personalmagazin 3/2018 - page 28

28
MANAGEMENT
_PERSONALAUSWAHL
personalmagazin 03/18
• wissenschaftliche Anmutung: Bewer-
ber gehen davon aus, dass das Verfah-
ren eine solide wissenschaftliche Basis
hat
• vermutete Aussagekraft: Bewerber ge-
hen davon aus, dass man mit dem Ver-
fahren die relevanten Merkmale der
Bewerber differenziert erfassen kann
• zwischenmenschliche Wärme
• Augenscheinvalidität/Jobbezug
• Wahrung der Privatsphäre
• (rechtliche) Angemessenheit
• wahrgenommener Verbreitungsgrad
Auf die beiden zuletzt genannten As-
pekte verzichte ich in meinem Bericht,
da in den unterschiedlichen Ländern,
die in der Studie berücksichtigt wurden,
unterschiedliche rechtliche Bedingun-
gen gelten und unterschiedliche Verfah-
ren verbreitet sind.
Das zeigen Metastudien zur Akzeptanz
Ein erster, für die Personalauswahl mit
internationalen Kandidaten wichtiger
Befund ist, dass die Akzeptanzwerte
über die verschiedenen Länder hin-
weg vergleichbar ausfallen. Die über
alle Länder berechneten Werte sind in
der Tabelle „Akzeptanz der Verfahren“
dargestellt. Aus der Metaanalyse lassen
sich die folgenden Aussagen ableiten:
• Die vier Personalauswahlverfahren
erzielen in allen Kategorien ein im
Durchschnitt positives Akzeptanzurteil.
Alle Werte liegen über dem Mittelwert
der genutzten Siebener-Skala. Es be-
steht kein Anlass, eines der vier Verfah-
ren aus Angst vor mangelhafter Akzep-
tanz nicht einzusetzen.
• Hinsichtlich der Akzeptanz-Gesamt-
beurteilung, der vermuteten Aussage-
kraft sowie dem Jobbezug schneiden
Simulationen und Interviews besonders
positiv ab.
• Intelligenz- und Leistungstests wer-
den von den Bewerbern besonders ak-
zeptiert, weil diese die Privatsphäre
wahren und als wissenschaftlich fun-
diert wahrgenommen werden.
• Das Interview erzielt einen deutli-
chen Akzeptanzvorteil gegenüber den
anderen Verfahren in den Dimensio-
nen zwischenmenschliche Wärme und
Jobbezug, seine wissenschaftliche Fun-
dierung wird von den Bewerbern aber
(relativ gesehen) angezweifelt.
• Mit Ausnahme der Wissenschaftlich-
keitsanmutung schneiden Persönlich-
keitsfragebogen in allen in der Tabelle
analysierten Akzeptanzdimensionen re-
lativ gesehen am schlechtesten ab.
Anderson und Kollegen berechneten
außerdemden Zusammenhang zwischen
den Akzeptanzurteilen und der tatsäch-
lichen Aussagekraft (Validität) der Per-
sonalauswahlverfahren. Dabei zeigte
sich ein substanzieller positiver Zusam-
menhang für alle in der Tabelle berück-
sichtigten Akzeptanzdimensionen, mit
Ausnahme der Dimensionen zwischen-
menschliche Wärme und Wahrung der
Privatsphäre. Validität und Akzeptanz
sind also kein Gegensatz, im Gegenteil
gilt: Valide Verfahren werden unter zahl-
reichen Akzeptanzgesichtspunkten von
den Bewerbern positiv wahrgenommen.
Wer ein valides Verfahren einsetzt, kann
sich der Akzeptanz dieses Verfahrens re-
lativ sicher sein.
Einzelstudien ergänzen Aspekte
Der Vorteil von Metaanalysen ist, dass
große Mengen an Daten zu einer Fra-
gestellung integriert werden. Dies
erfordert allerdings einen gewissen
Abstraktionsgrad. Es werden Dinge
vermengt, die im Detail unterschiedlich
sind. So kann man zum Beispiel unter
die Kategorie „Arbeitsprobe“ sowohl Si-
mulationen im Sinne eines Assessment-
Center-Rollenspiels als auch technische
Apparate wie einen zur Pilotenauswahl
eingesetzten Flugsimulator verstehen.
Zudem ist die Vergleichbarkeit der
Akzeptanzwerte schwierig, da jeweils
unterschiedliche Personen befragt wur-
den. Auch wenn es statistische Bewälti-
gungsstrategien für diese Probleme der
Metaanalyse gibt, ist es sinnvoll, kon-
krete Fragen in Einzelstudien zu klären.
In meiner Akzeptanzforschung fokus-
siere ich mich auf die Wahrnehmung un-
terschiedlicher Akzeptanzdimensionen
innerhalb einer Klasse von Auswahlver-
fahren. Dazu habe ich einen Akzeptanz-
fragebogen entwickelt, der mittlerweile
bei mehreren Tausend Personen einge-
setzt wurde. Es gibt vier Varianten des
sogenannten „Akzept!“-Bogens: für As-
sessment-Center, Interviews, Leistungs-
tests und Persönlichkeitstests. Neben
Einschätzungen, die für alle genannten
Personalauswahlverfahren abgefragt
werden (drei Akzeptanzdimensionen
und ein Akzeptanzgesamturteil), gibt
es außerdem je nach Verfahren ein bis
drei weitere Skalen für verfahrensspezi-
fische Akzeptanzdimensionen.
Gemeinsammit Kollegen konnte ich in
verschiedenen Studien zeigen:
• Bewerber treffen differenzierte Ak-
zeptanzurteile. Sie beurteilen ein einzel-
nes Verfahren nach verschiedenen Ak-
zeptanzdimensionen und nehmen den
Vergleich verschiedener Verfahren (wie
Persönlichkeitsfragebogen
einerseits
und Intelligenztest andererseits) diffe-
renziert vor. Es ist also nicht so, dass
Bewerber einem einzelnen Verfahren
oder verschiedenen Verfahren pauschal
positiv oder negativ gegenüberstehen.
• Besonders bedeutsam für die Akzep-
tanz ist die Augenscheinvalidität der
Verfahren. Greift ein Verfahren in den
Aufgaben und Fragen die Berufswelt der
infrage stehenden Position auf und gibt
im Idealfall eine realistische Vorschau
auf die Tätigkeit, so wirkt sich das posi-
tiv auf die Akzeptanz aus.
Wer ein valides
Verfahren einsetzt,
kann sich der Akzep-
tanz dieses Verfahrens
bei den Bewerbern
relativ sicher sein.
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...76
Powered by FlippingBook