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RECHT
_FREISTELLUNG
personalmagazin 01/18
mäß abrechnet und dem Arbeitnehmer
wie bisher die Vergütung schuldet. Aus-
nahmsweise gilt dies nicht, wenn
dem Arbeitgeber die Annahme der Ar-
beitsleistung unzumutbar ist oder
der Arbeitnehmer – aus Gründen, die
in seiner Person liegen – nicht in der
Lage ist, die vertraglich vereinbarte Ar-
beitsleistung zu erbringen (§ 297 BGB)
und der Arbeitgeber dies nicht über-
wiegend zu vertreten hat (§ 326 Abs. 2
BGB). Dies ist etwa der Fall, wenn der
Kunde dem Arbeitnehmer ein Hausver-
bot erteilt (BAG, Urteil vom 28.9.2016,
Az. 5 AZR 224/16).
Verzichtet der Arbeitgeber im Übrigen
auf das Angebot der Arbeitsleistung
aufgrund einer vertraglich vereinbar-
ten Freistellung unter Fortzahlung der
Vergütung, findet § 615 BGB keine An-
wendung. In der Folge kann der Annah-
meverzug nicht begründet werden. Daher
besteht die Gefahr, dass ein etwaiger Zwi-
schenverdienst nicht angerechnet wird.
Eine Anrechnung ist nur möglich, wenn
sich der Arbeitgeber dies ausdrücklich
vertraglich vorbehält (BAG, Urteil vom
19.3.2002, Az. 9 AZR 16/01).
Eine weitere Besonderheit besteht,
wenn der Arbeitnehmer unwiderruflich
freigestellt und die Anrechnung eines et-
waigen Zwischenverdienstes ausdrück-
lich vereinbart wird. Hierbei besteht das
Risiko der konkludenten Aushebelung
des arbeitsvertraglichen Wettbewerbs-
verbots. Will der Arbeitgeber also ver-
meiden, dass der Arbeitnehmer bis zum
Ablauf der Kündigungsfrist bei einem
Konkurrenzunternehmen tätig wird,
hat er dies in der Freistellungserklärung
zum Ausdruck zu bringen (BAG, Urteil
vom 6.9.2006, Az. 5 AZR 703/05).
Kluge Arbeitgeber behalten sich im
Arbeitsvertrag ferner vor, eine variable
Vergütung bei wirksamer Freistellung
nicht mehr zahlen zu müssen. Ob dies
wirksam ist, ist zwar höchstinstanzlich
noch nicht entschieden, eine solche
Klausel ist jedoch gestalterisch sinnvoll.
Unzulässige Freistellung:
Diese Folgen drohen Arbeitgebern
Bei einer unzulässigen Freistellung kann
der Arbeitnehmer seinen (vorläufigen)
Beschäftigungsanspruch per Klage auf
künftige Leistung durchsetzen, auch im
einstweiligen Rechtsschutz. Dies kann
den Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer
keinesfalls mehr am Arbeitsplatz be-
schäftigen möchte, unter Druck setzen.
Um das Risiko einer einstweiligen Verfü-
gung zu minimieren, können Arbeitgeber
bereits mit Ausspruch der Freistellungs-
erklärung – beim jeweils zuständigen
Oberlandesgericht – eine Schutzschrift
hinterlegen. Darin sollten sie detailliert
dartun, aus welchen Gründen eine Frei-
stellung bis zum Ablauf der Kündigungs-
frist vonnöten ist und warum die Angele-
genheit nicht eilbedürftig ist.
DR. THOMAS BLOCK
ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht
und Partner bei der Kanzlei AC
Tischendorf in Frankfurt/Main.
NINA HONSTETTER
ist
Rechtsanwältin bei der
Kanzlei AC Tischendorf in
Frankfurt/Main.
Im Zusammenhang mit Freistellungen – ob einseitig, einvernehmlich oder unwider-
ruflich – gibt es einige Details zu beachten. Es ist daher zu empfehlen:
Arbeitgeber sollten bereits im Arbeitsvertrag eine sorgfältig formulierte Freistellungs-
klausel vorsehen, die auch Vergütungsfragen berücksichtigt.
Arbeitgeber sollten eine Freistellung während des Arbeitsverhältnisses oder nach
einer Kündigung möglichst einvernehmlich vereinbaren.
Wenn ein Zwischenverdienst angerechnet werden soll, ist zwingend das vertragliche
Wettbewerbsverbot aufrechtzuerhalten.
Bei einseitiger Freistellung in Streitsituationen sollte eine Schutzschrift beim zuständi-
gen Oberlandesgericht elektronisch hinterlegt werden.
Darauf sollten Arbeitgeber achten
FAZIT
Bei einseitigen Freistellungen sollten Arbeitgeber die taktische Frage berücksich-
tigen, ob etwa ein Widerruf wegen potenzieller Übergabefragen erforderlich sein
kann. Sollte ein Widerruf nicht nötig sein, könnte die Formulierung wie folgt lauten.
„Beginnend ab morgen teilen wir Ihnen zunächst Ihren restlichen Urlaub zu. Im An-
schluss an die vollständige Urlaubserteilung sind Sie bis zum Ende des Arbeitsverhält-
nisses unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung etwaig noch nicht abge-
goltener Urlaubs- und Zeitguthaben von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt,
wobei anderweitiger Verdienst nach § 615 Satz 2 BGB anzurechnen ist. Vor Ablauf der
Kündigungsfrist ist es Ihnen untersagt, für ein Konkurrenzunternehmen/für folgende
Konkurrenzunternehmen [...] tätig zu werden.“
Freistellung richtig formulieren
MUSTER
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