personalmagazin 3/2018 - page 20

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TITEL
_WORKING OUT LOUD
personalmagazin 03/18
man, sofern man auch im klassischen
Wettbewerb um Marktanteile agil wer-
den möchte, die bisherige hierarchische
Organisation ganzheitlich zum Netz-
werk umgestalten.“ Eckert rät, weniger
in Prozessen zu denken, sondern sich
zu fragen, welche Service- und Sub-Ser-
vice-Beziehungen innerhalb des Unter-
nehmens bestehen, welche Rollen und
Zuständigkeiten beteiligt sind und wer
was leisten soll.
Technik plus Kultur
Dass dies auch im Konzernmaßstab
möglich ist, hat die Deutsche Telekom
bewiesen. 2009 begann das Unterneh-
men, eine technische Netzwerkstruktur
für 250.000 Mitarbeiter einzurichten.
„Darauf aufbauend haben wir sukzessi-
ve an dem Kulturwandel, einem neuen
digitalen Führungsverständnis, agilen
Projektstrukturen, ‚Future Workplaces‘
und ‚Open Innovation‘-Initiativen gear-
beitet“, sagt Stephan Grabmeier, der als
„Head of Culture Initiatives and Leader
Enterprise 2.0“ die digitale Transfor-
mation bei der Telekom steuerte. Nach
einer Tätigkeit als „Chief Innovation
Evangelist“ in der Haufe-Gruppe bringt
Grabmeier heute die Kunden der Unter-
nehmensberatung Kienbaum auf Inno-
vationskurs. Derzeit treibt er mit Part-
nern wie Cisco, Adidas, Volkswagen,
Deutsche Bank und Telekom die Initiati-
ve „Fore Work“ voran, „das erste indus-
trieübergreifende Netzwerkprojekt zur
Zukunft der Arbeit“, wie er sagt: Auf ei-
ner „Open Innovation“-Plattform sollen
sich bis zu 80.000 Kreative in mehr als
50 Ländern austauschen.
Doch die Technik ist nur das eine,
die Kultur das andere – beides muss
stimmen, damit der Wandel gelingt. Zu
den Grundlagen gehören an jedem Ar-
beitsplatz verfügbare „Cloud Services“,
einheitliche Dokumentenmanagement-
systeme, mobile Endgeräte mit Zugriff
auf alle Business-Applikationen, ein
„Enterprise Social Network“, Zugriff
und Nutzung der relevanten Social-
Media-Kanäle sowie offene Software
für Mitarbeiter von externen Partnern.
„Ohne vernetzte Infrastruktur, die über
New-Work-Konzepte zu den Arbeits-
plätzen hinausgeht, brauchen Sie nicht
an der Kultur arbeiten. Und die ist die
weitaus größere Herausforderung“, sagt
Grabmeier. „Vernetzung zu leben, bedeu-
tet oft eine 180-Grad-Umkehr der alten
Managementwelt. Weg von Silos hin zu
Netzwerken, weg von ‚Wissen ist Macht‘
hin zu ‚Teilen ist Macht‘“.
Firmenübergreifende Zusammenar-
beit wie bei „Fore Work“ hat Tradition.
Oft geht es um handfeste Themen wie
die Auslastung von Produktionskapazi-
täten oder den Transfer von Fachkräften.
Die vor 20 Jahren gegründete Koopera-
tionsinitiative Maschinenbau e.V. (KIM)
in Braunschweig verknüpft 30 Unter-
nehmen und zwei Universitäten, um
gegenseitig Mitarbeiter auszuleihen,
den Nachwuchsbedarf zu sichern und
Vorteile beim Einkauf von Maschinen
oder Strom zu generieren. Für die Ar-
beitnehmerausleihe wurde ein separater
Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeber-
verband und der IG Metall geschlossen.
„Oberste Regel ist, es darf zwischen den
Firmen keine Abwerbung von Mitarbei-
tern geben“, sagt KIM-Geschäftsführer
Rainer Kupetz.
Berichtswege sind Umwege
Das chinesische E-Commerce-Un-
ternehmen Alibaba praktiziert eine
Mischform aus internen und externen
Netzwerken. Kleine Innovationsteams
brüten Produktideen aus, zum Beispiel
für eine neue Handelsplattform, und
realisieren sie in eigenständigen Start-
ups. Der Siegener Unternehmensbe-
rater Silvester Schmidt erkennt darin
einige Prinzipien von Schwarmorga-
nisationen, etwa die Selbstführung
„Alle Mitgliedsunternehmen müssen
sich nur dem Netzwerk verbunden füh-
len. Das bringt Vorteile für alle.“
Rainer Kupetz, Geschäftsführer, Kooperationsinitiative Maschinenbau e.V.
VIDEO
Die beiden ersten Videos in unserer App
zeigen die Ziele der „Fore-Work“-Initia-
tive und den Arbeitsalltag bei Sipgate.
Im dritten Video erklärt Lars Vollmer,
„wie sich Menschen organisieren, wenn
ihnen keiner sagt, was sie tun sollen“.
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