
Zusammenarbeit nimmt an Bedeutung
stetig zu. Wir müssen lernen, unser Wis-
sen zu teilen und unsere eigene Position
als eine unter anderen validen Positio-
nen zu begreifen. Das ist meist leichter
gesagt als getan. Denn die Schlagworte
„Sharing“ und „Collaboration“ bedeuten
in letzter Konsequenz den Abschied vom
Herrschaftswissen, das lange Zeit Arbeits-
weise und Hierarchien in vielen Firmen
dominierte. Beide Themen, Fehlerkultur
und Zusammenarbeit, haben viel mit
Sachorientierung, sogar Demut zu tun.
Welche Rolle spielt die Führungskultur?
Frank:
Von den Führungskräften hängt
wesentlich ab, ob oder wie gut der Um-
gang mit Fehlern und die Zusammenar-
beit funktioniert. Wenn sie sich als Ideen­
geber und Vorreiter für Innovationen
verstehen und auch so handeln, ist viel
gewonnen. Es hilft, dass in den vergange-
nen Jahren die Hierarchien flacher gewor-
den sind, und der Trend hält an – das ist
wichtig. Dennoch werden Führungskräfte
weiterhin Orientierung geben und Vorbil-
der sein.
Was können andere Firmen beim Thema
„Innovationen“ von Telekom lernen?
Frank:
Ich bin erst seit Kurzem bei der
Telekom und kenne sicherlich noch nicht
alle Maßnahmen und Programme, die auf
eine Innovationskultur einzahlen. Aber
ich finde: Wir gehen das Thema bei der
Telekom mit sehr viel Mut an. Und das
ist auch mein Rat an andere Personaler:
Trauen Sie sich!
Interview: Andrea Sattler
Initiativen zur Innovationsförderung
Beispiel 1:
Start-up-Inkubator „Hub-Raum“ für externe
Gründer.
Die Initiative „Hub-Raum“ wurde im Jahr 2012
gegründet. Sie richtet sich an externe Gründer, die ihre
Start-up-Idee verwirklichen wollen. Die – meist jungen –
Gründer stellen in der Ideen- oder Prototypenphase ihre
Geschäfts- und Produktmodelle vor; bewertet die Telekom
diese als Erfolg versprechend und fürs eigene Geschäfts-
modell relevant, unterstützt sie die Gründer beim Markt-
eintritt und danach. Über das Startkapital hinaus, das
ihnen die Telekom zur Verfügung stellt, können die Grün-
der auf das Know-how des Hub-Raum-Teams und weiterer
Mentoren und Experten zurückgreifen. Sie erhalten einen
Arbeitsplatz mit passender Ausstattung auf einem der bei-
den Hub-Raum-Campus, die in Berlin und Krakau beheima-
tet sind. Derzeit arbeiten laut Auskunft des Unternehmens
zwölf Start-ups in Berlin, sieben in Krakau und eines in Tel
Aviv. Zwei der dort ansässigen Start-ups haben nach der
Förderung eine externe Anschlussfinanzierung erhalten, so
das bisherige Fazit aus dem Hub-Raum.
Beispiele.
Die Deutsche Telekom AG fördert Innovationen auf unterschiedlichen Ebenen.
Wir zeigen zwei Beispiele: der „Hub-Raum“ für externe Gründer und die Initiative „Uqbate“, die
sich an die internen Mitarbeiter des Telekommunikationsriesen richtet.
Beispiel 2:
Innovationsprogramm „Uqbate“ für interne
Gründer.
Neben der externen Gründer-Unterstützung
„Hub-Raum“ hat Telekom seit 2011 auch eine Initiative für
interne Gründer im Angebot. So sollen vielversprechende
(interne) Geschäftsideen frühzeitig und kostengünstig iden-
tifiziert und entschieden werden, in welche es sich zu inves-
tieren lohnt. Zeigt sich, dass die Konzepte nicht funktionie-
ren, werden sie angepasst oder aussortiert. Mit „Uqbate“
möchte Telekom auch die Innovationskultur im Unterneh-
men stärken und die Personalentwicklung unterstützen:
„Es geht vor allem darum, unternehmerische Talente in
der Telekom zu identifizieren und zu fördern“, erläutert HR-
Chefin Elke Frank das Konzept. Uqbate sei ein Experimen-
tierraum, in dem ohne allzu großes Risiko gelernt werden
könne. „Es geht darum, kundennah zu agieren und schnell
zu entscheiden. Und das zu ‚Grenzkosten des Lernens‘ von
nahezu null“, so Frank. Aus dem Programm sind nach Anga-
ben des Konzerns bereits mehrere hundert Ideen von Mit-
arbeitern aller Altersschichten hervorgegangen.
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