personalmagazin 1/2018 - page 76

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RECHT
_FREISTELLUNG
personalmagazin 01/18
F
reistellungen gehören zur gän-
gigen Praxis in Personalab-
teilungen. Arbeitgeber stellen
ihre Arbeitnehmer insbesonde-
re nach demAusspruch einer Kündigung
oder mit Abschluss eines Aufhebungs-
vertrags von der Arbeitsleistung frei.
Die Gründe für eine Freistellung sind
vielfältig: So kann sie zum Beispiel in
einem Fall den Arbeitnehmer zusätzlich
motivieren, einen Aufhebungsvertrag
zu unterschreiben. In anderen Fällen
soll vielleicht der Arbeitnehmer wegen
befürchteter Störung des Betriebsfrie-
dens nicht mehr an seinen Arbeitsplatz
zurückkehren – unabhängig davon, ob
konkrete Anhaltspunkte für eine Pflicht-
verletzung des Arbeitnehmers vorliegen
oder nicht.
Abgesehen davon, dass eine einver-
nehmliche Freistellung stets möglich ist,
gilt nach einem Urteil des Bundesver-
Von
Thomas Block
und
Nina Honstetter
fassungsgerichts grundsätzlich: Der Ar-
beitnehmer hat während der Dauer des
Arbeitsverhältnisses ein „Recht auf Ar-
beit“. Arbeitgebern sollte daher bewusst
sein, dass die einseitige Freistellung
während eines laufenden Arbeitsver-
hältnisses rechtlich nicht ohne Weiteres
möglich ist. Es bedarf stets der vertrag-
lichen Vorbereitung und in gravierenden
Streitsituationen notfalls eines Rettungs-
schirms, der Schutzschrift, um sich vor
einer einstweiligen Verfügung auf Be-
schäftigung bis zum Abschluss der Kün-
digung zu schützen.
Nur nach Ablauf der Kündigungsfrist
ist ein überwiegend berechtigtes Inte-
resse des Arbeitgebers anerkannt, den
Arbeitnehmer bis zum erstinstanzlichen
Urteil nicht beschäftigen zu müssen.
Hinsichtlich der rechtlichen Gestal-
tungsoptionen bei der Freistellungser-
klärung oder -vereinbarung sollte der
Arbeitgeber danach unterscheiden, ob
es sich um eine einseitige oder einver-
nehmliche, unwiderrufliche oder wider-
rufliche Freistellung handelt. Je nachdem
kann er sodann Urlaubs- und Freizeitan-
sprüche sowie einen Zwischenverdienst
des Arbeitnehmers anrechnen oder sich
weiterhin auf das vertragliche Wettbe-
werbsverbot berufen.
Freistellung: Vertragliche
Vorkehrungen treffen
Bei einer einseitigen Freistellung auf
Grundlage einer arbeitsvertraglichen
Freistellungsklausel ist zunächst eines
festzuhalten: Ein Arbeitgeber muss es
sich ausdrücklich im Arbeitsvertrag
vorbehalten, wenn er Arbeitnehmer
nach Ausspruch einer Kündigung bis
zum Ablauf der Kündigungsfrist oder
bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Kündigungsschutzverfahrens freistellen
möchte. Wie die jeweilige Freistellungs-
klausel ausgestaltet sein muss, beur-
teilt die Rechtsprechung uneinheitlich.
Unwirksam ist der bloße Vorbehalt der
Freistellung. Rechtlich erforderlich ist
mindestens, dass dem Arbeitgeber nur
dann die Freistellung möglich sein soll,
wenn die Vertragsklausel gewichtige
Arbeitgeberinteressen beziehungsweise
sachliche Gründe vorschreibt, die vorlie-
gen müssen, um freistellen zu können.
Solche sachlichen Gründe liegen insbe-
sondere vor bei
konkreter Gefahr, dass der Arbeitneh-
mer den Vertrag in grober, das Vertrauen
beeinträchtigender Weise verletzt (zum
Beispiel durch Weitergabe von Interna,
Ausübung unerlaubter Konkurrenztä-
tigkeit, Beleidigungen, Störung des Be-
triebsfriedens) und
fehlender Weiterbeschäftigungsmög-
lichkeit (Wegfall des Arbeitsplatzes).
Ohne vertragliche Vereinbarung ist
die einseitige Freistellung grundsätzlich
nicht möglich. Eine Ausnahme besteht
dann, wenn sie als vorübergehendes mil-
deres Mittel zur Vermeidung einer so-
fortigen außerordentlichen Kündigung
dient oder sofern gewichtige Gründe
vorliegen, zum Beispiel zur Aufklärung
von dringenden Verdachtsmomenten ei-
ner schweren Pflichtverletzung.
Letztlich besteht Rechtssicherheit
für den Arbeitgeber nur, wenn er eine
Freistellungsvereinbarung im Arbeits-
vertrag geregelt hat. So wird – psycholo-
Den Ausstieg gestalten
ÜBERBLICK.
Personaler nutzen die Freistellung oft bei einem Aufhebungsvertrag oder
bei einer Kündigung. Welche Gestaltungen möglich sind und welche Fallstricke es gibt.
Als rechtssichere
Variante verbleibt stets
die einvernehmliche
Freistellung. Sie schließt
das Risiko aus, dass der
Arbeitnehmer auf Be-
schäftigung klagt.
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